Ausgabe 3

Inhalt

Ausgabe 3/2020

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Barbara Degen

Der patriarchale Kern im Recht des Nationalsozialismus – am Beispiel von Zwangsabtreibungen, Zwangssterilisationen und Kindermorden

„Die von einer Frau gewünschte und durchgesetzte Abtreibung – und sei sie noch so brutal und selbstzerstörerisch – stellt so deutlich wie nirgendwo sonst unter Beweis, dass sie diese Macht über Leben und Tod originär besitzt und mit ihrem Willen nutzen kann (…). Sie tritt damit in Konkurrenz zu einer Männergesellschaft, in der sich allein staatliche und wissenschaftliche Institutionen das Recht vorbehalten haben, über Leben und Tod zu entscheiden.“ (Anna B. Bergmann)1

„‚Das Auge, das mich zum Bösen führt‘ (…) zeigt, dass die von Gott gegebenen Funktionen des Leibes in absolutem Gehorsam zu stehen haben.“ (Friedrich von Bodelschwingh, Treysa 1931)2

„Zugleich aber ist der nationalsozialistische Staat gerade kein Polizeistaat, sondern ein völkischer Rechtsstaat.“ (Aus dem Bericht über die Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission 1935)3

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BVerfG mit Anmerkungen

Versorgungsausgleich: § 17 VersAusglG – Verfassungsmäßigkeit externer Teilung

1. Der Versorgungsausgleich kann verfassungswidrig sein, wenn bei der verpflichteten Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies entsprechend im Erwerb eines selbständigen Anrechts für die berechtigte Person auswirkt. Transferverluste aufgrund externer Teilung können zur Zweckverfehlung der Kürzung des Anrechts und damit zu deren Verfassungswidrigkeit führen (Klarstellung zu BVerfGE 53, 257 <302 f.>; 136, 152 <169 ff. Rn. 40 ff.>).

2. Art. 14 Abs. 1 GG schützt bei dem Versorgungsausgleich neben der ausgleichspflichtigen Person auch die ausgleichsberechtigte Person selbst. Transferverluste aufgrund externer Teilung sind auch an ihrem Eigentumsgrundrecht zu messen.

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Gudrun Lies-Benachib

Geschlechtergerechtigkeit im Versorgungsausgleich | Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 2020 – 1 BvL 5/18

1. Einleitung
Am 26. Mai 2020 hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag des OLG Hamm zurückgewiesen, § 17 VersAusgIG für verfassungswidrig zu erklären. Wer glaubt, dass damit die Stimmen ungehört verhallt sind, die die gleichheitswidrigen Effekte dieser Vorschrift seit Jahren anprangern, täuscht sich. Im Gegenteil ist dem Bundesverfassungsgericht etwas Außergewöhnliches geglückt: Innerhalb des zurückgewiesenen Normenkontrollantrags, der sich notgedrungen auf eine Einzelvorschrift beziehen musste, hat das Bundesverfassungsgericht wie bei einer Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde das Zusammenwirken mehrerer Vorschriften überprüft. Im Ergebnis hat das Bundesverfassungsgericht der verfassungsrechtlich nicht haltbaren Situation für die im Versorgungsausgleich ausgleichsberechtigten Personen ein Ende gesetzt. Weil dies zu rund 90 % Frauen sind, muss man das Urteil als Sieg für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen an den während einer Ehe erworbenen Rentenanrechten sehen.

Preis: 3.00 EUR

Harriet Hoffmann-Baasen, Zümrüt Turan-Schnieders

Anwaltliche Praxis im Familienrecht aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 26.5.2020 – 1 BvL 5/18

Diese Entscheidung verändert die anwaltliche (Beratungs-) Tätigkeit zwar nicht grundlegend, soll aber Anlass sein, die besonderen Anforderungen und Gefahren für Versorgungsausgleichverfahren zu verdeutlichen.
In der Entscheidung wurde es als verfassungsgemäß erachtet, bei betrieblichen Anrechten aus Direktzusage und Unterstützungskasse die externe Teilung über die Wertgrenze des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG hinaus in den Grenzen des § 17 VersAusglG zu erlauben (BVerfG, Urteil vom 26. Mai 2020 – 1 BvL 5/18 –, Rn. 102, juris).

Preis: 3.00 EUR

Stimmen aus der STREIT-Redaktion

Zum Urteil des BVerfG zum Versorgungsausgleich vom 26.5.2020

Stimme 1: Rechtsanwältin Ute Stöcklein, Berlin
Ich bin weder mit dem BVerfG-Urteil noch mit dessen positiver Würdigung froh. Das Urteil gibt allenfalls „Steine statt Brot“ für die Frauen, aber viel Arbeit für die Anwältinnen und für die Familiengerichte. Einen „Sieg für die Geschlechtergerechtigkeit“ sehe ich nicht, und auch nicht die Lösung der differenzierten Berechnungsfragen über „angepasste Berechnungsprogramme zum Versorgungsausgleich“. Nun soll im Scheidungsverfahren, einem familienrechtlichen Massengeschäft, in jedem Einzelfall das Familiengericht im gegebenen Fall zusätzlich erst aufklären, ob für die ausgleichsberechtigte Frau bei dem Zielversorgungsträger eine „verfassungsrechtlich ausreichende Versorgung“ begründet wird, und dann den vom Quellversorgungsträger an den Zielversorgungsträger als Kapitalbetrag zu zahlenden Ausgleichswert so festsetzen, dass „übermäßige Transferverluste“ verhindert werden.

Preis: 3.00 EUR

Urteil des BSG mit Anmerkung

Elterngeld für wirtschaftlich nicht aktive Kroatin aus Beitrittsgebiet

Angehörige der Europäischen Union haben beim übrigen Vorliegen der Voraussetzungen Anspruch auf Elterngeld, solange der Verlust ihres Freizügigkeitsrechts nicht förmlich festgestellt ist.
Den Elterngeldstellen steht dabei im Rahmen des § 1 Abs. 7 BEEG keine eigene Prüfungskompetenz für das Bestehen oder Nichtbestehen eines materiellen Freizügigkeitsrechts von Unionsbürgerinnen nach dem FreizügG/EU zu.
Das Freizügigkeitsrecht einer Unionsangehörigen wird vermutet, solange sein Fehlen oder Verlust nicht förmlich festgestellt ist.
Dies gilt auch für Angehörige der Beitrittsstaaten, die hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt Beschränkungen unterliegen.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des BSG vom 27.03.2020 – B 10 EG 5/18 R

Zum Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin als kroatische Staatsangehörige und Unionsbürgerin Elterngeld zusteht.
Die Klägerin lebt seit Dezember 2012 in Deutschland. Sie ist Mutter zweier 2012 und 2013 geborener Kinder und ihrer am 4.4.2015 geborenen Tochter A. (nachfolgend A).

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Malin Bode

Elterngeld ohne Ausnahmen – Auch eine Anmerkung zum Urteil des BSG vom 27.03.2020 – B 10 EG 5/18 R

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.3.2020 zum Elterngeldbezug stellt fest, dass auch eine wirtschaftlich nicht aktive EU-Bürgerin aus einem Beitrittsland – hier Kroatien -, in der Zeit der Beschränkungen in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit (hier bis zum 30.6.2015) Anspruch auf Elterngeld hat.
Die Klägerin hat gemäß § 1 Abs. 1 BEEG Anspruch auf Elterngeld, denn sie erfüllt alle gesetzlichen Voraussetzungen. Sie hat im April 2015 ein Mädchen geboren, sie erzieht und betreut ihr Kind selbst und das Kind lebt mit ihr in ihrem Haushalt, die Klägerin geht keiner (vollen) Erwerbstätigkeit nach. Die Entscheidung stellt klar, dass die Klägerin des Verfahrens als EU-Angehörige wie eine Inländerin zu behandeln ist.

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Beschluss des OLG Hamm

Ehevertrag sittenwidrig wegen benachteiligender Einzelregelungen

1. Ehevertragliche Einzelregelungen zu einem weitgehenden Ausschluss des nachehelichen Unterhalts (bis auf den Betreuungsunterhalt) sowie zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs können zur objektiven Sittenwidrigkeit führen, wenn sie im Zusammenwirken erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung eines der Ehegatten abzielen.
2. Wirtschaftliche Abhängigkeit sowie eine sprachliche Unterlegenheit im Beurkundungsverfahren können eine subjektive Vertragsimparität des benachteiligten Ehegatten ergeben.
3. Ergibt sich die Sittenwidrigkeit der Einzelregelungen in einem Ehevertrag aus ihrem objektiven Zusammenwirken und der subjektiven Imparität der Ehegatten, führt dies zur Nichtigkeit des ganzen Ehevertrages. Sämtliche Scheidungsfolgesachen sind nach den gesetzlichen Vorschriften zu regeln.
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Hamm, Beschluss vom 23.01.2020 – II-4 UF 86/17

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Urteil des ArbG Solingen

Fristlose Kündigung nach sexueller Belästigung (Aufmalen der Brustumrisse auf Arbeitskittel)

1. Das Umranden der Brust einer Arbeitskollegin mittels Textmarker ist kein Scherz, sondern sexuelle Belästigung und wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung i.S.d. § 626 BGB.
2. Ähnlich wie bei einem „Griff in die Kasse“ muss jedem Arbeitnehmer bewusst sein, dass sexuelle Belästigungen jeglicher Art absolut nicht tolerierbar sind und bereits bei einmaligem Vorkommnis das Vertrauen in die Integrität und in das arbeitsvertragliche Pflichtverhalten des Arbeitnehmers unwiederbringlich zerstört ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 04.02.2020, 2 Ca 917/19

Aus dem Sachverhalt:
Der Kläger ist seit dem 07.08.2007 als Pharmakant bei der Beklagten […] beschäftigt. […] Mit Schreiben vom 06.08.2019, am selben Tag zugestellt, erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

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Heike Dieball

Buchbesprechung: Jutta Bahr-Jendges – Von Grenzgängen einer feministischen Anwältin

Mit dem Zitat von Simone de Beauvoir „Frauen, die nicht fordern, werden beim Wort genommen – sie bekommen nichts“ beginnt die fast 450 Seiten umfassende Romanbiografie von Jutta Bahr-Jendges, deren Verkörperung sich in der Romanfigur Clara entwickelt. Nach eigener Erklärung der Autorin ist dies „kein wissenschaftliches Werk“ (S. 429), obgleich sie an zahlreichen Stellen Theorie und Praxis klug verknüpft und vermittelt.

Die Autorin wurde 1943 am Niederrhein im Sternzeichen Steinbock (S. 124) geboren, lebt in Bremen und hat u. a. mehrere Jahrzehnte insbesondere als „Frauenrecht-anwältin“ im Strafrecht, Familien-, Kindschafts- und Erbrecht sowie als Notarin gewirkt.

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