STREIT 4/2018

S. 178

Buchbesprechung: Ulrike Schultz/Anja Böning/Ilka Peppmeier/Silke Schröder: De jure und de facto: Professorinnen in der Rechtswissenschaft

Nomos Verlag, Baden-Baden 2018

Mit der umfangreichen Untersuchung zu Professorinnen in der Rechtswissenschaft hat die Autorin Ulrike Schultz mit ihren Mitstreiterinnen ein unglaublich spannendes, vielfältiges Werk geschaffen, welches für alle angehenden und tätigen Juristinnen und Juristen hilfreich ist. Für das Buch wurden über 80 Interviews mit Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern an rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland und 20 Interviews mit Praktikerinnen und Expertinnen der Gleichstellung geführt. Die vorliegende Untersuchung hat zum Ziel, die Situation von Frauen in der Rechtswissenschaft, die durch die spezifische Kultur des Faches bedingt ist, aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und Möglichkeiten für den Ausgleich von Benachteiligungen auf dem Weg zur Professur aufzuzeigen. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderlinie „Frauen an die Spitze“ ermöglicht.
Aus vielen verschiedenen Perspektiven haben sich die Autorinnen der Frage genähert, wie die Situationen der Frauen in der Rechtswissenschaft ist und warum sie so ist. Hierzu gehören historische Aspekte, die sowohl die akademische Rechtswissenschaft in Deutschland, die Verstaatlichung der Juristenausbildung und die Ausbildung zum Einheitsjuristen als auch die Jurisprudenz als prestigeträchtige Leitdisziplin behandeln.
Die Autorinnen haben den unaufhaltsamen Weg der Frauen in der Rechtswissenschaft seit dem 19. Jahrhundert nachgezeichnet und hierbei auch die Besonderheiten der NS-Zeit benannt. Die Nachkriegszeit wird skizziert und die seit 1970 berufenen Professorinnen im Einzelnen dargestellt.

In Bezug auf Frauen in der Rechtswissenschaft wird im Einzelnen untersucht, wie viele Frauen sich in die Juristenausbildung begeben und wie viele von ihnen den steinigen Weg der Wissenschaft beschreiten. Aber auch Juristinnen in anderen juristischen Berufen werden vergleichsweise herangezogen und z.B. die Frage der sozialen Herkunft und Schichtzugehörigkeit erörtert.
Die juristische Ausbildung wird im Einzelnen kritisch beleuchtet. Eine große Menge an statistischem Material wird dargestellt und aufgearbeitet. Es wird nicht nur beleuchtet wie man Juristin wird, wer oder was eine Juristin ist, sondern auch Prüfungen, Noten und die Prägung auf ein konservatives Gesellschaftsbild untersucht. Fakultäten und ihre Fachkultur sowie die Lehre und Forschung werden analysiert.
Immer wieder geht es um die Frage, ob Frauen anders lernen als Männer, ob sie anders lehren als die Kollegen, ob sie genauso bezahlt werden und ob sie dem Leitbild des Juraprofessors entsprechen. Es wird ausführlich auf die Stolpersteine bei Karrieren in der Rechtswissenschaft hingewiesen und auf die Möglichkeit der „Steigbügel“. Einen großen Raum nimmt die Frage ein, ob es sich bei den Juristen um eine konservative Fachkultur handelt, die mit ihren traditionellen Geschlechtsrollenbildern Auswirkung auf die Entscheidungssituation sowohl bei Männern als auch Frauen hat.
Zum Abschluss wird auf die Karriereunsicherheiten bei Frauen hingewiesen und es werden Ermutigungs- und Entmutigungsstrategien dargestellt. Auch die Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommt nicht zu kurz. Im abschließenden Teil 11 werden die Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Rechtswissenschaft durch gleichstellungspolitische Maßnahmen beleuchtet.

Das Fazit der Autorinnen: Die Rechtswissenschaft als eine konservative Disziplin ist insoweit noch sehr in althergebrachten Strukturen und Prozessen verhaftet, die sich nur langsam fortentwickeln. Doch die in diesem Buch genannten vielfältigen Ursachen und die Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, werden deutlich benannt und können für alle Beteiligten außerordentlich hilfreich sein. Insgesamt ein wirklich lohnendes Buch, das neben seiner hohen Wissenschaftlichkeit auch richtig Spaß macht zu lesen.