2018

Ausgabe 1

Inhalt

Ausgabe 1/2018

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Daniela Schweigler

Die geplante Reform des Sozialen Entschädigungsrechts und ihre Bedeutung für Betroffene von Missbrauch und häuslicher Gewalt

Das Soziale Entschädigungsrecht soll reformiert werden. Geplant ist, mit dem SGB XIII ein neues Buch im Sozialgesetzbuch zu schaffen.1 Nach einem „Werkstattgespräch“ 2014 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Anfang 2017 einen „Ersten Arbeitsentwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts“ vorgelegt. In diesem Beitrag wird der Arbeitsentwurf mit dem Fokus auf die Rechte von Frauen und Kindern in den Blick genommen, die von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen sind.

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Dagmar Oberlies: Finanzierung des Hilfesystems bei Gewalt gegen Frauen und Mädchen als staatliche Pflichtaufgabe?

Aus: STREIT 4/1997, S. 162-170 (Auszug)
Die wichtigste Feststellung gleich zu Anfang: Die Bereitstellung des Hilfesystems bei Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine staatlicher Pflichtaufgabe. Die rechtliche Grundlage bildet Artikel 2 GG: „Jeder hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit.“ (Art. 2 Abs. 2 GG).
Daß damit nicht nur ein „Abwehrrecht“ gegen staatliche Eingriffe gemeint ist, hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen – glücklicherweise nicht nur denen zum § 2181 – klargestellt.

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Susette Jörk

Die temporäre Bedarfsgemeinschaft – Anmerkungen aus anwaltlicher Sicht

Wer sein vom Gesetzgeber definiertes Existenzminimum nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen decken kann – und weitere Voraussetzungen erfüllt –, hat grundsätzlich Anspruch auf staatliche Unterstützung durch Geldzahlungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) gehen dabei den sozialhilferechtlichen Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII vor, § 21 S. 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 S. 1 SGB II. Auch wenn das Leistungssystem des SGB II gemäß § 7 Abs. 1 SGB II nur erwerbsfähigen Hilfebedürftigen offen steht, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. bzw. 67. Lebensjahr (§ 7a SGB II) noch nicht erreicht haben, erhalten auch die unter 15-jährigen Kinder über die Zuordnung zu einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II und nicht nach dem SGB XII, wenn sie mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II.

Preis: 3.00 EUR

VAMV e.V. Bundesverband

Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes: Was haben Alleinerziehende (bisher) davon?

Zum ersten Juli des vergangenen Jahres wurden endlich zwei lebensferne Regelungen aus dem Unterhaltsvorschussgesetz gestrichen: Die Begrenzung des Anspruchs bis zum 12. Lebensjahr des Kindes und die maximale Bezugsdauer von 72 Monaten. Darauf haben Einelternfamilien lange gewartet. Die Reform war zuletzt noch einmal um ein halbes Jahr verschoben worden, damit sich die Kommunen auf die Flut der zu erwartenden Neuanträge vorbereiten konnten. Der VAMV wollte von Alleinerziehenden wissen, ob das Warten sich für sie gelohnt hat.

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Urteil des EuGH

Verlängerung der beamtenrechtlichen Probezeit wegen Elternzeit

Tenor
1. § 5 Nrn. 1 und 2 der überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub […], ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach die endgültige Beförderung in ein Amt mit leitender Funktion im öffentlichen Dienst voraussetzt, dass der ausgewählte Bewerber zuvor eine zweijährige Probezeit im übertragenen Amt erfolgreich absolviert, und wonach die Probezeit, wenn sich ein solcher Bewerber während des überwiegenden Teils davon im Elternurlaub befand und weiterhin befindet, kraft Gesetzes und unter Ausschluss der Möglichkeit einer Verlängerung nach diesen zwei Jahren endet, so dass dem Bewerber bei der Rückkehr aus seinem Elternurlaub wieder das status- und besoldungsrechtlich niedriger eingestufte Amt übertragen wird, das er vor seiner Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe innehatte.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des EuGH mit Anmerkung

Mindestköpergröße als Zulassungsvoraussetzung für den Zugang zu Polizeischulen

Tenor
Die Bestimmungen der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der durch die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, wonach für die Zulassung von Bewerbern für das Auswahlverfahren für den Zugang zur Polizeischule dieses Mitgliedstaats unabhängig von ihrem Geschlecht eine Mindestkörpergröße von 1,70 m erforderlich ist, wenn diese Regelung eine viel höhere Zahl von Personen weiblichen Geschlechts als männlichen Geschlechts benachteiligt und für die Erreichung des rechtmäßigen Ziels, das sie verfolgt, nicht geeignet und erforderlich ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LAG SH

Stellenausschreibung für Gleichstellungsbeauftragte nur für Frauen

Die Ausschreibung der Stelle der Gleichstellungsbeauftragten nur für Frauen ist durch das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert, weil die Beschränkung des Zugangs zu der Position einer Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen in verhältnismäßiger Weise darauf abzielt, die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten so zu verbessern, dass künftig insbesondere auch bezogen auf höhere Vergütungs- und Besoldungsgruppen bzw. Führungspositionen die verfassungsrechtlich geforderte Chancengleichheit erreicht wird.
(Leitsatz der Redaktion)

Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 02.11.2017, 2 Sa 262 d/17

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LSG Hessen

Leibesvisitation als Arbeitsunfall

Die versicherte Tätigkeit wird nicht durch polizeiliche Maßnahmen unterbrochen, wenn diese in einem Ursachenzusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen. Erleidet die Versicherte aufgrund einer polizeilichen Maßnahme (Leibesvisitation) einen Gesundheitsschaden (hier: Gefühle des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht), ist dieses Ereignis als Arbeitsunfall festzustellen.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des LSG Hessen vom 17.10.2017, L 3 U 70/14

Aus dem Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten, ob ein Ereignis als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Die 1973 geborene Klägerin ist bei der D. AG beschäftigt. Am 7. Januar 2012 […] verrichtete die Klägerin zusammen mit ihrem Kollegen F. ihren Dienst von 14.00 Uhr bis 22.30 Uhr am Service-Point des Fernbahnhofs […]. Der Mitarbeiter F., der für die örtliche Bahnsteigaufsicht zuständig war, übergab um ca. 15.00 Uhr der Klägerin einen Rucksack.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BGH mit Anmerkung

Akteneinsicht der Nebenklägerin beeinträchtigt nicht die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage

Aus den Gründen
(…)
Der Senat hat bereits entschieden, dass grundsätzlich keine Erörterungspflicht in Bezug auf eine etwaige Kenntnis eines Nebenklägers vom Inhalt der Verfahrensakten besteht (BGH, Beschluss vom 15. März 2016 – 5 StR 52/16).
Regelmäßig drängt auch in Aussage-gegen-Aussage- Konstellationen die Aufklärungspflicht das Gericht nicht dazu, Feststellungen zur Wahrnehmung des sich aus § 406e Abs. 1 StPO ergebenden Akteneinsichtsrechts zu treffen. Auch in solchen Fällen bedarf es im Rahmen der Beweiswürdigung in der Regel keiner ausdrücklichen Würdigung des Umstands, dass ein Verletzter vermittelt durch einen Rechtsanwalt Zugang zum Inhalt der Ermittlungsakten – insbesondere auch zu Niederschriften seiner früheren Vernehmungen – hatte.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des VG München

Flüchtlingseigenschaft wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung (Afghanistan)

1. Diejenigen Frauen in Afghanistan unterliegen geschlechtsspezifischer Verfolgung i.S. von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG, die sich nicht der gegen sie gerichteten gesellschaftlichen Diskriminierung und Entrechtung sowie den archaisch-patriarchalischen Vorstellungen der Männer ihrer Familien unterwerfen bzw. anpassen.
2. Wenn Frauen in einer nichtehelichen Beziehung mit einem Mann leben, aus der ein Kind hervorgegangen ist, drückt sich dies hierdurch aus.
3. Die Islamische Republik Afghanistan ist nicht in der Lage, Frauen Schutz vor Zwangsverheiratung durch nichtstaatliche Akteure zu bieten.
(Leitsätze der Redaktion)
VG München, Urteil vom 25.04.2017 – M 26 K 16.34294

Preis: 3.00 EUR

Kampagne

„Frauen und Frauenorganisationen für einen Frieden in Afrin/Nordsyrien“

„Frei werden wir erst, wenn wir uns mit dem Leben verbünden gegen die Todesproduktion und die permanente Tötungsvorbereitung. Frei werden wir weder durch Rückzug ins Private, ins „Ohne mich“, noch durch Anpassung an die Gesellschaft, in der Generäle und Millionäre besonders hochgeachtet werden. Frei werden wir, wenn wir aktiv, bewusst und militant für den Frieden arbeiten lernen.“ (Dorothee Sölle)
„Der Sicherheitsrat ... ferner anerkennend, dass ein Verständnis der Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Frauen und Mädchen, wirksame institutionelle Vorkehrungen zur Gewährleistung ihres Schutzes und ihre volle Mitwirkung am Friedensprozess in erheblichem Maße zur Wahrung und Förderung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit beitragen können ... fordert die Mitgliedsstaaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass Frauen in den nationalen, regionalen und internationalen Institutionen und Mechanismen zur Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten auf allen Entscheidungsebenen stärker vertreten sind.“
(Auszug aus der Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen)

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Jetzt online: Themen der Neuen Frauenbewegung

Der FrauenMediaTurm in Köln hat mit einer Förderung des BMFSFJ 19 Themendossiers zur Neuen Frauenbewegung erarbeitet, von „Abtreibung: gegen § 218“ bis „Weiblichkeit & Mütterlichkeit“. Hinzu kommt eine „Chronik der Frauenbewegung“ in Text und Bild in den 1970ern.
Das Archiv ist u.a. Mitglied im Dachverband deutschsprachiger Lesben-/Frauenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen – i.d.a.: http://www.ida-dachverband.de/ueber-ida/. Dort besteht die Möglichkeit zur zentralen Suche in den Beständen der Mitgliedseinrichtungen des i.d.a.-Dachverbandes.

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Ausgabe 2

Inhalt

Ausgabe 2/2018

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Kerstin Feldhoff

Unmittelbare Diskriminierung einer stillenden Arbeitnehmerin wegen unzureichender mutterschutzrechtlicher Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes – Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 19.10.2017 – C-531/15

In dem Rechtsstreit (s.u., S. 61 ff.) geht es um die Frage, ob die Entscheidung der beklagten Sozialversicherung, dass keine Gefährdung für die stillende Mutter durch die Arbeitsbedingungen besteht, auf einer zutreffenden Gefährdungsbeurteilung beruht. Der Beitrag stellt zunächst die Begründungen zur Anwendbarkeit des Art. 19 Gleichbehandlungsrichtlinie1 (Beweislastverteilung) auf diesen Sachverhalt vor. Weiter werden die Vorgaben des EuGH zur konkreten Anwendung der Beweislastregel erläutert. Gleichzeitig werden Bezüge zum deutschen Antidiskriminierungsrecht des AGG hergestellt. Die europarechtliche Gefährdungsbeurteilung gemäß Art. 4 Abs. 1 Mutterschutzrichtlinie2 wird nach Art. 3 durch Leitlinien der Kommission konkretisiert; darauf nimmt die Entscheidung Bezug und gibt Hinweise zur Durchführung einer ordnungsgemäßen mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung. Diese werden zuletzt im Kontext der neu gefassten Regelungen zum betrieblichen Mutterschutz erörtert.

Preis: 3.00 EUR

Gisela Ludewig

Das neue Mutterschutzgesetz im Überblick – mit einigen kritischen Anmerkungen aus anwaltlicher Sicht

Art. 6 Abs. 4 GG – Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Dieses Grundrecht wird für die Zeit der Schwangerschaft konkretisiert durch das Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz, MuSchG). Die Regelungen aus der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) sind in das MuSchG integriert worden. Verstöße gegen mutterschutzrechtliche Regelungen können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet werden.

Ziel des MuSchG, in Kraft getreten am 01.01.2018
- Das Gesetz schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit, § 1 Abs. 1 Satz 1.
- Das Gesetz ermöglicht es Frauen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit, ihre Beschäftigung ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und wirkt Benachteiligungen während dieser Zeiten entgegen, § 1 Abs. 1 Satz 2.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des EuGH

Beweislast für die Risikobeurteilung des Arbeitsplatzes einer stillenden Arbeitnehmerin

Tenor
1.) Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen ist dahin auszulegen, dass er in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden – in der eine stillende Arbeitnehmerin bei einem nationalen Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle des betroffenen Mitgliedstaats die Risikobeurteilung ihres Arbeitsplatzes anficht, da diese nicht gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz durchgeführt worden sei – anwendbar ist.
2.) Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54 ist dahin auszulegen, dass es in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden der betroffenen Arbeitnehmerin obliegt, Tatsachen glaubhaft zu machen, die dafür sprechen, dass die Risikobeurteilung ihres Arbeitsplatzes nicht gemäß den Anforderungen von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/85 durchgeführt wurde, und somit das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne der Richtlinie 2006/54 vermuten lassen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Sodann obliegt es der beklagten Partei, zu beweisen, dass diese Risikobeurteilung gemäß den Anforderungen dieser Vorschrift durchgeführt wurde und dass somit kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt.
Urteil des EuGH vom 19.10.2017, C-531/15

Preis: 3.00 EUR

Urteil des LAG Hessen

Erfüllung des Urlaubsanspruchs im individuellen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot

Eine bloße Möglichkeit für den Arbeitgeber zur Umsetzung einer schwangeren Arbeitnehmerin reicht im Fall eines individuellen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht aus, um den neben der Vornahme der Leistungshandlung zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs nach § 362 Abs. 1 BGB ebenfalls erforderlichen Leistungserfolg eintreten zu lassen.
Urteil des LAG Hessen vom 08.02.2017, 2 Sa 1278/16

Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug um die Frage, ob die Beklagte zur Abgeltung weiterer 13 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2015 verpflichtet ist. Die Beklagte betreibt Spielhallen und beschäftigt über 100 Arbeitnehmer. Die […] Klägerin […] wurde bei der Beklagten […] bis zum 17. September 2015 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages […] als Serviceaufsichtskraft in einer Spielhalle der Beklagten in A beschäftigt.

Preis: 3.00 EUR

Sheela Saravanan

Humanitäre Grenzen und Grenzüberschreitungen feministischer Rechtsforderungen – ein Bericht über Leihmutterschaft in Indien

1. Einleitung
Feministinnen haben sich lange für die Aufnahme bestimmter reproduktiver Rechte in die internationalen Menschenrechtsvereinbarungen engagiert, besonders bezogen auf den Einsatz medizinischer Technologien bei Schwangerschaftsabbrüchen. In den letzten zwei Jahrzehnten haben jedoch Entwicklungen in der Reproduktionstechnologie und ihre Anwendungen bei Abtreibungen wegen des Geschlechts oder bei Schwangerschaftsverträgen den Blick auf einige der grundlegenden Werte, für die Feminismus steht, beeinflusst: auf Gleichheit (sozioökonomisch, auf Gesundheit bezogen, vor dem Gesetz), Freiheit (Entscheidungsfreiheit, Autonomie) und Gerechtigkeit (soziale Gerechtigkeit und Gerechtigkeit bei der Reproduktion). Während Wissenschaftlerinnen neue Lösungen vorgeschlagen haben, um bestehende Ungleichheit zu reduzieren, sind die Debatten über Freiheit und Gerechtigkeit immer noch ungelöst.

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Angelika Cortese, Annegret Feldmann: Leihmutterschaft – die neue Heimarbeit?

Aus: STREIT 4/1985, S. 123-130 (123 f.), Auszug
(…) Fragt man sich, welche Frauen sich zu einer Leihmutterschaft entschließen, so werden es solche sein, für die das versprochene Entgelt eine finanzielle Entlastung mit sich bringt, die allein oder mit Kindern und/oder Mann am Rande des Existenzminimums leben, und denen deshalb die Bezahlung als Rettung aus einer unerträglichen Situation erscheint. Berufstätigkeit als Merkmal wird bei den wenigsten Leihmüttern anzutreffen sein.
Auch männliche Phantasien rechnen bereits mit der bedürftigen Frau, die sich zu Leihmutterschaft und anderen Experimenten bereitfinden wird. Ein amerikanischer Bioethiker: „Es sind sicher genügend Frauen vorhanden, um eine Kaste von Kindergebärerinnen zu bilden, besonders bei guter Bezahlung.“5 Aber die sich zunehmend verschlechternde wirtschaftliche Lage von Frauen und ihre geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden auch hier zunehmendes „Interesse“ von Frauen garantieren: das Motiv für die Bereitschaft der Frauen liegt klar auf der Hand und wird auch von männlichen Befürwortern richtig eingeschätzt (s.o.): es ist nicht der individuelle Genuß der Schwangerschaft, der die Frauen verlockt, sondern Armut und existenzielle Not.

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Beschluss des BVerfG

Alleinige Sorge bei transsexuellem Verhalten und Willen des Kindes

1) Unabhängig davon, ob die Diagnose einer Geschlechtsdysphorie im klinischen Sinn als gesichert anzusehen ist oder nicht und unabhängig davon, wie wahrscheinlich es ist, dass sich eine Geschlechtsdysphorie zurückbilden könnte, ist zu fragen, wie es sich auswirkt, wenn das Kind aktuell daran gehindert wird, seinem Wunsch gemäß (zeitweise) als Mädchen aufzutreten.
2) Eine verfassungsrechtlich hinreichende Feststellung zum Kindeswohl darf nicht ausschließlich auf eine mögliche „Auflösung der Geschlechtsidentitätsstörung“ in der Zukunft abstellen, ohne sich mit der aktuellen Bedürfnislage des Kindes im konkreten Fall zu befassen.
3) Durch die auf einer unzureichenden Grundlage erfolgte Übertragung des Sorgerechts auf den Vater wird die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 6 Abs. 2 S. 1 GG verletzt.
(Leitsätze der Redaktion)
Kammerbeschluss des BVerfG vom 07.12.2017, 1 BvR 1914/17

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des BGH

Erweiterung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf den Mehrvergleich in einer selbständigen Familiensache

Schließen die Beteiligten in einer selbständigen Familiensache einen Vergleich unter Einbeziehung nicht anhängiger Verfahrensgegenstände (Mehrvergleich), hat der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf sämtliche in diesem Zusammenhang ausgelöste Gebühren.
BGH, Beschluss vom 17.1.2018 – XII ZB 248/16

Aus den Gründen:
A. Der Ast. begehrt die Erweiterung der ihm erstinstanzlich für den Abschluss eines Mehrvergleichs bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf sämtliche hiermit im Zusammenhang stehenden Differenzgebühren. Der Ast. und die Ag. sind die nicht miteinander verheirateten Eltern ihrer Tochter M. Sie haben vor dem AG Sömmerda ein Verfahren zur Regelung des Aufenthalts ihres gemeinsamen Kindes geführt. Hierfür ist dem Ast. mit Beschluss vom 15.4.2015 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin bewilligt worden.

Preis: 3.00 EUR

Bericht vom 44. Feministischen Juristinnentag in Frankfurt (Oder)

Die Entscheidung, den FJT – obschon im Wesentlichen von Berlinerinnen organisiert – nicht in Berlin, sondern in Frankfurt (Oder) abzuhalten, hatte viele Gründe: Inspiriert vom 41. FJT in Landshut, wollten die Organisatorinnen* wieder einen Tagungsort finden, an dem der FJT gebündelt stattfinden kann und sich nicht verläuft (weil alle nach den AGs noch Freunde und Clubs in Berlin besuchen). So hat das Orga-Team kurzerhand das halbe Studierendenwohnheim in Słubice reservieren lassen und somit einen gemeinsamen Übernachtungsort inklusive veganem Frühstück aus dem Hut gezaubert – denn nach den letzten FJTs war auch klar, wir brauchen mehr Platz, um nicht die Hälfte der Frauen zuhause vor dem PC an einer geschlossenen Anmeldemaske verzweifeln zu lassen.

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Resolutionen und Fachstellungnahmen des 44. FJT in Frankfurt (Oder)

Resolutionen

Forum 3: Finanzielle Lebenssituation nach Trennung und Scheidung – Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, SGB II
Abschaffung der temporären Bedarfsgemeinschaft im SBG II / Forderung nach einem Umgangsmehrbedarf im SGB II
Wir fordern die Abschaffung der sogenannten temporären Bedarfsgemeinschaft, das heißt das dem Kind zustehende Sozialgeld soll vollständig an die Bedarfsgemeinschaft des Elternteils gezahlt werden, bei dem das Kind sich überwiegend aufhält. Die tageweisen Abzüge beim überwiegend betreuenden Elternteil gehen nicht mit entsprechenden Einsparungen bei den Lebensunterhaltskosten einher, denn Kosten für Bekleidung, Wäsche waschen, Einrichtung, Spielzeug und andere laufende Kosten fallen weiterhin an. Erhöhte Lebensunterhaltskosten beim Umgangselternteil sollen über einen pauschalen Anspruch auf einen Umgangsmehrbedarf im SGB II geregelt werden.

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Ausgabe 3

Inhalt

Ausgabe 3/2018

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Katja Nebe

Sichere und gute Arbeit für Frauen

Mutterschutz verdient gesellschaftlich hohe Aufmerksamkeit
Der Ausschuss für Mutterschutz muss gebildet werden. So sieht es § 30 des neuen Mutterschutzgesetzes (MuSchG) vor. Ob dies durch schlichte Verwaltungsroutine abläuft oder öffentlichkeitswirksam inszeniert wird, ist sicher nicht nur Geschmacks- oder Ressourcenfrage. Es ist eine erste wichtige Kernbotschaft, die heute von hoher politischer Stelle gesendet und hoffentlich auch medial wirksam verbreitet wird: Der Mutterschutz verdient gesellschaftlich hohe Aufmerksamkeit. Dem wird das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gerecht, wenn es die Konstitution des Ausschusses für Mutterschutz mit der heutigen feierlichen Auftaktveranstaltung
würdigt.

Preis: 3.00 EUR

Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) – Bundesverband e.V.

Wechselmodell nur einvernehmlich – Handlungsbedarf beim Unterhalt

Das Wechselmodell: Debatte und Definition
Die Debatte um das Wechselmodell ist im Frühjahr 2018 im Bundestag angekommen. Anlass waren zwei zeitgleiche Anträge von FDP und DIE LINKE. Erstere verfolgen das Ziel, das Wechselmodell als Regelfall einzuführen, wenn getrennte Eltern sich nicht einvernehmlich auf ein Betreuungsmodell einigen können, letztere lehnen dies ab.
Die fachliche wie politische Debatte krankt an unscharfen Definitionen und einem Mangel an aussagekräftigen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Wenn über die Folgen für das Kindeswohl diskutiert wird, sprechen die Beteiligten oft einheitlich vom „Wechselmodell“, gehen aber von verschiedenen Definitionen aus. Das ist verständlich, denn während die Rechtsprechung zwischen Wechselmodell und erweitertem Umgang genau unterscheidet, sind die Definitionen im allgemeinen Sprachgebrauch und in der psychologischen Forschung fließend.

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Kerima Kostka: Das Wechselmodell als Leitmodell? – Umgang und Kindeswohl im Spiegel aktueller internationaler Forschung (Auszug)

Aus STREIT 4/2014, S. 147-157

Einleitung
(…) Das (Wechsel-)Modell ist schon seit einigen Jahrzehnten bekannt, in der Praxis ist ein massiver Anstieg der Häufigkeit aber bisher ausgeblieben. Insofern überrascht der plötzliche „Hype“ um das Thema etwas und lässt vermuten, dass es um mehr als die proklamierten Kindesinteressen geht – was in anderen Ländern deutlich zu beobachten ist. In Australien und Großbritannien wurden bspw. unter massivem Einfluss von Vaterrechtsgruppen rechtliche Reformen eingeleitet, die den Eindruck erwecken, dass das Wechselmodell generell das gewünschte Modell ist, auch und gerade bei hochstrittigen Eltern; eine Argumentationslinie, die nun anscheinend auch Deutschland erreicht. (…)

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Beschluss des KG Berlin

Kein Wechselmodell bei hochstreitigen Beziehungen

1. Der Senat hält daran fest, daß das Wechselmodell im allgemeinen gegen den Willen eines Elternteils nicht
angeordnet werden kann. Insbesondere in von starken Konflikten geprägten Elternbeziehungen entspricht es
regelmäßig nicht dem Kindeswohl, durch eine gerichtliche Entscheidung ein Wechselmodell herbeizuführen.
2. In derartigen Konfliktbeziehungen begegnet auch eine Ausdehnung der Umgangsregelung, die einem Wechselmodell nahekommt, Bedenken.
Beschluss des KG Berlin vom 22.05.2015, 18 UF 133/14

Aus den Gründen:
I.
Die nicht verheirateten und gemeinsam sorgeberechtigten, aber seit August 2009 getrenntlebenden Eltern des heute dreizehnjährigen Kindes J... L... streiten zum Aufenthalt des Kindes um die Einrichtung eines Wechselmodells. Sie haben sich im Zuge dieses vom Vater mit dem Ziel einer Umgangserweiterung eingeleiteten Verfahrens auf Anregung der Mutter zunächst in einer Zwischenvereinbarung im Oktober 2013 für die Zeit bis Februar 2014 geeinigt, daß der Junge jeweils eine Woche wechselweise bei ihnen lebt. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich die Mutter dagegen gewendet, das Wechselmodell aufrechtzuerhalten; denn die Eltern seien völlig zerstritten, das Wechselmodell habe sich daher nicht bewährt. […]

Preis: 3.00 EUR

Nichtannahmebeschluss des BVerfG

Alleinige Sorge zum Wohle der Jugendlichen

1) Die Übertragung der alleinigen Sorge auf einen Elternteil setzt keine Kindeswohlgefährdung voraus.
2) Weil die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen erfordert, darf der Gesetzgeber einem Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind für den Fall zuordnen, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung fehlen.
3) Die Grundrechte des Kindes gebieten, bei der gerichtlichen Sorgerechtsregelung den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 22.03.2018, 1 BvR 399/18

Aus den Gründen
I.
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge für seine beiden 15- beziehungsweise 17-jährigen Söhne.
1. a) Der Beschwerdeführer ist Vater zweier Söhne, die seit der Trennung ihrer Eltern im September 2014 bei der Mutter leben und jeglichen Kontakt mit ihrem Vater strikt ablehnen. Zwischen den Eltern waren diverse Verfahren anhängig.

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Urteil des LSG Baden-Württemberg mit Anmerkung

Folgeschaden durch traumatisierende Strafverhandlung

1. In einer dem Opferentschädigungsrecht zuzuordnenden Konstellation wie der vorliegenden, bei der sich die Klägerin im Strafverfahren entgegen ihres Wunsches nicht äußern konnte, wird eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid der Bedeutung der mündlichen Verhandlung und der Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gerecht.
2. Hat der Strafprozess gegen den Täter für die Geschädigte nicht den therapeutisch gewünschten Aufarbeitungseffekt mit der ihm zukommenden Genugtuungsfunktion, da der Staat den Täter aus ihrer Sicht nicht hinreichend zur Rechenschaft zog und verschlimmert sich dadurch der gesundheitliche Zustand, auch weil wegen der mit dem Strafverfahren für die Geschädigte einhergehenden Belastungen eine konfrontative Trauma-Behandlung nicht möglich war, besteht ein kausaler Zusammenhang im Sinne eines Folgeschadens zwischen dem schädigenden Ereignis (Vergewaltigung) und der sich nach dem Strafprozess verschlimmernden gesundheitlichen Störung.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 07.12.2017, L 6 VG 6/17

Preis: 3.00 EUR

Urteil des SG Kiel mit Anmerkung

Opferentschädigung bei nicht nachgewiesenem sexuellem Kindesmissbrauch und Möglichkeit von Scheinerinnerungen

1. Kann der Nachweis des schädigenden Ereignisses nicht geführt werden, weil Zeugen nicht vorhanden sind und der mutmaßliche Täter verstorben ist, greift die Beweiserleichterung entsprechend der Vorschrift des § 15 Satz 1 des KOVVfG, wonach Glaubhaftmachung genügt.
2. Für den Beweismaßstab der Glaubhaftmachung reicht die gute Möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon am relativ wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für die Möglichkeit spricht, wobei durchaus Zweifel verbleiben können. Es muss insbesondere nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können, dass es sich bei den sexuellen Übergriffen in der Kindheit um Scheinerinnerungen handelt.
3. Ein Glaubhaftigkeitsgutachten ist nicht geeignet, festzustellen, ob ein geschildertes Ereignis auf eigenem Erleben beruht oder ob es sich um die Wiedergabe von Pseudoerinnerungen handelt.
4. Das vorliegende Störungsbild ist – wie mittlerweile Studien belegen – typisch für einen stattgehabten sexuellen Missbrauch in der Kindheit. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass Traumatisierungen in der Kindheit erst im Erwachsenenalter erinnerbar werden. Es gibt im vorliegenden Fall keinen Hinweis auf ein anderes adäquates Trauma, welches geeignet sein könnte, die festgestellte posttraumatische Belastungsstörung auszulösen.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des SG Kiel vom 13.01.2017, S 15 VG 25/13, n.rk., die Berufung ist anhängig beim LSG Schleswig unter dem Aktenzeichen L 2 VG 43/17

Preis: 3.00 EUR

Susette Jörk

Anmerkung zu den Urteilen des LSG Baden-Württemberg und des SG Kiel

Wer sich mit sozialem Entschädigungsrecht befasst, kennt die unterschiedlichen Beweismaßstäbe des OEG: Vollbeweis, Wahrscheinlichkeit und Glaubhafterscheinen.
Schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen bedürfen grundsätzlich des Vollbeweises, d.h. die Tatsachen müssen zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, wobei verbleibende Restzweifel unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten.
Für den Nachweis der Kausalität zwischen schädigendem Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Urteil vom 14.04.2013 – B 9 V1/12 R, s. dazu auch: Claudia Böwering-Möllenkamp, Die Begutachtung seelischer Folgen sexuellen Missbrauchs nach dem OEG, STREIT 4/2015, S. 163-173).

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Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg

Quote im Nachrückverfahren bei Betriebsratswahlen

Scheiden mehrere Mitglieder des Betriebsrates aus verschiedenen Listen gleichzeitig aus dem Gremium aus und wird dadurch die Geschlechterquote unterschritten, so ist der Nachrücker, der für eine Person des Minderheitengeschlechts zurückstehen muss, nach den Regelungen in § 15 Abs. 5 WO zu bestimmen. Von welcher Liste das Betriebsratsmitglied des Minderheitengeschlechts stammt, ist für die Erfüllung der Quote unbeachtlich. Der mit der geringsten Stimmenzahl errungene Betriebsratssitz muss zur Realisierung des gesetzgeberischen Ziels der Geschlechterquotierung im Konfliktfall zur Disposition stehen.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 25.07.2017, 7 TaBV 358/17

Aus den Gründen:
Die Beteiligten streiten darüber, wie bei einem gleichzeitigen Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern unterschiedlicher Listen die Nachrücker unter Berücksichtigung des Minderheitengeschlechts zu bestimmen sind.

Preis: 3.00 EUR

Elke Schüller

Endlich Staatsbürgerinnen! – 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

Es war am 12. November 1918, als im Zuge der deutschen Novemberrevolution, die das Ende des Kaiserreiches
einleitete, die provisorische deutsche Regierung in Form des Rates der Volksbeauftragten in einer Erklärung „An das deutsche Volk!“ verkündete, dass zukünftig „alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften (…) nach dem gleichen, geheimen, direkten Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen“ sind.1 Mit diesen knappen Sätzen hatte das Männergremium des Rates der Volksbeauftragten2 eine große Wahlrechtsreform auf den Weg gebracht, die im Reichswahlgesetz vom 30. November 1918 noch einmal festgeschrieben wurde. Sie beinhaltete nicht nur die Senkung des Wahlalters von 25 auf 20 Jahre und die Verankerung des Verhältniswahlrechts, sondern führte eben auch – wie es auf den ersten Blick fälschlicherweise scheinen könnte – ‚einfach so‘ das Frauenwahlrecht ein.

Preis: 3.00 EUR

Anke Stelkens:

Buchbesprechung: Antje Schrupp: Vote for Victoria!

Ulrike Helmer Verlag, Sulzbach 2016

In „Vote for Victoria“ stellt Antje Schrupp das „wilde Leben von Amerikas erster Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull (1838-1927)“ vor. Aus der Faszination heraus, dass schon rund 150 Jahre vor Hillary Clinton eine Frau offiziell als amerikanische Präsidentschaftskandidatin nominiert wurde und sich 1872 in geschlechtergerechter Sprache als „Future Presidentess“ zur Wahl stellte, hat sie sich an die Arbeit zu diesem Buch gemacht und ist dafür sogar auf den Spuren von Victoria durch Amerika gereist.

Das Buch beginnt mit der Beschreibung des Zeugungsakts dieser künftigen Präsidentschaftskandidatin. Und das ist konsequent. Denn dieses Frauenleben, was so sexuell freizügig entstanden sein soll, – ob es so war oder nur eine gute Geschichte ist, bleibt offen – wird auch weiterhin starke emotionale Kräfte aktivieren, um sich gesellschaftlich Aufmerksamkeit und Anerkennung zu verschaffen. Bildung, Ratio, Hosenanzug-angepasste Männerkleidung und berufspolitische Professionalität – Werkzeuge, die Hillary Clinton (nicht) zu politischem Erfolg verholfen haben – sie sind für Victoria Woodhull nicht einsetzbar in der amerikanischen und englischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.

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Sibylla Flügge

Buchbesprechung: Hedwig Richter/Kerstin Wolff (Hg.): Frauenwahlrecht – Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa

Hamburger Edition, Hamburg 2018

Hedwig Richter vom Hamburger Institut für Sozialforschung und Kerstin Wolff, Forschungsleiterin im Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel, haben sich mit dem vorliegenden Band das Ziel gesetzt, die bisher vorherrschende Geschichtsschreibung zur Entstehung von Demokratien zu hinterfragen, wonach Demokratien jeweils durch revolutionäre Bewegungen und also vorwiegend durch Männer erkämpft worden seien. Dementsprechend werde der Eindruck erweckt, dass das Frauenwahlrecht im Zuge der Umstürze nach dem Ende des 1. Weltkriegs den Frauen quasi in den Schoß gefallen sei. Diesem Narrativ werden in elf Beiträgen Einzelstudien entgegengehalten, die am Beispiel verschiedener deutscher und europäischer Länder (vor allem Österreich, England und Niederlande) ein differenziertes Bild der Jahrzehnte währenden Kämpfe von Frauenorganisationen zur Erlangung der vollen staatsbürgerlichen Rechte erkennen lassen, sowie Vorstufen dieser Rechte in Kommunen, Kirchengemeinden und in der Zulassung zu Ämtern in der Sozialverwaltung.

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Ausgabe 4

Inhalt

Ausgabe 4/2018

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Heike Rabe

Die Istanbul-Konvention – innerstaatliche Anwendung

unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Hamburg vom 8.3.2018 (Strafverfolgung häuslicher Gewalt)
Die Staaten des Europarates haben mit dem Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt (sogenannte Istanbul-Konvention) 1 den bisher umfassendsten Menschenrechtsvertrag zum Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt entwickelt. Die Konvention definiert in Artikel 3 Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung sowie als Form der Diskriminierung. Damit wird erstmalig die Auffassung des CEDAW-Ausschusses in der Allgemeinen Empfehlung Nr. 19 2 sowie das Rechtsverständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) unter Artikel 3 (Folterverbot) und Artikel 8 (Achtung des Privat- und Familienlebens) aus verschiedenen Entscheidungen 3 normiert.

Preis: 3.00 EUR

Vereinte Nationen – Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau

Abschließende Bemerkungen zum kombinierten 7. und 8. periodischen Staatenbericht Deutschlands

CEDAW/C/DEU/CO/7-8 vom 09.03.2017 (Auszug)
Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen
26. Der Ausschuss erinnert an seine Allgemeine Empfehlung Nr. 19 (1992) zu Gewalt gegen Frauen und wiederholt seine früheren Empfehlungen, dass der Vertragsstaat:
a) seine Bemühungen zur Bekämpfung aller Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen verstärkt und Schritte unternimmt zur Entwicklung einer umfassenden Präventionsstrategie für den Umgang mit häuslicher Gewalt, einschließlich Sensibilisierungskampagnen;

Preis: 3.00 EUR

Aus dem Archiv

Forderungskatalog aus einem rechtsvergleichenden Projekt im Bereich Gewalt gegen Frauen

Aus STREIT 2/2001, S. 69 ff.
I. Gewaltbetroffenen Frauen muss ein leicht zugängliches, unentgeltliches Informationsangebot zur Verfügung stehen, das qualifiziert über Hilfen und Schritte Auskunft gibt, die es der Frau ermöglichen, sich und ihre Kinder zu schützen und frühzeitig eine gewalttätige Beziehung zu verlassen (Clearing Stelle). Die Qualität der Auskünfte muss durch spezielle und frauenspezifische Fortbildungen gewährleistet werden, die sowohl die psycho-sozialen als auch die rechtlichen Aspekte umfasst. (…)
II. Männliche Gewalt gegen Frauen erfordert eine unmittelbare und eindeutige gesellschaftliche Reaktion. Maßstab ist die Menschenwürde und die Integrität der gewaltbetroffenen Frauen sowie die Verantwortungsübernahme durch den gewalttätigen Mann. (…)

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Beschluss des Hans. OLG Hamburg

Kein Beweisverwertungsverbot des Antrags nach § 1 GewSchG

Hans. OLG Hamburg, § 252 StPO, § 1 GewSchG, § 240 Abs. 4 S. 1 StGB, Art. 49 Abs. 2 Istanbul-Konvention
Kein Beweisverwertungsverbot des Antrags nach § 1 GewSchG
1.) Äußerungen, die eine Zeugin „aus freien Stücken”, unabhängig von einer Vernehmung gegenüber Amtspersonen macht, die sie z.B. um polizeiliche Hilfe bittet, werden nicht vom Beweisverwertungsverbot des § 252 StPO erfasst, wenn sie im Strafverfahren das Zeugnis verweigert. Dies gilt auch für Angaben, die im Antrag auf eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG gegenüber dem Familiengericht gemacht werden.
2.) Die Maßgaben aus Art. 46 ff. der Istanbul-Konvention erfordern eine – etwa auch im Wege der Strafrahmenbestimmung – abschreckende Sanktionierung der dem Anwendungsbereich der Konvention unterfallenden Straftaten.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Bericht)

Schwere Gewalt und Mord als Folge staatlicher Untätigkeit

Bericht zum Urteil im Fall Talpis versus Italy (EGMR 41237/14 vom 02.03.2017)

Am 2. Marz 2017 fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) das Urteil, dass die italienischen Behörden das Leben und die Gesundheit von Elisaveta Talpis und ihrem Sohn nicht ausreichend geschützt hätten, und verurteilte das Land zu einer Schadenersatzzahlung.
Die Vorgeschichte: Am frühen Morgen des 26. November 2013 wurde Elisaveta Talpis, rumänische Staatsangehörige, in ihrer Wohnung in Italien vom Ehemann durch mehrere Messerstiche in die Brust schwer verletzt. Der gemeinsame Sohn, der seine Mutter schützen wollte, wurde dabei vom Vater erstochen. Dies, obwohl vorangegangene Gewalttätigkeiten des Mannes den Behörden im italienischen Remanzaccio bekannt waren, da sich Frau Talpis mehrmals Hilfe suchend an die Polizei gewandt hatte (siehe EGMR: 2017b).

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des OLG Oldenburg

Härtefallscheidung nach jahrelanger Gewalt

1.) Kann eine Ehefrau nach jahrelangen Demütigungen und Tätlichkeiten von Seiten des Ehemannes diese nicht mehr ertragen, kann die Aufrechterhaltung des formellen Ehebandes für sie eine unzumutbare Härte darstellen. Das Abwarten des Trennungsjahres ist dann nicht erforderlich.
2.) Eine „kulturelle“ Übersetzung vermag schwerwiegende Beleidigungen nicht zu relativieren.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Oldenburg vom 26.04.2018 – 4 UF 44/18

Aus den Gründen:
3. Die Beteiligten sind verheiratet. Sie leben jedenfalls seit dem 23.09.2017 voneinander getrennt. Das Amtsgericht – Familiengericht – Oldenburg hat die Ehe der Beteiligten auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 13.02.2018 vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden und die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des AG Bremen

Alleinige Sorge bei anhaltendem Machtkampf der Eltern trotz Widerspruch des 16-jährigen Sohnes

1.) Wenn Eltern nach Trennung aus einer gewaltgeprägten Beziehung nur noch über die Kinder miteinander kommunizieren und diese unter einem anhaltenden Machtkampf um die Deutungshoheit über die familiären Auseinandersetzungen und deren Gründe leiden, ist die alleinige Sorge der Mutter zu übertragen, bei der die Kinder leben.
2.) Der entgegenstehende Wille des 16-jährigen Sohnes steht dem nicht entgegen, wenn dieser tatsächlich vom Vater nicht selbst betreut werden kann und er auch von der 11-jährigen Schwester nicht getrennt werden soll.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des AG Bremen vom 05.01.2019 – 65 F 1324/17 SO

Aus den Gründen:
I.
Die Kinder D. und Y.-F. stammen aus der bereits 2014 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. (Beide Eltern haben türkische Wurzeln, die Kinder sind in Bremen geboren.) Seit dem 13.10.2011 lebten die Beteiligten getrennt, die Kinder leben seit der Trennung bei ihrer Mutter.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des KG Berlin

Betreuungsunterhalt einer nicht verheirateten Mutter, nachhaltiges Einkommen

1. Von einem nachhaltig erwirtschafteten, dauerhaft gesicherten Erwerbseinkommen der betreuenden, nicht
verheirateten Mutter, das der Berechnung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB zugrunde gelegt werden kann, ist auch dann auszugehen, wenn die betreuende Mutter nach erfolgreichem Abschluss ihrer Hochschulausbildung und der Beendigung einer fachlichen Weiterbildung ihre erste Stelle im erlernten Beruf antritt, soweit es sich dabei um eine unbefristete Stelle handelt und sie sich nicht mehr in der arbeitsrechtlichen Probezeit befindet. Dabei bleibt es auch dann, wenn sie bei Antritt der Stelle bereits mit dem zu betreuenden Kind schwanger ist und sie aufgrund von Krankheit und eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots bis zum Beginn der Elternzeit effektiv nur eine Woche erwerbstätig sein kann.
2. Entscheidender Gesichtspunkt für die Frage, ob das erzielte Einkommen nachhaltig ist, ist weniger die tatsächliche Dauer der Tätigkeit, sondern maßgeblich ist vielmehr, ob erwartet werden kann, dass die Tätigkeit, aus der das zuletzt bezogene Einkommen generiert wurde, vom Berechtigten prognostisch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer ausgeübt werden kann bzw. ohne die Geburt des zu betreuenden Kindes mit großer Wahrscheinlichkeit hätte weiter ausgeübt werden können.
(Amtliche Leitsätze)
Beschluss des KG Berlin vom 24.09.2018, 13 UF 33/18

Preis: 3.00 EUR

Kinderkommission des Deutschen Bundestages

Qualitätssicherung in Kindschaftsverfahren

Ausgangspunkt

Im Jahr 2017 gab es über 340.000 Kindschaftsverfahren 2 vor deutschen Familiengerichten. In der Familiengerichtsbarkeit werden Entscheidungen getroffen, die oft erhebliche Auswirkungen auf die Biografien von Kindern und ihre Familien haben. Häufig handelt es sich um hochkonflikthafte Sorge- und Umgangsstreitigkeiten sowie komplexe Kinderschutzverfahren.
Familiengerichtliche Verfahren und Entscheidungen sollen sich am Primat des Kindeswohls und der Verhältnismäßigkeit orientieren. Doch werden die Rechte von Kindern nicht immer ausreichend gewahrt. Das staatliche Wächteramt erfordert einerseits, jedes Kind vor Gefährdung und Schaden zu schützen, und andererseits garantiert die Verfassung, die Integrität und das Erziehungsrecht von Familien zu achten.

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Lucy Chebout, Theresa Richarz

Lesbische Eltern! Warum das Kindeswohl keinen Aufschub mehr verträgt

Lesbische Frauen können in Deutschland seit mehr als einem Jahr eine Ehe schließen. Im Recht der Eltern-Kind-Zuordnung werden sie aber immer noch nicht gleichbehandelt. In der Bundestagsdebatte über einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf von B90/DIE GRÜNEN verwiesen die Abgeordneten auf bestehende Prüfungserfordernisse. Die Prüfungen sind aber längst erfolgt. Die rechtliche Gleichstellung lesbischer Co-Mütter darf deshalb nicht weiter vertagt werden – vor allem das Kindeswohl verträgt keinen Aufschub mehr.

Heterosexuelle Realität: Zwei Eltern qua Geburt

Das Abstammungsrecht ist in den §§ 1591 ff. BGB geregelt und bestimmt, wer unmittelbar nach der Geburt eines Kindes die Sorge- und Unterhaltsverantwortung übernimmt. Im geltenden Recht gibt es zwei Elternpositionen: Mutter und Vater.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des VG Sigmaringen

Auch im Dublin-Verfahren keine Abschiebung nach Polen

Der Abschiebung in einen nach der Dublin-III VO für das Asylverfahren zuständigen Staat steht § 60 Abs.7 S.1 AufenthG entgegen, wenn der Antragstellerin bei einer Verweigerung des Aufenthaltes in Deutschland eine Extremgefahr droht.
Dies gilt auch dann, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens im Übernahmestaat (hier Polen) nicht festgestellt werden können.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des VG Sigmaringen vom 16.10.2018 – A 6 K 4205/18

Aus den Gründen
I.
Die Antragstellerin, eine türkische Staatsangehörige, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Polen.
Sie reiste am 04.03.2018 aus Polen kommend in die Bundesrepublik ein. Am 23.05.2018 stellte sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen förmlichen Asylantrag.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des VGH Baden-Württemberg

Verweigerung des Schulbesuchs als politische Verfolgung

Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 19.02.2018, A 11 S 2433/17

Zum Antrag auf Zulassung der Berufung im Verfahren wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stellte der Gerichtshof fest:
Allerdings bedarf die von der Klägerin Ziffer 4 als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Rechtsfrage, „ob
der Umstand, dass einem Mädchen im Grundschulalter der gesamte Schulbesuch gezielt aufgrund ihres Geschlechts unmöglich gemacht wird (bei staatlicher Zurechenbarkeit) politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG begründet“, keiner grundsätzlichen Klärung. Sie ist ohne weiteres zu bejahen.
Mitgeteilt von RAin Ursula Damson-Asadollah,
Stuttgart

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Sabine Scholz

Buchbesprechung: Ulrike Schultz/Anja Böning/Ilka Peppmeier/Silke Schröder: De jure und de facto: Professorinnen in der Rechtswissenschaft

Nomos Verlag, Baden-Baden 2018

Mit der umfangreichen Untersuchung zu Professorinnen in der Rechtswissenschaft hat die Autorin Ulrike Schultz mit ihren Mitstreiterinnen ein unglaublich spannendes, vielfältiges Werk geschaffen, welches für alle angehenden und tätigen Juristinnen und Juristen hilfreich ist. Für das Buch wurden über 80 Interviews mit Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern an rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland und 20 Interviews mit Praktikerinnen und Expertinnen der Gleichstellung geführt.(...)

 

Anja Böning
Wissenschaft, Recht und Geschlecht

2.5 Wissenschaft als kontextuelle Geschlechterpraxis
Mikrosoziologische Untersuchungen haben herausgearbeitet, dass in sozialen Zusammenhängen stets ein geschlechtlicher „Ausweiszwang“ (Hirschhauer 1994, S. 2015) herrscht. Individuen müssen sich beispielsweise in die eine oder andere Geschlechtergruppe einpassen, diese durch körperliche Praktiken (Mimik, Gestik, Stimme usw.) und Artefakte (durch Kleidung, Schmuck usw.) symbolisch vermitteln und sich in institutionalisierte Geschlechterarrangements einfinden, um eine reibungslose Interaktion sicherzustellen (Garfinkel 1967; Goffmann 1977; Hirschhauer 1989; West/Zimmermann 1991).

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Alice Regina Bertram

Buchbesprechung: Susanne Baer/Ute Sacksofsky (Hg.): Autonomie im Recht – geschlechtertheoretisch vermessen

Nomos Verlag, Baden-Baden 2018

Freiheit in Abhängigkeit
1. Autonomie in Abhängigkeit denken!
Was zunächst nach einem Widerspruch klingt, ist Leitgedanke für den Sammelband „Autonomie im Recht – geschlechtertheoretisch vermessen“, herausgegeben von Susanne Baer und Ute Sacksofsky. Der Sammelband entstand im Anschluss an die gleichnamige Tagung in Frankfurt am Main im Februar 2016. Die Herausgeberinnen, die die Initiatorinnen von Tagung und Sammelband sind, verfolgen ein ambitioniertes Ziel. Sie kehren sich vom Autonomieverständnis des juristischen Mainstream ab, in dem Autonomie als negative Freiheit gedacht wird – also der Vorstellung, dass wer nichts tun muss, alles tun kann, was seinen eigenen Vorstellungen, Interessen und Bedürfnissen entspricht (S. 11).

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Buchhinweise

(Anti)Feminismus: Aus Politik und Zeitgeschehen (APuZ 17/2018), Themenheft zur Geschichte des Feminismus, Entwicklung verschiedener Feminismen und des Antifeminismus, unter: www.bpb.de/apuz/267934/anti-feminismus
Achtelik, Kirsten / Sanders, Eike / Jentsch, Ulli: Kulturkampf und Gewissen. Medizinethische Strategien der „Lebensschutz“-Bewegung, Verbrecher Vlg, Berlin 2018
an der Heiden, Iris / Wersig, Maria: Preisdifferenzierung nach Geschlecht in Deutschland, Eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Baden-Baden (Nomos) 2017, unter: www.antidiskriminierungsstelle.de
Baer, Susanne / Sacksofsky, Ute (Hg.): Autonomie im Recht – Geschlechtertheoretisch vermessen, Nomos, Baden-Baden 2018
Behr, Hamida Sarah: Koranauslegung und Rechtsprechung zu Frauen: Positionen von Abou El Fadl und Abu Zaid im deutschen Kontext, Waxmann, Münster 2018

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Programm des 45. Feministischen Juristinnentags vom 10.-12. Mai 2019 in der Universität Freiburg i.Brg.

Freitag 10. Mai
15.00 – 16.15 Uhr:
Einführung in den FJT für Neueinsteigerinnen*
Alice Bertram, FU Berlin; Sibylla Flügge, Frankfurt University of Applied Sciences
Die Geschichte und Struktur des FJT wird vorgestellt und den Teilnehmerinnen* wird die Möglichkeit gegeben, sich kennenzulernen.

16.30 – 18.00 Uhr:
Einführungs-AG: Kontroverse feministische Debatten im FJT
RAin Friederike Boll, Frankfurt a.M.; Ulrike Lembke, HU Berlin; Doris Liebscher, HU Berlin
Geschlechteridentitäten, kulturalistische Rechtspolitiken, Inklusions- und Exklusionsmechanismen zwischen Differenz- und radikalem Feminismus, queer theory und Intersektionalität führten bei den FJTs immer wieder zu hoch engagierten Diskussionen. Drei teilnehmende Beobachterinnen* aus der Zwischengeneration berichten.

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