Ausgabe 2

Inhalt

Ausgabe 2/2016

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Berit Völzmann

Spießigkeit oder Geschlechtergerechtigkeit? – Für ein Verbot sexistischer Werbung!

Verbot in Sicht für sexistische Werbung?
Bewegung in der Politik und Entrüstung in den Medien
Eines der seit Jahrzehnten von Feminist_innen bearbeiteten Themen scheint im Jahr 2016 tatsächlich auf die Agenda von Politiker_innen geraten und ein gesetzgeberisches Eingreifen damit in greifbare Nähe gerückt zu sein: Am 09. April 2016 verkündete Spiegel Online, dass Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geschlechterdiskriminierende Werbung in Deutschland unterbinden wolle. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) solle bald in die Ressortabstimmung geschickt werden.
Die Entrüstungsstürme der Verteidiger_innen wirtschaftlicher Freiheit, „mündiger Verbraucher“ und unverhüllter Frauen folgten auf dem Fuße: Christian Lindner (FDP) etwa sprach sich gegen Spießigkeit, Thomas Heilmann (CDU) gegen Geschmacksvorschriften und ZEIT-Kommentatorin Dagmar Rosenfeld gegen staatlich verordnete Verklemmtheit aus.
Zeit, sich dem Thema nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich zu widmen und folgende These zu untermauern: Es bedarf eines Verbots sexistischer Werbung im UWG.

Preis: 3.00 EUR

Kirsten Scheiwe

Die Ausübung elterlicher Sorgerechte durch soziale Eltern – die Regelung der 'parental responsibility' im englischen Recht als Modell für eine Familienrechtsreform?

Die zunehmende Pluralisierung der Familienformen stellt alle europäischen Rechtsordnungen vor Herausforderungen. Der Beitrag befasst sich rechtsvergleichend mit der familienrechtlichen Regulierung sozialer Elternschaft, insbesondere mit dem Sorgerecht sozialer Eltern im englischen und im deutschen Recht. Soziale Elternschaft wird verstanden als länger andauernde Betreuung und Versorgung eines Kindes durch dritte Personen, die mit dem Kind zusammen leben und nicht rechtliche Eltern sind (beispielsweise Stiefeltern, Großeltern oder Verwandte, Pflegepersonen); es handelt sich also um 'Bindungspersonen', mit denen das Kind in einer 'sozial-familiären Beziehung' lebt. Die zunehmende Pluralisierung der Familienformen, in denen Kinder leben, bringt es mit sich, dass soziale Eltern häufig eine wichtige Rolle als Bezugspersonen für Kinder spielen und an der Erziehung, Betreuung und Versorgung des Kindes beteiligt sind. Die rechtliche Stellung dieser sozialen Eltern, die teilweise anerkannt und aufgewertet wurde, weist jedoch eine Reihe von Lücken auf. Die unzureichende rechtliche Absicherung sozialer Elternschaft im deutschen Recht wird beispielsweise dann zum Problem, wenn sich in erster Linie Dritte aus der Sphäre eines Elternteils um ein Kind kümmern (z.B. die Großeltern des Kindes oder die neue Partnerin eines Elternteils) und nach Wegfall dieses Elternteils (etwa durch Tod oder wegen Ruhens der elterlichen Sorge) der andere Elternteil die Rückführung des Kindes in seinen Haushalt verlangt.

Preis: 3.00 EUR

Katharina Erdmenger

Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf: Das Arbeitsrecht tastet sich an neue Lebensrealitäten heran.

Am 1. Januar 2015 ist das neue Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten. Damit wurde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU umgesetzt, in dem es heißt, dass die Möglichkeiten des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes unter einem Dach mit Rechtsanspruch zusammengeführt und weiterentwickeln werden sollten. Insbesondere war im Koalitionsvertrag angekündigt worden, eine Lohnersatzleistung ähnlich dem Kinderkrankengeld für kurzzeitige Freistellungen einzuführen. Das soll es ArbeitnehmerInnen ermöglichen, der Arbeit kurzfristig und ohne Einkommensverlust fern bleiben zu können, wenn eine akute Notlage die Pflege eines/ einer Angehörigen erfordert.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf fand eine Debatte ihren vorläufigen Abschluss, die sich an dem 2012 eingeführten Familienpflegezeitgesetz entzündet hatte: Das damalige Gesetz sah keinen Rechtsanspruch auf Pflegezeit vor, mithin verblieb das finanzielle Risiko während einer Pflegezeit weitgehend bei den Arbeitnehmer_innen, die sich mit einer Versicherung gegen Lohnausfälle schützen sollten. „Zu teuer“ hielt dennoch die Arbeitgeber-Seite dem Gesetz vor, während von links kritisiert wurde, dass die gesellschaftlichen Kosten der Pflege auf die ArbeitnehmerInnenseite und dort vorwiegend auf Frauen abgewälzt würden. Da die Regelung von 2012 in der Praxis von ArbeitnehmerInnen kaum genutzt wurde, wurde der Verbesserungsbedarf allenthalben anerkannt.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BAG

Verfallsfristen von Urlaub nach Beschäftigungsverbot und Elternzeit

1. § 17 Satz 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG, wonach die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote/der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote/der Elternzeit im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen kann, verlängern nicht den Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.
2. Diese gesetzlichen Sonderregelungen bestimmen abweichend von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG, dass der Urlaub nicht im „laufenden“ Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, sondern auch im Folgejahr genommen werden kann. Dieses ist dann das für das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG maßgebliche Urlaubsjahr.
Urteil des BAG vom 15.12.2015, 9 AZR 52/15

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BGH

Babypause gilt im Notarbesetzungsverfahren nicht als Unterbrechung

Die Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 7 BNotO ist dahin auszulegen, dass auch ohne Verzicht auf die Zulassung zur Anwaltschaft Unterbrechungen der anwaltlichen Tätigkeit für die Dauer von bis zu zwölf Monaten wegen Schwangerschaft oder Betreuung eines Kindes oder eines pflegebedürftigen Angehörigen nicht als „Unterbrechung“ der Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO gelten.
Urteil des BGH vom 23.11.2015 – NotZ (Brfg) 2/15

Aus den Gründen:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass der Beklagte eine am 15. Mai 2014 für den Bezirk B. ausgeschriebene Notarstelle mit der Beigeladenen zu 1 besetzen will. […] Der Kläger ist Rechtsanwalt seit dem Jahre 2003. Er hat die zweite juristische Staatsprüfung und die notarielle Fachprüfung jeweils mit der Note „befriedigend“ (8,53 Punkte) abgelegt. Die Beigeladene zu 1 ist seit Juni 2006 Rechtsanwältin. Sie hat im zweiten Staatsexamen und in der notariellen Fachprüfung das Prädikat „vollbefriedigend“ (9,07 und 9,18 Punkte) erreicht. Kläger und Beigeladene zu 1 bewarben sich auf die für den Bezirk B. am 15. Mai 2014 ausgeschriebene Notarstelle.

Preis: 3.00 EUR

Beschluss des KG

Ordnungsgeld gegen den umgangsberechtigten Elternteil wegen zusätzlicher Kontakte

Eine gerichtliche Umgangsregelung, durch die der Umgang positiv geregelt wird, enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung ist mit Ordnungsmitteln durchsetzbar.
Beschluss des KG Berlin vom 12.02.2015 – 13 WF 203/14

Aus den Gründen:
I.
Der Vater wendet sich gegen den familiengerichtlichen Beschluss vom 28. August 2014, mit dem gegen ihn wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss des Familiengerichts vom 18. Januar 2011 (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, 163 F 8586/10) ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 € festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, angeordnet wurde, dass an die Stelle von jeweils 50 € Ordnungsgeld ein Tag Ordnungshaft tritt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des VG Potsdam

Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an Entscheidungsvorbereitungen

Die „aktive Teilnahme“ der Gleichstellungsbeauftragten am Entscheidungsprozess geht zeitlich der Maßnahmeabsicht voraus, die ihrerseits erst die „Mitwirkung“ gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 BGleiG a. F. auslöst.
Die Teilnahmerechte der Gleichstellungsbeauftragten bestehen daher schon in dem durch vorläufige Überlegungen gekennzeichneten Vorbereitungsstadium von gleichstellungsrelevanten Entscheidungen.
Der Gleichstellungsbeauftragten ist daher auch die Teilnahme an Sitzungen zu ermöglichen, bei denen derartige Entscheidungen – hier: die Abberufung des Geschäftsführers eines Jobcenters – vorbereitet werden. Dies umfasst als notwendige Voraussetzung die vorherige Bekanntgabe der Tagungstermine und der Tagesordnung.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des VG Potsdam vom 24. Februar 2016 – 2 K 700/15

Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Gele¬genheit zur aktiven Teilnahme der Klägerin am Entscheidungsprozess zur Abberufung des vormaligen Geschäftsführers des Jobcenters B... (im Folgenden: Jobcenter). Die Klägerin ist Gleichstellungsbeauftragte beim Jobcenter B.... Das Jobcenter befindet sich in der Trägerschaft der Stadt B... und der Bundesagentur für Arbeit. Die Beklagte besteht aus je drei Vertretern der Agentur für Arbeit und der Stadt B....

Preis: 3.00 EUR

Eveline Schneider Kayasseh

Buchbesprechung: Nadjma Yassari: Die Brautgabe im Familienvermögensrecht. Innerislamischer Rechtsvergleich und Integration in das deutsche Recht

Im Rahmen von Eheschließungen zwischen Muslimen ist eine ehevertragliche Vereinbarung über die Zahlung einer Brautgabe (mahr) üblich, die in einer Summe Geld oder Sachwerten bestehen kann. Dieses Rechtsinstitut wurzelt im islamischen Recht und existiert noch heute in verschiedenen Ausprägungen in den Ländern, die ihr Familien- und Erbrecht auf dem islamischen Recht aufbauen.
Obschon die Brautgabe als „wichtiger Baustein im Gefüge des islamischen Eherechts“ (403) bezeichnet werden kann, ist eine vertiefte Befassung mit diesem Rechtsinstitut in den islamischen Ländern bislang weitgehend unterblieben. Zugleich müssen sich westliche Gerichte im Zuge der Migration vermehrt mit Brautgabenvereinbarungen befassen, wobei „die solcherart auf Wanderschaft geratene Brautgabe der deutschen Rechtspraxis und Lehre so manches Rätsel aufgibt“ (3), wie die deutsch-iranische Rechtswissenschaftlerin Najma Yassari, Autorin des Buchs mit dem Titel „Die Brautgabe im Familienvermögensrecht“ konstatiert. Unter diesen Vorzeichen erkennt Yassari den Bedarf, zwischen diesen beiden „geografischen Polen eine Brücke [zu] schlagen“ (4) und sich aus zwei Perspektiven mit der Brautgabe intensiv zu befassen. Dabei verfolgt sie den Ansatz, zum einen der „Frage nach der Funktion der Brautgabe im klassischen islamischen Recht sowie in den islamischen Ländern heute“ und der Rolle, die dieses Rechtsinstitut „im Kontext des geltenden Familienvermögensrechts ausgewählter islamischer Länder einnimmt“ nachzugehen, und sich zum anderen mit der Frage zu befassen „wie der Brautgabe in einem nichtislamischen Rechtsrahmen zu begegnen ist“. Diesbezüglich legt Yassari einen besonderen Fokus auf Deutschland.

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Bundesweite Fortbildung

„SToP – Stadtteile ohne Partnergewalt!“

Nach 20 Jahren der wissenschaftlich fundierten Konzeptentwicklung und mehrjähriger Erfahrung in der praktischen Umsetzung in zwei Hamburger Stadtteilen liegt mit SToP ein ausgereiftes Konzept vor, das neue Möglichkeiten zur Prävention und Unterstützung im Bereich häuslicher Gewalt/Beziehungsgewalt bereitstellt.
Unseren Erkenntnissen nach ist die Einbeziehung von Nachbarschaften und der Aufbau (transkultureller) lokaler, sozialer Netzwerke ein unerlässlicher und weiterführender Schritt in der gewaltpräventiven Arbeit. Auf dieser Grundlage und angesichts des nach wie vor hohen Ausmaßes der Gewalt an Mädchen und Frauen sowie auch der neuen Herausforderungen im Rahmen der Arbeit mit Geflüchteten möchten wir unsere Expertise nun weitergeben.
Der SToP-Ansatz kombiniert erstmalig theoretisches und praktisches Wissen aus den Bereichen der Arbeit gegen die Gewalt an Frauen und der sozialraumorientierten Arbeit. Er bewegt sich inhaltlich und methodisch im Schnittfeld von geschlechtssensibler, gewaltpräventiver Arbeit/Erwachsenenbildung/Öffentlichkeitsarbeit/Förderung von Zivilcourage und Empowerment/Gruppen-, Netzwerk und Nachbarschaftsarbeit. Grundlegendes Fachkonzept ist die Gemeinwesenarbeit bzw. das Community Organizing.

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Hinweis

djb fordert Wahlarbeitszeit

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hat ein Konzept für ein Wahlarbeitszeitgesetz erarbeitet. Das Gesetz soll für die Beschäftigten umfassende subjektive Rechte auf eine selbstbestimmte(re) Zeitverwendung in der Erwerbsarbeit rechtspolitisch umsetzen. Wahlarbeitszeit meint eine lebensphasenorientierte Gestaltung von Erwerbsarbeitszeit, die für beide Geschlechter die Möglichkeit eines gleichberechtigten und partnerschaftlichen Lebens eröffnet und damit den Abschied vom „40 Jahre – 40 Stunden – Normalarbeitsverhältnis“ mit seinen negativen ökonomischen und beruflichen Folgen insbesondere für Frauen bedeutet.

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Resolutionen und Stellungnahmen des 42. FJT, 6.–8. Mai 2016 in Wien

1. Flucht und Geschlecht
Das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf menschenwürdige Existenzsicherung sind im Fall jeder asylsuchenden Person zu wahren. Dennoch ist der Zugang zum Asylverfahren (gerade) für geflüchtete Frauen*, Inter- und Transpersonen mit Gewalt, Eingriffen in die (sexuelle) Selbstbestimmung und Lebensgefahr verbunden.
Wir fordern daher:

  • Zugang zu einem fairen Verfahren für alle Geflüchteten und damit die Einhaltung völker- und unionsrechtlicher Verpflichtungen;
  • angemessene Betreuung und Unterbringung für alle Geflüchteten unter besonderer Rücksichtnahme auf Gruppen, die häufig von sexualisierter und geschlechtsbezogener Gewalt betroffen sind, sowie
  • die Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, insbesondere solange der Staat seine Verantwortung in diesem Bereich nicht wahrnimmt.

Zudem sprechen wir uns dezidiert gegen die Instrumentalisierung feministischer Anliegen für rassistische Hetze aus.

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Katharina Lipp und Marija Petričević

Bericht vom 42. Feministischen Juristinnentag am 6.–8. Mai 2016 in Wien

Der FJT überschreitet empowernd die Ländergrenze nach Österreich.
Der 42. Feministische Juristinnentag (FJT) wurde dieses Jahr vom 6.bis 8. Mai in Wien gefeiert. Ja, gefeiert! Denn die Atmosphäre war eine euphorisch empowernde. Erstmalig in seiner Geschichte fand der FJT in Österreich statt und hatte eine Rekordteilnehmerinnen*zahl von 320 Frauen*. Anfang April musste die Orga-Gruppe in einer Krisensitzung zusammentreten, da die Ressourcen mit 300 Anmeldungen ausgeschöpft waren. Sie traf schweren Herzens die Entscheidung, die Anmeldung zu schließen. Wer auf der Warteliste verblieb, wird sich nächstes Jahr voraussichtlich frühzeitig anmelden.
Aber gehen wir zunächst noch etwas in der Zeit zurück. Die Idee zum FJT in Wien entstand bereits im Jahr 2008, als Elisabeth Holzleithner und Sandra Konstatzky, beim FJT in Leipzig laut darüber nachdachten, wie großartig es wäre, den FJT nach Österreich zu holen. Beim nächsten FJT in Leipzig im Jahr 2014 wurde die Intention schließlich reaktiviert.

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