STREIT 2/2019

S. 63-66

OLG Frankfurt am Main, § 1615l BGB, § 243 FamFG

Betreuungsunterhalt für nichteheliche Mutter unabhängig von neuer Partnerschaft

§ 1579 BGB ist bei einem Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB nicht anwendbar, weil hier § 1611 BGB eine spezielle Regelung mit einem strengeren Maßstab enthält. Das Zusammenleben mit einem (neuen) Partner kann daher weder in analoger Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB noch in wertender Betrachtung über § 1611 BGB die Annahme einer Unterhaltsverwirkung rechtfertigen, wenn nicht andere Verfehlungen im Sinne des § 1611 BGB auf eine grobe Unbilligkeit schließen lassen.
(Leitsatz der Redaktion)

Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 03.05.2019

Aus den Gründen:
I.
Die am ….2014 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Tochter des Antragsgegners und der Antragstellerin zu 2). Die Eltern sind nicht miteinander verheiratet und leben voneinander getrennt, wobei das Kind von der Mutter betreut und versorgt wird. Der Kindesunterhalt ist tituliert durch Jugendamtsurkunde der Stadt 1 vom 20.5.2014 (Urkundenbuch-Nr. …/14) in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts ab dem….2014.
Die Antragstellerin zu 2) (Jahrgang 198x) ist Bankkauffrau mit einem akademischen Studienabschluss als … und hat vor der Geburt des Kindes bei vollschichtiger Tätigkeit bei der Bank 1 inclusive Boni rund 2.800 € mtl. netto verdient. In der Zeit von Juni 2014 bis Februar 2015 hat sie Elterngeld erhalten, seit März 2015 – damals war das Kind … alt – ist sie wieder erwerbstätig, und zwar zunächst mit 23 Wochenstunden und seit März 2016 wieder mit voller Stelle, wobei sie allerdings bis 2017 noch keine Boni erhielt, weil diese sich an den Leistungen im vollzeitigen Vorjahr orientieren.
Der Antragsgegner (Jahrgang 197x) arbeitet bei der X. Er verdient mtl. rund 4.800 € mtl. netto und erhielt von seinem Arbeitgeber zeitweise kostenlos eine Netzcard 100 für die 1. Klasse, die er auch privat nutzen durfte. […]
Die Antragstellerinnen haben den Antragsgegner in dem vorliegenden Verfahren auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 136 % des Mindestunterhalts ab dem….2014 (zunächst fälschlicherweise nicht als Abänderungsantrag, sondern mit den vollen Zahlbeträgen beantragt), von Betreuungsunterhalt in Höhe von 34.950 € für die Zeit von Juni 2014 bis Januar 2017 – insoweit als offene Teilklage, Nachforderungen für spätere Zeiträume sich vorbehaltend – sowie eines weiteren Betrages von 2.583 € für die Zeit von Oktober 2014 bis Mai 2017 zzgl. mtl. 220 € ab Juni 2017 wegen entstandener Kinderkrippenkosten für unter 3-Jährige bzw. sodann Kindergartengebühren unter dem Gesichtspunkt des Mehrbedarfs des Kindes, zu zahlen an dieses, hilfsweise unter dem Gesichtspunkt berufsbedingter Aufwendungen der Mutter, zu zahlen an diese, in Anspruch genommen. […]
Der Antragsgegner hat sich angesichts seiner Einkommensverhältnisse nur in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts für unterhaltspflichtig gehalten und unter anderem behauptet, dass es erforderlich gewesen sei, zwecks Durchführung von Umgangsbesuchen in Stadt 2 eine Wohnung für mtl. 410 € zu mieten, weshalb sein Einkommen entsprechend zu bereinigen sei. Hinsichtlich des Betreuungsunterhalts hat sich der Antragsgegner wegen zunächst lückenhafter Darstellung der Zinseinkünfte und Steuererstattungen durch die Antragstellerin zu 2) sowie in Hinblick auf ihr Zusammenleben mit einem Lebensgefährten seit spätestens März 2015 auf Verwirkung berufen. Er hat zudem die Ansicht vertreten, dass sich die Antragstellerin zu 2) jedenfalls ein fiktives Einkommen für nach seiner Behauptung zu Gunsten ihres Lebensgefährten erbrachte Haushaltsführungsarbeiten zurechnen lassen müsse. […]
Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 11.10.2017 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerinnen am 13.11.2017 (Montag) Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis zum 11.01.2018 verlängerten Frist begründet. […]

II.
1) Die Beschwerden der Antragstellerinnen sind gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig […]. […]
b) Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB
aa) Der Anspruch der Antragstellerin zu 2) gegen den Antragsgegner auf Zahlung von Betreuungsunterhalt folgt aus § 1615l Abs. 2 S. 1 bis 3, Abs. 3 S. 1 BGB in Verbindung mit § 1610 Abs. 1 BGB. […]
Der Senat hat, weil hier nur ein Teilantrag vorliegt, auch nicht darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin zu 2) auch weiterhin ein Betreuungsunterhaltsanspruch zusteht, der keineswegs automatisch mit der Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes endet (vgl. § 1615l Abs. 2 S. 4, 5 BGB sowie Götz, FamRZ 2018, 1474 [1476]).
bb) Die Höhe des geschuldeten Unterhalts bzw. der Bedarf richtet sich grundsätzlich nach der Lebensstellung der Mutter. War sie – wie hier – bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig, richtet sich ihr Bedarf nach dem Einkommen, welches sie ohne die Geburt des Kindes zur Verfügung hätte. Die Lebensstellung der Antragstellerin zu 2) war vor der Geburt des Kindes durch ihre Vollzeitbeschäftigung als Bankkauffrau mit einem akademischen Studienabschluss geprägt, wobei sie zuletzt inclusive Boni rund 2.800 € mtl. netto verdient hatte. Dieser Betrag ist Ausgangspunkt der anzustellenden Erwägungen, wobei der Bedarf nach der Rechtsprechung des BGH nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben ist, so dass sich, etwa infolge der allgemein üblichen Gehaltssteigerungen, im Laufe der Jahre ein höherer Bedarf ergeben kann (BGH FamRZ 2015, 1369 ff).
Bedarfsdeckend sind anzurechnen bis einschließlich Februar 2015 die den Sockelbetrag des monatlichen Elterngeldes gemäß § 11 Bundeselterngeldgesetz übersteigenden Beträge in Höhe von mtl. 1.231,41 € sowie ab März 2015 nach zunächst teilschichtiger und sodann ab März 2016 vollschichtiger Arbeitstätigkeit der Antragstellerin zu 2) die von ihr erzielten Einkünfte.
Dass die Antragstellerin zu 2) für ihren damaligen Lebensgefährten Versorgungsleistungen erbracht hätte und dieser hierfür (fiktiv) ein Entgelt hätte zahlen können, welches sie sich, ihre Unterhaltsbedürftigkeit weiter mindernd, hätte anrechnen lassen müssen, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.

Weil die Antragstellerin während der ersten drei Lebensjahre des Kindes nach dem Gesetz grundsätzlich keiner Arbeitstätigkeit nachgehen musste und die von ihr gleichwohl erzielten Einkünfte damit überobligatorisch waren, sind die Einkünfte aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit nur im Rahmen der Angemessenheit anzurechnen (§ 1577 Abs. 2 BGB analog, vgl BGH 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442; OLG Hamm 3.11.2010 – II-8 UF 138/10, FamRZ 2011, 1600). Unabhängig davon, in welchem Umfang die Einkünfte der Antragstellerin zu 2) überhaupt anrechenbar wären, lag der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 2) auch unter Berücksichtigung des Elterngeldes und der eigenen anrechenbaren Einkünfte im gesamten Unterhaltszeitraum nach Auffassung des Senats höher als von ihr geltend gemacht. Denn nach § 1615l BGB könnte sie die Differenz zwischen dem Einkommen vor der Geburt und dem (anrechenbaren) Einkommen nach der Geburt des Kindes verlangen. Eine vollschichtige Beschäftigung neben der Betreuung des unter dreijährigen Kindes war in jedem Fall überobligatorisch (Wendl/Dose-Bömelburg, a.a.O., Rdnr. 133 zu §7; BeckOK BGB-Reinken, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 49. Edition, Stand: 01.02.2019, Rdnr. 16a zu § 1615l BGB).
Der Senat hält es für angemessen, der Antragstellerin ihre Einkünfte soweit anrechnungsfrei zu belassen, als diese monatlich 1.080 € – entsprechend dem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners – übersteigen. Sie hat mit ihrer überobligatorischen, nur durch eine ausgedehnte Fremdbetreuung des Kindes möglichen Erwerbstätigkeit auch ihren – vorherigen – Lebensstandard aufrecht erhalten wollen, den der Antragsgegner durch Unterhaltszahlungen unstreitig nicht sicher stellen konnte. Die durch diese Anstrengung erzielte Einkommensverbesserung muss ihr zu einem Anteil belassen werden, der sie spürbar entlastet und von den Früchten der überobligatorischen Tätigkeit profitieren lässt. Der Antragsgegner selbst hat sich nach dem Senatstermin vom 01.08.2018 dahingehend geäußert, dass er dies für „fair und gerecht“ halte. Es ergibt sich insoweit die folgende Aufstellung der anrechenbaren Einkünfte der Antragstellerin zu 2): […]

jj) Der von dem Antragsgegner erhobene Verwirkungseinwand greift nicht.
Soweit der Antragsgegner moniert, dass die Antragstellerin zu 2) sich „beharrlich über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren“ geweigert habe, Auskunft über ihr Steuerguthaben und ihre Kapitaleinnahmen zu erteilen, liegt schon kein erhebliches Vorbringen vor, welches eine Verwirkung nach §§ 1615l Abs. 3 S. 1, 1611 Abs. 1 BGB zu begründen vermag. Letztlich sind hier monatlich 7,44 € anzurechnen, ein Betrag, der kaum erheblich genug ist, die „schwere Verfehlung“ im Sinne des § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB oder grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1611 Abs. 1 S. 2 BGB annehmen zu können. Der Antragsgegner verkennt im Übrigen auch, dass das Verhalten des Unterhaltspflichtigen bei der Bewertung der groben Unbilligkeit im Sinne des § 1611 BGB berücksichtigt wird (beck-online Großkommentar – Haidl, Hrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.02.2019, Rdnr. 51 zu § 1611 BGB). In diesem Zusammenhang kann also nicht außer Acht bleiben, dass die Antragstellerin zu 2) in ihrem Auskunftsverhalten bereitwilliger erscheint als der Antragsgegner, der erst auf gerichtliche Auflage hin den bis dahin verschwiegenen, im Jahr 2014 erhaltenen Steuerbescheid vorgelegt hat. Vergleichbares gilt hinsichtlich der Beitragsrückerstattungen von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, welche erst nach gerichtlicher Anfrage offengelegt worden sind, sowie bezüglich des anfänglichen Schweigens des Antragsgegners zu den erhaltenen Kinderbetreuungszuschüssen. Auch das bis zuletzt aufrechterhaltene – wahrheitswidrige – Beharren des Antragsgegners darauf, dass er sich bei der Abgabe seiner Steuererklärungen während des hier maßgeblichen Drei-Jahres-Zeitraums „wie immer“ verhalten habe, lässt nicht die Antragstellerin zu 2), sondern eher ihn als denjenigen Beteiligten erscheinen, der es mit der Redlichkeit nicht immer ganz genau gehalten hat (vgl. zur Schwere der Verfehlung und zur Abwägung unter Berücksichtigung des Fehlverhaltens des Unterhaltsschuldners BeckOK BGB – Reinken, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 49. Edition, Stand: 01.02.2019, Rdnr. 4 zu § 1611 BGB).

Der Verweis des Antragsgegners darauf, dass die Antragstellerin zu 2) mit ihrem früheren Lebensgefährten in einer verfestigter Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB gelebt habe, greift ebenfalls nicht. Insoweit ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die vorgenannte Vorschrift auf den Betreuungsunterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter analog anwendbar ist (so Koch-Wellenhofer, Handbuch Unterhaltsrecht, 13. Aufl. 2017, dagegen z. B. OLG Nürnberg, NJW 2011, 939 [940]; Erman/Hamermann, 14. Auflage 2014, § 1615l Rdnr. 48; de lege lata ebenfalls verneinend MünchKomm-Born, 7. Auflage 2017, § 1615l Rdnr. 64; vom BGH (FamRZ 2008, 1739 [1744]) ausdrücklich offengelassen, ebenso von Götz, FamRZ 2018, 1474 [1478]).
Nach Auffassung des Senats ist als Verwirkungsvorschrift hier allein § 1611 BGB einschlägig, da der Betreuungsunterhalt auch nach der Reform im Jahr 2008 den Regelungen des Verwandtenunterhalts unterworfen worden ist. Eine Anwendung des für die Unterhaltsansprüche von Ehegatten untereinander geltenden § 1579 BGB scheidet aus. Eine Analogie kommt nicht in Betracht, weil es angesichts der im Verwandtenunterhalt geltenden Verwirkungsvorschrift des § 1611 BGB bereits an einer Regelungslücke fehlt (a.A.: Koch-Wellenhofer, Handbuch Unterhaltsrecht, 13. Aufl. 2017, Rdnr. 48 zu § 3). Die Anwendung ist auch nicht im Rahmen der Kontrollberechnung geboten, um eine gleichheitswidrige „Besserstellung“ der nichtehelichen Mutter im Verhältnis zur ehelichen Mutter zu verhindern (so Wellenhofer, a.a.O.). Denn durch eine so weit gehende Kontrollerwägung würde ein anderer Maßstab als der des § 1611 BGB zu Lasten der Mutter des nichtehelichen Kindes Anwendung finden, als vom Gesetzgeber vorgesehen.
Die vom Senat im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung für richtig erachtete Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes führt nur zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach. Für den Unterhaltsanspruch dem Grunde nach ist die Entscheidung des Gesetzgebers – die hier allein die Anwendung des § 1611 BGB rechtfertigt – bindend. So gilt zweifelsohne das Verzichtsverbot des § 1614 BGB für den Unterhalt der nichtehelichen Mutter, während auf den Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB verzichtet werden kann. Eine absolute Gleichstellung der Unterhaltsansprüche ist mit der Reform des § 1615l BGB durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3189) gerade nicht erfolgt (vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT – Drucksache 16/1830, S. 31). So ist weder eine Bedarfsbemessung nach den finanziellen Verhältnissen während des nichtehelichen Zusammenlebens eingeführt worden, noch erhält die nichteheliche Mutter einen Ausgleich für etwaige, nach Ende der Betreuung des Kindes fortbestehende berufliche und finanzielle Nachteile. Auch Altersvorsorgeunterhalt kann die nichteheliche Mutter nach ganz herrschender Meinung nicht beanspruchen (s.o.). Nach Auffassung des Senats ist daher – abgesehen von der Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes – bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs nicht davon auszugehen, dass weitere Begrenzungen aus dem Ehegattenunterhaltsrecht wie etwa die speziell für den Ehegattenunterhalt geltende Verwirkungsregelung des § 1579 BGB in Betracht kommen.
Es ist auch nicht „interessengerecht“, entgegen der klaren Verweisung des § 1615l BGB Abs. 3 S. 1 BGB auf den Maßstab des § 1611 BGB die Wertungen des § 1579 BGB auf den Anspruch der nichtehelichen Mutter zu übertragen (so MünchKomm – Maurer, 7. Auflage 2017, Rdnr. 6 zu § 1579 BGB). Diese Annahme gilt sicherlich für den unterhaltspflichtigen nichtehelichen Vater, nicht jedoch für die Mutter, die eine Beziehung zu einem anderen Partner aufrechterhält. Diesem würde bei Geburt des Kindes und Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB faktisch eine Unterhaltslast aufgebürdet, weil die Betreuung des Kindes die Erwerbsmöglichkeiten der Mutter erheblich einschränkt. Gleichzeitig wäre die nichteheliche Mutter auf die lediglich sozialhilferechtlich abgesicherten Ansprüche gegenüber diesem Partner verwiesen, der ihr nach bürgerlich-rechtlichen Maßstaben unter keinem Gesichtspunkt Unterhalt schuldet. Ihrem Interesse nach finanzieller Absicherung entspricht eine derartige Anwendung daher keineswegs.
Der Senat hält § 1579 Nr. 2 BGB letztlich deswegen nicht für anwendbar, weil der dem Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB zugrundeliegende Grundgedanke der Lösung des früheren Ehegatten aus der nachehelichen Solidarität (vgl. BT-Drs. 16/1830, S. 21) für Paare, die sich gerade nicht zu einer Heirat entschlossen haben, nicht greift. Das gilt insbesondere für solche Konstellationen, in denen die Eltern zu keinem Zeitpunkt ein eheähnliches Verhältnis geführt haben, beispielsweise im Fall der Zeugung eines Kindes mit einer Frau, die bereits in einer festen Beziehung mit einem anderen Mann lebt (vgl. dazu richtig KG Berlin, Beschluss vom 8. 10. 2014 – 3 UF 38/14 -, zitiert nach juris, Rdnr. 20,21). Aber auch für die Paare, die ohne Trauschein zusammengelebt haben und aus deren – gescheiterter – Beziehung Kinder hervorgegangen sind, sind erhebliche Unterschiede festzustellen: Sie haben die rechtliche Verbindlichkeit einer Ehe gerade nicht für sich gewählt. Die positiven und negativen Konsequenzen daraus müssen beide tragen. § 1579 BGB zu Lasten der nichtehelichen Mutter in Anwendung zu bringen hätte letztlich zur Folge, dass sie den nach wie vor schwächer ausgestalteten Unterhaltsanspruch nach den strengeren Billigkeitsvorstellungen des § 1579 BGB zugwiesen erhielte. Das ist nach Auffassung des Senats kein ausgewogenes oder gar gebotenes Auslegungsergebnis.
Das Zusammenleben mit dem Partner kann nicht als grobe Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 BGB gewertet werden. Damit ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 2) nicht verwirkt. […]

Hinweis der Redaktion:
Das OLG Frankfurt am Main behandelt in seinem sehr ausführlichen Beschluss eine Vielzahl von typischen unterhaltsrechtlichen Problemen des Kindesunterhalts und Betreuungsunterhalts detailliert und fundiert. Hinzukommen viele nachvollziehbare Berechnungen. Der ungekürzte Beschluss ist deshalb allen Familienrechtspraktikerinnen zur Lektüre empfohlen.
Das OLG Frankfurt am Main hat gegen seinen Beschluss die Rechtsbeschwerde zum BGH gem. § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt, der Beschluss ist rechtskräftig.