STREIT 4/2023
S. 190
Claudia Goldin erhält den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
Die 1946 geborene Wirtschaftshistorikerin Claudia Goldin ist die erste Frau, die den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften allein erhalten hat, und sie ist die dritte Frau überhaupt, der der Preis, der seit 1969 verliehen wird, zuerkannt wurde. Auch war sie 1990 die erste Frau, die an der Eliteuniversität Harvard eine unbefristete Professur im Bereich der Wirtschaftswissenschaften erhielt.
Gewürdigt wird von der schwedischen Königlichen Akademie der Wissenschaften, dass Claudia Goldin mit ihren Forschungen Barrieren und Ermöglichungsfaktoren für die Erwerbsbeteiligung von Frauen aufgezeigt und Ursachen des fortbestehenden Gender Gaps analysiert hat.
Als wegweisend gilt ihr Buch: „Understanding the Gender Gap: An Economic History of American Women“, das 1990 erschienen ist. Es gibt von dem Buch keine Neuauflage und keine Übersetzung ins Deutsche. Auf das Buch folgten viele weitere Studien, zum Beispiel zum Einfluss, den ein Vorhang beim Vorspielen einer Musikerin auf ihre Chancen hat, eine Anstellung im Orchester zu erhalten. Auch erforschte sie den Einfluss der Erfindung „der Pille“ auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen. 2021 legte sie mit dem Buch „Career & Family“, eine Analyse der Auswirkungen von Sorgepflichten für Kinder auf die Berufsverläufe und den Gender Pay Gap vor. Dabei konzentrierte sie sich auf die Wirkung von Genderstereotypen ebenso wie auf das Phänomen einer „gierigen“ (greedy), entgrenzten Arbeitszeitkultur, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschwert. Sie machte deutlich, dass Frauen Arbeiten, für die Männer entlohnt werden, oft unsichtbar und unbezahlt verrichten.
Mit dem diesjährigen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften wird endlich die Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen der Frauenerwerbstätigkeit in das Licht der wirtschaftswissenschaftlichen Fachöffentlichkeit gerückt.