STREIT 2/2019
S. 67-70
KG, §§ 1606 Abs. 3, § 1612 Abs. 1 S. 1, 1629 Abs. 2 S. 2 BGB
Wechselmodell: Voraussetzungen und Kindesunterhalt
1. Bei einer Betreuung des gemeinsamen Kindes durch beide Elternteile im Verhältnis von 45% zu 55% kann von einem unterhaltsrechtlichen paritätischen Wechselmodell, bei dem beide Elternteile quotal für den Unterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben, noch keine Rede sein.
2. Der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sorge- und Umgangssachen (Beschluss vom 1. Februar 2017 – BGH Az.: XII ZB 601/15, BGHZ 214, S. 31) anerkannte Grundsatz, dass ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht, kann vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element herangezogen werden, um die Frage zu entscheiden, ob ein spezifisches, von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann: Denn ohne eine gewisse Basis bei der Kommunikation und Kooperation der Eltern ist es auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht vorstellbar, wie die Eltern in der Lage sein wollen, die mit zunehmenden Alter des Kindes immer wichtiger werdenden organisatorischen Aspekte der Kinderbetreuung im Wechselmodell wahrzunehmen.
3. Zur Frage, ob der vom pflichtigen Elternteil geschuldete Barunterhalt zu mindern ist, weil der betreffende Elternteil für das unterhaltsberechtigte Kind regelmäßig Bekleidung kauft, Reisen finanziert oder sonstige Ausgaben bestreitet.
Beschluss des Kammergerichts (Senat) vom 15.04.2019 – 13 UF 89/16
Aus den Gründen
Die Beteiligten streiten über den Kindesunterhaltsanspruch der am … 2008 geborenen Antragstellerin gegen den Antragsgegner, ihren Vater.
Der Antragsgegner ist Beamter der B… und arbeitete zunächst Vollzeit im Schichtdienst. Aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Dienstherrn arbeitete er ab dem 1. April 2016 lediglich noch mit 80% seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Er hat seit November 2012 ein Gewerbe […] angemeldet. Die elterliche Sorge für die Antragstellerin steht beiden Eltern gemeinsam zu. Im März 2012 trennten sich die Eltern. Die Betreuung der Antragstellerin wurde von ihnen zunächst so gehandhabt, dass der Antragsgegner diese alle fünf Tage für vier volle Tage betreute (innerhalb eines 9-Tage-Zeitraums an vier Tagen); die Übergabe erfolgte jeweils am Abend des letzten Betreuungstages. Am 7. Oktober 2016 einigten sich die Eltern im Verfahren Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, dass der Antragsgegner die Antragstellerin innerhalb eines Blocks von insgesamt zwanzig Tagen – der Schichtdienst des Antragsgegners gestaltet sich so, dass an eine fünftägige Blockarbeitszeit sich fünf Tage anschließen, an denen er nicht arbeiten muss und sodann wieder fünf Arbeitstage – die Antragstellerin an insgesamt 9 Tagen betreut, nämlich zunächst während eines Blocks von vier Tagen, dann, nach dem nächsten „Arbeitszeitblock“, an fünf weiteren Tagen. Der Wechsel findet an Schultagen jeweils nach der Schule statt; im Übrigen jeweils um 10 Uhr. Die Mutter der Antragstellerin und der Antragsgegner sind sich einig, dass die Betreuung der Antragstellerin ab Oktober 2017 zu 55% von der Mutter und zu 45% vom Antragsgegner wahrgenommen wird. Die Antragstellerin besucht nach der Schule den Hort; die Kosten hierfür werden allein von ihrer Mutter getragen. […]
Die Mutter der Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 28. März 2014, diesem (spätestens) am 1. April 2014 zugegangen, zur Zahlung von Kindesunterhalt ab April 2014 in Höhe von 273 €/Monat auf. Nachdem der Antragsgegner hierauf nicht reagierte, verlangte die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 14. April 2014 vom Antragsgegner die Erteilung von Auskunft und forderte ihn zur Zahlung des Mindestunterhalts ab April 2014 auf.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie lebe im Haushalt ihrer Mutter, die sie überwiegend betreue. Der Antragsgegner nehme ein umfangreiches Umgangsrecht wahr und betreue sie etwa ein Drittel der Gesamtzeit. Da das Einkommen des Antragsgegners – jedenfalls bis zu der Reduzierung der Arbeitszeit auf 80% – in die 3. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle falle, den Antragsgegner jedoch nur eine Unterhaltspflicht treffe, sei der geschuldete Unterhaltsbetrag der 4. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen. Sie bestreitet, dass sie von ihren Eltern im Wechselmodell betreut wird sowie weiter, dass der Antragsgegner Kosten für diverse Anschaffungen und sonstige Aufwendungen habe, die geeignet seien, ihren Barunterhaltsanspruch zu reduzieren. […]
b) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Mutter der Antragstellerin, wie das Familiengericht zutreffend herausgearbeitet hat, auch berechtigt, den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin gegen ihren Vater geltend zu machen:
(aa) Das ergibt sich aus § BGB § 1629 Abs. BGB § 1629 Absatz 2 Satz 2 BGB; danach kann bei gemeinsamer elterlicher Sorge derjenige Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gesetzlich vertreten. Das Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der also die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes nach Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnender Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereiter emotionaler Zuwendung vorrangig befriedigt oder sicherstellt. Für die Frage, ob ein Kind räumlich getrennt lebender Eltern im Residenzmodell oder im Wechselmodell betreut wird, kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 12. März 2014 – XII ZB 234/13, 917) dem zeitlichen Einsatz der Eltern bei der Betreuung des Kindes eine besondere Bedeutung zu. Anknüpfend an den Normzweck der Vorschrift, die Einleitung von Sorgerechtsverfahren nur mit dem Ziel einer späteren Austragung von Unterhaltskonflikten möglichst zu vermeiden, ist ein Elternteil bereits dann als Träger der Obhut anzusehen, wenn bei diesem Elternteil ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge für das Kind vorliegt. Es muss, worauf Klinkhammer (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [9. Aufl. 2015], § 2 Rn. 448) zutreffend hinweist, genügen, dass der Anteil eines Elternteils an Betreuung und Versorgung den Anteil des anderen geringfügig übersteigt.
(bb) Das ist hier aber bereits nach dem Vortrag des Antragsgegners unproblematisch gegeben. Nach seinem eigenen Vortrag hat er die Antragstellerin in den Jahren 2014 bis 2016 lediglich zwischen 44,24% und maximal 45,62% betreut, so dass diese von ihrer Mutter mit mindestens 54,38% bis zu maximal 55,76% der gesamten Betreuungszeit versorgt wurde. Ab der Einigung der Eltern im Umgangsverfahren, also ab Oktober 2016, wurde die Antragstellerin vom Antragsgegner zu 45% und zu 55% von ihrer Mutter betreut. Damit verfügt die Mutter über ein eindeutig feststellbares Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge für das Kind und das berechtigt sie nach dem Gesetz auch dazu, den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Antragsgegner geltend zu machen.
2. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. […] Im Einzelnen:
a) Ganz klarer Schwerpunkt des Beschwerdeangriffs, der sich wie ein „roter Faden“ durch das gesamte erst- und zweitinstanzliche Verfahren gezogen hat, ist die Rechtsauffassung des Antragsgegners, nur quotal, entsprechend den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Mutter und von ihm zum Barunterhalt der Antragstellerin beitragen zu müssen, weil das Kind „annähernd in einem Wechselmodell“ betreut werde:
(aa) Diese Auffassung ist in rechtlicher Hinsicht, worauf das Familiengericht zu Recht hingewiesen hat, nicht haltbar. Der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2014 – XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236) hebt deutlich hervor, dass die Regelung des § 1606 Absatz 3 Satz 2 BGB – grob vereinfachend: ein Elternteil betreut, der andere Elternteil bezahlt – solange nicht in Frage zu stellen ist, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Selbst bei einer „annähernd hälftigen Mitbetreuung“ verbleibt es bei einer Verteilung der Unterhaltshaftung entsprechend § 1606 Absatz 3 BGB. Bei der alleinigen Barunterhaltspflicht des mitbetreuenden Elternteil bleibt es selbst dann, wenn dessen Betreuungsanteil 46,67% erreicht (vgl. BGH, a.a.O.).
Anderes gilt nur bzw. erst dann, wenn die Eltern sich in der Betreuung des Kindes in der Weise abwechseln, dass jeder von ihnen „etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben“ wahrnimmt (vgl. BGH, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 12. März 2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917). Das umfasst auch die hälftige Aufteilung aller organisatorischer Dinge für das Kind, also die Absprache/Organisation von Arztterminen, von Schulveranstaltungen, Freizeitaktivitäten des Kindes, Hol- und Bringdienste für das Kind etc. Von den Eltern muss also, worauf in der Literatur deutlich hingewiesen wird, ein „strenges“ (paritätisches bzw. „striktes“) Wechselmodell praktiziert werden, bei dem die Eltern sich in der Betreuung des Kindes dergestalt annähernd bzw. fast 50%:50% abwechseln, so dass jeder von ihnen die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [9. Aufl. 2015], § 2 Rn. 449f.; Büte/Poppen/Menne-Menne, Unterhaltsrecht [3. Aufl. 2015], § 1606 Rn. 16; Eschenbruch/Schürmann/Menne-Schmidt, Kohne, Der Unterhaltsprozess [6. Aufl. 2013], Kap. 2 Rn. 518). Soweit das nicht erreicht ist, bleibt es auch dann bei der alleinigen Barunterhaltspflicht eines Elternteils, wenn der andere Elternteil einen weit über das „übliche“ Maß hinausreichenden Umgang wahrnimmt, der sich einer Mitbetreuung annähert.
(bb) An diesem Maßstab gemessen, ist klar, dass der Antragsgegner zwar einen erweiterten Umgang wahrnimmt, aber die Eltern mit Sicherheit noch kein „striktes“ Wechselmodell praktizieren. Tatsächlich kommt der Mutter, selbst nach den Berechnungen des Antragsgegners, die von der Mutter in Bezug auf einzelne Tage in Abrede gestellt werden (mit der Folge, dass sich ihr Betreuungsanteil möglicherweise erhöhen würde) in den Jahren zwischen 2014 und 2016 ein Betreuungsanteil zwischen 54,38% und 55,76% zu. Ab der getroffenen Elterneinigung von Oktober 2016 beträgt die Betreuungsquote der Mutter konstant 55%. Damit ist der Antragsgegner aber deutlich davon entfernt, „etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben“ wahrzunehmen. Eine Entscheidung, ab wann „etwa“ die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben ziffernmäßig erreicht ist, ist im vorliegenden Fall nicht veranlasst, weil die in Rede stehenden Anteile – der Betreuungsanteil des Antragsgegners erreicht maximal einen Wert von 45,62% – für ein klares Betreuungsübergewicht der Mutter sprechen. Daher bedarf es auch nicht der weiteren Prüfung, ob auch sämtliche organisatorischen Fragen für das Kind tatsächlich strikt hälftig wahrgenommen werden: Der Antragsgegner ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht. Wenn dagegen das Elternverhältnis erheblich konfliktbelastet ist, dann kommt ein Wechselmodell nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 – XII ZB 601/15, BGHZ 214, 31 = FamRZ 2017, 532; s. auch KG, Beschluss vom 13. April 2017 – 16 UF 8/17, FamRZ 2017, 1409).
Dieser eigentlich nur die Anordnung eines Wechselmodells in Sorge- und Umgangssachen geltende Grundsatz kann für die Frage, ob ein spezifisches, von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann, vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element mit herangezogen werden, weil es ohne eine gewisse Basis bei der Kommunikation und Kooperation der Eltern schlechterdings nicht vorstellbar ist, wie die Eltern in der Lage sein wollen, die (mit zunehmendem Alter des Kindes immer wichtiger werdenden) organisatorischen Aspekte der Kinderbetreuung wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall spricht dieser Gesichtspunkt – auch wenn es hierauf schon aufgrund des klaren zeitlichen Übergewichts des Betreuungsanteils der Mutter letztlich nicht weiter ankommt – gegen die Annahme eines strikten Wechselmodells, weil zwischen den Eltern praktisch überhaupt keine Kommunikation mehr stattfindet, sondern die zuletzt versuchten Beratungsgespräche in einer Erziehungsberatungsstelle aufgrund der verhärteten Fronten ergebnislos abgebrochen werden mussten. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass die Einbeziehung der jeweiligen Partner der beiden Elternteile in die Betreuung und die Organisation der Betreuung letztlich kein Ersatz dafür ist, dass die Eltern – der Antragsgegner und die Mutter der Antragstellerin – selbst miteinander kooperieren müssen und nicht bzw. nicht nur deren jeweiligen „Vertreter“ bzw. „Betreuungshelfer“.
(cc) Damit ist aber klar, dass der Antragsgegner (allein) barunterhaltspflichtig ist. Sein Beschwerdeangriff, wonach die Mutter der Antragstellerin die regelmäßigen (Bar-) Unterhaltskosten anteilig mitzutragen hätte, geht fehl. Hierauf wurde er vom Senat auch bereits mit Schreiben vom 6. Juni 2017 hingewiesen. Aus diesem Grund war die Antragstellerin auch nicht gehalten, Auskunft über die Einkommenssituation ihrer Mutter zu erteilen, da es aus Rechtsgründen hierauf nicht weiter ankam (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [9. Aufl. 2015], § 2 Rn. 211, 212, 206). […]
c) Soweit der Antragsgegner meint, der Barunterhalt, den er der Antragstellerin schuldet, sei weiter zu mindern, weil er ihr regelmäßig Bekleidung kaufe, Reisen finanziere etc., ist dazu folgendes zu sagen:
(aa) Bei derartigen Kosten ist danach zu differenzieren, ob sie zu einer teilweisen Deckung des kindlichen Bedarfs führen – also dem Kind Aufwendungen erspart bleiben, die eigentlich vom betreuenden Elternteil, zu dessen Händen der Kindesunterhalt gezahlt wird, mit den Mitteln des Barunterhalts hätten bestritten werden müssen – und solchen Kosten, die reinen Mehraufwand für die Ausübung des erweiterten Umgangs bilden und den anderen Elternteil nicht entlasten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 sowie Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [9. Aufl. 2015], § 2 Rn. 449). Die zuletzt genannte Kostenposition, der Mehraufwand infolge des erweiterten Umgangs, kann vom Antragsgegner nicht gesondert geltend gemacht werden, weil diese Kosten bereits pauschal, nämlich durch den Verzicht auf eine ansonsten gebotene Heraufstufung in der Gruppeneinteilung der Düsseldorfer Tabelle bzw. die durchgeführte Herabstufung bis hinab zum Mindestunterhalt, berücksichtigt wurden. In diese „Kostenkategorie“ fallen insbesondere erhöhte Fahrtkosten für die vermehrten Fahrten zur Ausübung des erweiterten Umgangs – solche scheinen hier nicht anzufallen, weil die Eltern in praktisch fußläufiger Entfernung zueinander wohnen – sowie eventuelle, durch den erweiterten Umgang bedingte erhöhte Wohnkosten. Dass derartige Kosten hier anfallen, ist nicht ersichtlich; dass das Eigenheim des Antragsgegners erweitert, vergrößert etc. wurde, um den Umgang mit der Antragstellerin auszuüben, ist nämlich nicht ersichtlich; hierzu fehlt Vortrag zum „Mehrbedarf“ an Wohnraum. Hiervon abgesehen, liegt die Annahme nahe, dass das Haus auch ohne den erweiterten Umgang in der Größe gebaut worden wäre, in der es errichtet wurde; dass es also an der Ursächlichkeit des erweiterten Umgangs für die tatsächliche Größe des Hauses fehlt. In diese Kostenkategorie fallen schließlich auch diejenigen Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass aufgrund des erweiterten Umgangs vermehrter (doppelter) Schulbedarf, Spielzeug, oder – trotz der grundsätzlichen Verpflichtung des obhutgewährenden Elternteils, das Kind zum Umgang mit der nötigen Bekleidung auszustatten – auch einmal das eine oder andere „Extrakleiderstück“ vorhanden sein muss bzw. anzuschaffen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. März 2017 – 13 WF 39/17, ZKJ 2017, 234 sowie MünchKomm/Hennemann, BGB [7. Aufl. 2017], § 1684 Rn. 36).
(bb) Bei der Durchsicht der vom Antragsgegner vorgelegten Aufstellungen ist klar, dass die „Masse“der von ihm geltend gemachten Mehraufwendungen Kosten sind, die auf den erweiterten Umgang zurückzuführen sind, etwa wenn der Antragsgegner doppeltes Schulmaterial, Trinkflaschen, Hausschuhe oder das eine oder andere preisgünstige Kleidungsstück bzw. Mützen, Tücher etc. für die Antragstellerin anschafft: Derartige Kostenpositionen sind von vornherein nicht gesondert zu berücksichtigen, weil diese bereits zu der pauschalen Herabstufung innerhalb der Düsseldorfer Tabelle geführt haben. Solche Kosten können nicht „doppelt“ – konkret und pauschal – angesetzt werden.
Auch wenn der Antragsgegner Sachen kauft, um damit in seinem Haushalt die Geburtstagsfeier des Kindes auszurichten bzw. diese zu dekorieren, so handelt es sich dabei nicht um eine Position, durch die der andere Elternteil entlastet wird: Derartige Kosten sind – wie übrigens auch die Kosten für Freizeitunternehmungen, Ausflüge, Geburtstagsgeschenke etc. seitens des Umgangsberechtigten während der Umgangszeit – üblicherweise vom Umgangsberechtigten zu tragen, hier also vom Antragsgegner.
Größere Spielsachen wie etwa ein Fahrrad oder Beiträge zu Sportvereinen etc. sind dagegen im Grundsatz aus dem Kindesunterhalt zu berichtigen. Das heißt aber auch, dass die Entscheidung, ob derartige Sachen erworben werden, also wann und zu welchem Preis das erfolgt, bei dem obhutgewährenden (anderen) Elternteil liegt: Es dürfte offensichtlich sein, dass ein umgangsberechtigter Elternteil nicht einfach Gegenstände/Positionen, von denen er meint, sie für die Ausübung des Umgangs zu benötigen, quasi einseitig „zu Lasten“ des Kindesunterhalts anzuschaffen und damit auf diese Weise seine Unterhaltszahlpflicht zu ermäßigen. Vielmehr hat insoweit eine Absprache zwischen den Eltern zu erfolgen. Im Rahmen dieser Absprache ist dann auch zu entscheiden, wo der betreffende Gegenstand – verbleibt bzw. ob der umgangsberechtigte Elternteil, wenn er beispielsweise im Einverständnis mit dem anderen Elternteil dem Kind ein Fahrrad kauft, das erworbene Fahrrad dem anderen Elternteil zur Verfügung stellt, damit das Kind dieses auch zu den Zeiten nutzen kann, zu denen es sich beim anderen (Obhuts-) Elternteil aufhält. Hierzu erfolgte keinerlei Vortrag. Der Antragsgegner hat insbesondere nicht vorgetragen, ob die Mutter der Antragstellerin mit der von ihm gewünschten „Verwendung“ des Kindesunterhalts einverstanden war bzw. eine entsprechende Absprache erfolgt ist. Denn der Antragsgegner, der den von ihm geschuldeten Kindesunterhalt grundsätzlich in Form einer Geldrente zu leisten hat (§ 1612 Absatz 1 Satz 1 BGB), ist nur dann berechtigt, anstelle der geschuldeten Geldzahlung einen Teil des Unterhalts in Sach- bzw. Naturalleistungen zu erbringen – der Erwerb eines Fahrrads, von Büchern oder sozialüblichen Geschenken, die das Kind bei Einladungen auf Kindergeburtstage übergibt, von Vereinsbeiträgen etc., stellen nichts anderes als derartige Sachleistungen dar – wenn er zuvor das Einvernehmen mit dem anderen Elternteil erzielt hat (vgl. Wendl/Dose-Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [9. Aufl. 2015], § 2 Rn. 21 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Dass ein derartiges Einvernehmen erzielt worden wäre, hat der Antragsgegner nicht behauptet; da zwischen den Eltern auch praktisch keine Kommunikation erfolgen soll, wäre das auch eher fernliegend. Im Ergebnis sind die vom Antragsgegner geltend gemachten Aufwendungen daher im Rahmen der Ermittlung des Kindesunterhalts nicht gesondert zu berücksichtigen. […]