STREIT 2/2017
S. 90
Ausweitung des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss – Mehrwert für alleinerziehende Frauen?
Mit sechs Monaten Verspätung gegenüber der ursprünglichen Planung ist das geänderte Unterhaltsvorschussgesetz (UVorschG) zum 1.7.2017 in Kraft getreten. Was bringt es den allein erziehenden Frauen, die etwa 90 % der Alleinerziehenden stellen, und ihren minderjährigen Kindern? Was hat sich nicht geändert?
Die wesentlichen Verbesserungen sind die Abschaffung der Höchstbezugsdauer, die ursprünglich 6 Jahre betrug, und die Ausweitung des Leistungsanspruchs grundsätzlich auf alle Minderjährigen unabhängig von ihrem Alter, also auf Kinder nach Vollendung des 12. Lebensjahres. Gezahlt wird künftig, wenn es sein muss, von Geburt an bis zum 18. Lebensjahr.Daraus folgt den Berechnungen des Gesetzgebers zufolge, dass mit mindestens 120.000 zusätzlichen Anträgen zu rechnen ist mit Kosten von weiteren 250 Millionen Euro.
Auf den Anspruch wird weiterhin das Kindergeld in voller Höhe des Kindergeldes für ein erstes Kind angerechnet, so dass der Unterhaltsvorschuss mit aktuell monatlich 150 €, 201 € und 268 € jeweils 92 € unter dem liegt, was ein Unterhaltspflichtiger als Mindestunterhalt zu zahlen hätte. Dass sonstiges Einkommen des Kindes angerechnet wird, unterscheidet sich hingegen nicht von der Rechtslage bei Anspruch auf Kindesunterhalt. Das gilt für Teilunterhaltsleistungen ebenso wie für Einkünfte aus Waisenrenten oder (künftig) Ausbildungsbezüge. 
Für verdienende Mütter, die ihren eigenen Lebensunterhalt mit Erwerbs- oder sonstigem Einkommen sichern können, bedeuten beide Ausweitungen des Leistungsbezugs eine deutliche Verbesserung: sie erhalten Unterhaltsvorschussleistungen auch für ältere Kinder und auch nach bereits langem Leistungsbezug. Mit älteren Kindern haben Frauen oft bessere Erwerbschancen, insbesondere in Kommunen mit Ganztagsschulen, und sind nicht von Sozialleistungen abhängig. Sie haben künftig real mehr Geld für ihre Familie zur Verfügung. 
Uneinheitlich ist hingegen das Bild für Familien, die im Hartz IV-Bezug leben. Drei Viertel der unterhaltsberechtigten Kinder haben Anspruch auf Unterhaltsvorschuss und auf Grundsicherung nach SGB II oder SGB XII gleichzeitig. Weil der Unterhaltsvorschuss in voller Höhe auf die Grundsicherungsleistungen angerechnet wird, verbessert sich
die Einkommenssituation dieser Familien nicht. Kinderarmut wird auch unter dem verbesserten Unterhaltsvorschussgesetz Realität vieler Familien von Alleinerziehenden sein. 
Für Kinder über 12 Jahre besteht ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss interessanter Weise erst, wenn der allein erziehende Elternteil ein eigenes Einkommen von mindestens 600,00 € brutto hat. Das sind im Hartz IV-Zusammenhang die Aufstockerinnen. Diese Regelung mag deutlich pädagogische Züge haben. Immerhin birgt sie die Möglichkeit, dass sich Mütter, deren eigenes Einkommen sie selbst, wenn auch knapp, ernähren würde, mit Hilfe des (längeren) Bezugs von Unterhaltsvorschuss aus dem Hartz IV-Leistungsbezug verabschieden können.
Der Skandal aber bleibt und weder die Gesetzgebung noch die Verwaltung haben bislang geeignete Gegenmaßnahmen entwickelt: der Verstoß zigtausender (meist) Väter gegen ihre Unterhaltspflicht bleibt praktisch sanktionslos – und lohnt sich finanziell. Anzeigen wegen Unterhaltspflichtverletzung werden von Seiten der Polizei und Staatsanwaltschaften praktisch nicht bearbeitet. Ein Delikt, das in großer Zahl und fortgesetzt begangen wird, spielt in den Strafverfahren der Amtsgerichte praktisch keine Rolle. Der Staat, der selbst kleinste Übertretungen mit Bußgeld ahndet und für jede nicht gefütterte Parkuhr umgehend einen Bescheid ins Haus schickt und diesen auch zeitnah vollstreckt, zeigt sich unwillig, geeignete Strukturen zu entwickeln, um die Leistungsfähigkeit unterhaltspflichtiger Väter zu überprüfen, Unterhaltstitel zu schaffen und zu vollstrecken, bevor Verwirkung oder Verjährung eintreten. Außer in Bayern gibt es in keinem Bundesland zentrale Stellen für die Realisierung von Unterhaltsforderungen der Kinder. Deshalb gilt leider weiterhin: Unterhaltspflichtverletzung lohnt sich für Väter und ist für diese ohne Risiko – zum Nachteil ihrer Kinder.