STREIT 1/2024
S. 48
Christine Fuchsloch: Es war einmal – Chancengleichheit und Arbeitsmarktpolitik
STREIT 3/2003, S. 99 (Auszug)
Es war einmal ein Land, da sollte es keine finanzielle Abhängigkeit der Frauen von ihren Ehemännern mehr geben. Da sollte jeder Mensch auf seine eigene soziale Absicherung vertrauen können und dafür verantwortlich sein. Politikerinnen und Politiker suchten in den Gesetzen des Landes nach alten und überkommenen Strukturen zu solchen Abhängigkeiten von Frauen, die nannten sie abgeleitete Ansprüche (d. h. von der Ehe abgeleitet und nicht selbst geschaffen). Mit großem Eifer wurden abgeleitete Ansprüche durch eigenständige ersetzt. Und so kam es zu den Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung, zum Versorgungsausgleich nach der Scheidung, zur sozialen Absicherung von pflegenden Töchtern und Schwiegertöchtern, zur gezielten Frauenförderung in der Arbeitsmarktpolitik und vielem mehr.
Wie sieht es heute aus? Die „eigenständige Sicherung von Frauen“ in den großen Sozialversicherungssystemen gegen die Risiken Krankheit, Alter, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit ist im politischen Alltag kein Thema mehr. (…) Gender Mainstreaming ist zwar für alle Pflicht, (…). Im politischen Alltag sucht man aber vergeblich nach den Analysen über die geschlechtsspezifischen Auswirkungen von geplanten Gesetzen. (…)