STREIT 1/2021
S. 24-30
Das österreichische Gesetzespaket zur Bekämpfung von Hass im Netz und zum Schutz der Nutzerinnen auf Kommunikationsplattformen
Im Text wird ausschließlich das generische Femininum verwendet. Dies soll freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der Mehrzahl jener Delikte, die durch Hass im Netz verwirklicht werden (üble Nachrede, Beleidigung, Verhetzung), die Täter ausweislich der österreichischen Kriminalstatistik männlich sind.
Hass im Netz in Form von Beleidigungen, Bedrohungen und Verleumdungen oder durch das Verbreiten von intimen Bildern im Internet oder in den sozialen Medien stellt mittlerweile ein globales gesellschaftliches Problem dar. Zielscheibe von Hass im Netz und in sozialen Medien sind meist gesellschaftliche Gruppen, die als „anders“ oder „fremd“ wahrgenommen werden. Aber auch Einzelpersonen werden Opfer von Hass und Hetze im virtuellen Raum. In den meisten Fällen beruhen die Angriffe auf rassistischen, ausländerfeindlichen, misogynen oder homophoben Motiven. Die Bedeutung von Hass im Netz wächst durch die fortschreitende technologische Entwicklung von Kommunikationsformen kontinuierlich an. Zur empirischen Datengrundlage1
berufen sich die Materialien auf den vom Verein ZARA2
jedes Jahr für Österreich veröffentlichten Rassismus-Report, der für 2018 einen Anstieg rassistischer und verletzender Inhalte im Netz um 22,6 % verzeichnete.3
Auch 2019 stieg die Anzahl von Hasspostings im Internet – gleichzeitig stieg allerdings auch die Meldung derartiger Übergriffe.4
Bei der Betroffenheit von Hass im Netz zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede: Eine österreichische Studie zu Gewalt im Netz gegen Frauen und Mädchen ergab, dass Frauen besonders stark von Gewalt im Netz betroffen sind. Unter den 15-18-Jährigen hatten zwei Drittel der Befragten im vergangenen Jahr zumindest einmal Gewalt erlebt.5
Dies deckt sich mit internationalen Erhebungen zum Geschlechterverhältnis von Opfern von Hass im Netz.6
Das deckt sich aber auch mit den beruflichen und persönlichen Erfahrungen der Autorinnen in der Rechtsberatung und -vertretung.
Für die Betroffenen ist Hass im Netz mit gravierenden Folgen verbunden: Zuallererst und über allem steht die Scham und das Schuldgefühl der Betroffenen. Dies führt oftmals zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben und es lassen sich auch schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen wie psychische, emotionale und psychosomatische Auswirkungen beobachten. Eine zentrale Rolle spielt dabei, dass verletzende Inhalte im Internet eine breite Öffentlichkeit erreichen und für lange Zeit sichtbar bleiben. Die Betroffenen können sich den Übergriffen im digitalen Raum folglich kaum entziehen, während sich umgekehrt die Angreiferinnen durch die Anonymität des Internets geschützt fühlen.7
Mit den bestehenden Rechtsschutzinstrumenten konnte hier bislang nur unzureichend Abhilfe geschaffen werden: Bestehende Delikte wie Verhetzung (§ 283 StGB) und Cybermobbing (§ 107c StGB) wiesen erhebliche Schutzlücken auf, andere strafbare Handlungen gegen die Ehre sind als Ermächtigungs- oder Privatanklagedelikte ausgestaltet. Sie werden selten in Anspruch genommen und bedeuten für die Betroffenen erhebliche Hürden wie etwa ein hohes Prozesskostenrisiko oder die Notwendigkeit, die Täterinnen selbst auszuforschen.8
Vor diesem Hintergrund erarbeiteten Justizministerin Alma Zadić, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Frauenministerin Susanne Raab und die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, ein ressortübergreifendes Maßnahmenpaket mit dem Ziel, der Verbreitung von Hass-Postings im Internet und den sozialen Medien entgegenzutreten.9
Ergebnis ist ein Gesetzespaket gegen Hass im Netz, das am 1.1.2021 in Kraft getreten ist. Die wichtigsten Eckpunkte dieses Pakets werden im Folgenden aus feministischer Perspektive dargestellt.
Das österreichische Gesetzespaket
Das Gesetzespaket gegen Hass im Netz soll einen rechtlichen Rahmen bereitstellen, mit dem effektiv und rasch Abhilfe gegen die Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Internet geschaffen werden kann. Es baut auf zwei Säulen auf: Eine Säule bildet der Opferschutz, dem insbesondere das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG)10
gewidmet ist, die zweite Säule verstärkt die Verantwortung der Plattformen durch das Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G).11
Zu den zentralen Maßnahmen, die mit dem Gesetzespaket gegen Hass im Netz eingeführt werden, zählen ein Beschwerdeverfahren für Betroffene, beschleunigte Unterlassungsklagen, eine Verschärfung des Straftatbestandes der Verhetzung (§ 283 StGB) und die Einführung eines neuen Straftatbestandes, der das unbefugte Fotografieren oder Filmen des Intimbereichs (auch als „Upskirting“ bezeichnet) verbietet (§ 120a neu StGB). Plattformbetreiberinnen werden außerdem verpflichtet, rechtswidrige Inhalte umgehend zu löschen und die Ausforschung von Hassposterinnen wird erleichtert.
I Das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG)
Das HiNBG sieht Änderungen im Zivilrecht und Zivilprozessrecht, im materiellen Strafrecht, im Mediengesetz und im Strafprozessrecht vor. Es trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass der zivilrechtliche Schutz vor Hass im Netz bislang häufig zu lange gedauert hat und schließt wichtige Rechtsschutzlücken im Strafrecht. Klargestellt wird außerdem, wer bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen klagen und wer beklagt werden kann.
a. Zivilrecht
Die Änderungen im Bereich des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) betreffen Eingriffe in Persönlichkeitsrechte. Diese waren in Österreich bisher nur generell und rudimentär geregelt12
– nunmehr werden die in der Rechtsprechung bereits entwickelten Konkretisierungen hinsichtlich des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs, der Einwilligung und der Fortwirkung über den Tod hinaus gesetzlich geregelt.13
Wer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt wird, kann auf Unterlassung und Beseitigung klagen (§ 20 AGBG). Der Anspruch auf Unterlassung umfasst auch den Anspruch auf Beseitigung der rechtswidrigen Inhalte.
Neu ist ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von Arbeitgeberinnen:14
Werden Menschen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit in Medien beleidigt und führt dies zu einer verminderten Einsatzfähigkeit der Arbeitnehmerinnen (z.B. aufgrund von Krankenständen infolge psychischer Beeinträchtigung oder weil es für die Arbeitnehmerin oder die Arbeitgeberin unzumutbar ist, weiter im betreffenden Einsatzgebiet tätig zu sein) oder schädigen die beleidigenden Inhalte das Ansehen der Arbeitgeberin selbst erheblich, kann die Arbeitgeberin auf Unterlassung und Beseitigung klagen. Die Arbeitgeberin kann dabei entweder direkt gegen die Schädigerin oder auch gegen die Host-Providerin vorgehen.15
Problematisch ist allerdings, dass das Selbstbestimmungsrecht von Arbeitnehmerinnen hinsichtlich sie betreffender Persönlichkeitsverletzungen insoweit unzureichend berücksichtigt wird, als eine Klage der Arbeitgeberin nicht von der Zustimmung der Arbeitnehmerin abhängig ist.16
Dies kann in der Praxis zu Problemen führen, etwa wenn Arbeitnehmerinnen keine rechtlichen Schritte wünschen und/oder gegenüber der Verletzenden auf diese verzichten.17
Hass im Netz verletzt die Privatsphäre und kann daher Schadenersatzansprüche auslösen.18
Bislang waren Verletzungen der Privatsphäre „durch Medien“ ausschließlich nach dem Mediengesetz (MedienG) zu beurteilen, das einen Anspruch nur gegen Medieninhaberinnen vorsieht.19
In bestimmten Konstellationen konnte gegen die unmittelbare Täterin nicht geklagt werden, obwohl es keine medienrechtlich verantwortliche Person gab. Durch das HiNBG wird diese Lücke geschlossen und klargestellt, dass in jenen Fällen, in denen es keine medienrechtlich verantwortliche Person gibt, ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht.
b. Zivilprozessrecht
Mit dem HiNBG wird ein einfaches und kostengünstiges Verfahren bei Hasspostings eingeführt, dessen Urteil sofort vollstreckt werden kann (Mandatsverfahren).20
Zuständig für dieses vereinfachte Unterlassungsverfahren sind die niederschwellig zugänglichen Bezirksgerichte, die bereits einschlägige Erfahrung im Bereich von Gewaltschutzverfahren aufweisen.21
Der Streitwert wird mit 5.000 € gebunden, womit verhindert wird, dass die mit dem Verfahren zusammenhängenden Kosten (insbesondere eigene und gegnerische Anwaltskosten) ausufern.
Mit der gebundenen Streitwertbemessung entfällt überdies die Anwaltspflicht: Betroffene können sich daher durch jede eigenberechtigte Person und auch durch Beratungsstellen vertreten lassen.22
Das vereinfachte Unterlassungsverfahren sieht vor, dass auf einen schlüssig dargelegten und mit einem Verletzungsnachweis (z.B. einem Screenshot) versehenen Antrag der Klägerin ohne mündliche Verhandlung und ohne Vernehmung der Beklagten ein Unterlassungsauftrag erlassen wird. Dieser Unterlassungsauftrag beinhaltet auch einen Beseitigungsanspruch. Ein elektronisches Formular23
vereinfacht und beschleunigt das Verfahren wesentlich. Dem Unterlassungsauftrag kann auf Antrag der Klägerin vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkannt werden, wenn sie glaubhaft macht, dass eine erhebliche, sie in der Menschenwürde beeinträchtigende Verletzung von Persönlichkeitsrechten24
in einem elektronischen Kommunikationsnetz erfolgt ist. Der Begriff des „elektronischen Kommunikationsnetzes“ stellt einerseits auf das E-Commerce-Gesetz,25
andererseits auf Art. 2 Z 1 der Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (RL 2018/1972/EG)26
ab: Erfasst ist demnach nicht nur die Verbreitung von Hass-Postings in breit zugänglichen sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram, sondern auch über Messenger Dienste wie etwa WhatsApp, in denen der Inhalt nur der verletzten Person übermittelt wird. Erhebt die Beklagte gegen den Unterlassungsauftrag binnen 14 Tagen Einwendungen, ist ein ordentliches Verfahren einzuleiten.
Bei einem Streitwert, der 5.000 € nicht übersteigt, ist grundsätzlich eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (OGH) ausgeschlossen. Da allerdings zu den durch das HiNBG neu definierten Rechtsverletzungen, dem neuen Mandatsverfahren und dem Institut der vorläufigen Vollstreckbarkeit noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, wird die Revision an den OGH trotz des geringen Streitwerts für zulässig erklärt.27
b. E-Commerce-Gesetz
Für die Bekämpfung von Hass im Netz ist unter anderem eine rasche und kostengünstige Rechtsdurchsetzung von Auskunftsansprüchen von zentraler Bedeutung. Das E-Commerce-Gesetz regelt rechtliche Aspekte des elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs. Es sieht in § 18 Abs. 4 ECG eine Auskunftspflicht der Diensteanbieterin vor, wenn ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Feststellung der Identität einer Nutzerin und eines bestimmten Sachverhalts gegeben ist und die Auskunft für die spätere Rechtsverfolgung wesentliche Voraussetzung ist. Durch das HiNBG werden sämtliche Auskunftsverfahren nach § 18 Abs. 4 unabhängig vom Streitwert auf den außerstreitigen Rechtsweg verlagert. Die Antragsstellung unterliegt damit keiner Vertretungspflicht. Für die Einbringung eines Auskunftsanspruchs fällt streitwertunabhängig lediglich eine fixe Pauschalgebühr von € 82,00 an.28
c. Strafrecht
Bislang stellte das österreichische Strafrecht nur die fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems unter Strafe (§ 107c StGB). Der Straftatbestand war nur dann erfüllt, wenn mehrere selbständige Einzelhandlungen gesetzt wurden, nicht aber, wenn zum Beispiel ein intimes Foto einer Person (einmalig) ins Netz gestellt wurde und dort für Dritte lange Zeit wahrnehmbar blieb.29
Durch das HiNBG wird die Strafbarkeit von Cybermobbing insofern ausgeweitet, als nun eine fortdauernde Belästigung ausreichend ist: Bereits ein einmaliges Tätigwerden kann in Zukunft eine strafrechtliche Verfolgung auslösen.
Ferner wird ein neuer Straftatbestand gegen unbefugte Bildaufnahmen eingeführt (§ 120a StGB). Der Straftatbestand regelt zwei unterschiedliche Sachverhalte: Strafbar macht sich zunächst, wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die diese Bereiche gegen Anblick geschützt hat oder sich in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt. Aber auch, wer derartige Bildaufnahme einer oder mehreren Personen zugänglich macht oder diese veröffentlicht, ist nach § 120a StGB zu bestrafen. Die Täterin ist nur mit Ermächtigung der betroffenen Person zu verfolgen. So sehr die Pönalisierung unbefugter Bildaufnahmen zu begrüßen ist, so wenig mag ihre systematische Einordnung überzeugen: § 120a StGB findet sich im StGB im Abschnitt über “Verletzungen der Privatsphäre und bestimmter Berufsgeheimnisse”. Das so genannte “Upskirting” verletzt jedoch nicht nur die Privatsphäre der Betroffenen – schon das Herstellen von heimlichen bzw. konsenslosen Aufnahmen stellt einen massiven Eingriff in die sexuelle Integrität der Betroffenen dar. Der Tatbestand wäre daher richtigerweise in jenen Abschnitt des StGB einzuordnen, der die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung schützt. Nicht nachvollziehbar ist außerdem, dass für Opfer von heimlichem bzw. konsenslosem Fotografieren oder Filmen keine Unterstützung im Rahmen der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung im Strafverfahren vorgesehen ist.30
Beschimpfungen von Einzelpersonen waren bisher nur als Beleidigungen und damit als Privatanklagedelikt strafbar. Lag der Beschimpfung ein vorurteilsbehaftetes Motiv zugrunde und war sie geeignet, das Opfer öffentlich verächtlich zu machen oder herabzusetzen, trat zwar an die Stelle des Privatanklagedelikts ein Ermächtigungsdelikt, dies änderte jedoch nichts an der Strafdrohung von bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe. Die vorurteilsbehaftete Beschimpfung von Gruppen ist dagegen als Verhetzung (§ 283 StGB) als Offizialdelikt mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht. Dieser Wertungswiderspruch wird durch das HiNBG beseitigt. Die Verhetzung von Einzelpersonen wird mit der Verhetzung von Gruppen gleichgestellt und ist künftig ebenso von Amts wegen zu verfolgen.
d. Mediengesetz31
Durch die Änderungen im Mediengesetz soll der Persönlichkeitsschutz verbessert und dem vorrangigen Anliegen der Opfer von Hass im Netz Rechnung getragen werden: Dass die inkriminierenden Inhalte möglichst rasch und möglichst vollständig aus dem Netz genommen werden.32 Durch das HiNBG werden die Entschädigungsbeträge bei Verletzungen des Identitätsschutzes wie auch bei einer bloßstellenden Berichterstattung über die Opfer von Straftaten erhöht. Der Schutz wird außerdem auf Angehörige von Opfern und Zeuginnen von Straftaten ausgedehnt. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche von Opfern wird von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert, gleichzeitig werden die Regelungen über die Verjährung der Strafbarkeit von Medieninhaltsdelikten für abrufbare periodische elektronische Medien (darunter sind insbesondere Websites zu verstehen) angepasst: Die Verjährung beginnt mit der erstmaligen Verbreitung der Inhalte, die Länge der Verjährungsfrist richtet sich – wie generell im Strafrecht – nach der Strafhöhe. Löschung und Urteilsveröffentlichung können unabhängig von einer allfälligen Verjährung beantragt werden. Besonders begrüßenswert erachten die Autorinnen die Schaffung eines selbständigen Entschädigungsverfahrens durch § 8a MedienG. Strukturiert ist dieses Verfahren wie das Privatanklageverfahren im Strafprozess und konsequenterweise mit den nunmehr vorgesehenen anklagebehördlichen Ermittlungsinstrumenten und dem Anspruch auf die psychosoziale und insbesondere auch juristische Prozessbegleitung ausgestaltet.33 Dadurch wird ein effektiver und niederschwelliger (weil kostenüberschaubarer) Rechtsschutz erst möglich. Im § 8-Verfahren tritt die betroffene Person als Anklägerin auf. Das erfordert in der Praxis eine juristische und vor allem prozessrechtliche Expertise und entsprechende psychosoziale Unterstützung, um überhaupt mit der notwendigen mentalen Durchsetzungskraft ins Verfahren zu gehen; eine wesentliche Voraussetzung für den Prozesserfolg!34 Ohne das Instrument der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung sind die Ansprüche nach dem MedienG einer privilegierten Betroffenengruppe vorbehalten.
e. Strafprozessrecht
Die StPO sieht juristische (rechtsanwaltliche Vertretung) und psychosoziale (geschulte psychosoziale Ansprechpartnerin einer Opferschutzeinrichtung) Prozessbegleitung für Opfer35
von bestimmten Straftaten vor. Die Prozessbegleitung wird vom Justizministerium finanziert und unterstützt Betroffene kostenfrei bei der Durchsetzung ihrer Rechte im Strafverfahren36
und darüber hinaus (Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz etc.). Damit wurde seit 1.1.2006 für Betroffene ein niederschwelliger Zugang zur Rechtsdurchsetzung im Strafverfahren erreicht.37
Die Erweiterung der Prozessbegleitung auf Opfer von Hass im Netz erfolgt durch § 66b StPO, der Betroffene des neu geschaffenen Straftatbestands § 107c StGB (fortdauernde Belästigung Telekommunikation/Computersystem), der Adaptierung des § 283 StGB (gegen Einzelperson gerichtete Verhetzung) sowie Betroffene von sog. Ehrdelikten, wenn diese im Zusammenhang mit Hass im Netz erfolgen,38
in den Schutzkanon aufnimmt.
Die StPO kennt neben dem Gros der Offizialdelikte auch Privat- und Subsidiaranklagedelikte. In diesen Fällen findet ein „offiziöses“ und damit mit staatlichem Machtmonopol ausgestattetes Ermittlungsverfahren nicht statt. Das erzeugte ein enormes Ungleichgewicht zu Lasten der betroffenen Personen, weil – anders als im Zivilverfahren – der In-dubio-pro-reo-Grundsatz bestimmend ist. Wie sollte also die betroffene Person an die Daten der Urheberin der Hass-Postings kommen, wenn ihr keine Ermittlungsinstrumente an die Hand gegeben werden? Jetzt ermöglicht § 71 StPO, dass Opfer von Hass im Netz einen Antrag auf Anordnungen der Auskunft über Stamm- und Zugangsdaten (§ 76a StPO)39
oder Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung (§135 Abs. 2 Z 2 StPO) stellen können, nach dessen Prüfung das Gericht die beantragte Ermittlungsmaßnahme anordnen kann. Kann so die Senderin ausgeforscht werden, ist dieser Beschluss samt Information zur Beschwerde zuzustellen. Ist der Beschluss rechtskräftig geworden, sind die Daten dem Opfer mitzuteilen bzw. das Opfer zu informieren, dass die Ausforschung nicht möglich war.
Endet das Strafverfahren auf andere Weise als durch einen Schuldspruch, so sind die Kosten des Privat- bzw Subsidiaranklageverfahrens grundsätzlich von den Anklägerinnen zu tragen (§ 390 Abs. 1 StPO). Nach dem neuen Absatz 1a sind diese zum Kostenersatz nur dann verpflichtet, wenn der Vorwurf wissentlich falsch erhoben worden ist. Dies gilt für die Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden. Damit entfällt nunmehr das Kostenersatzrisiko, das wesentlicher Grund dafür ist, dass Betroffene diese Verfahren nicht anstrengen.
Im Ergebnis ist das HiNBG ein Gesetz von Frauen und Vertreterinnen marginalisierter Gruppen für Frauen und marginalisierte Gruppen. Die Autorinnen arbeiten mit Menschen, die massiv unter Hass im Netz leiden. Hier bedarf es psychosozialer Unterstützung, die die Verantwortung für die Inhalte wieder der Urheberin zuordnet. Viele der Betroffenen können sich zudem privat finanzierte anwaltliche Unterstützung nicht leisten und für sie sind Verfahrensdauer, Komplexität des Verfahrens und Kosten zentrale Hinderungsgründe bei der Rechtsdurchsetzung. Mit der Einrichtung der juristischen Prozessbegleitung, dem Mandatsverfahren zur raschen Löschung und den notwendigen Ergänzungen im Strafrecht ist ein Maßnahmenpaket gelungen, mit dem die Rechtsdurchsetzung für Betroffene tatsächlich möglich scheint. Freilich gibt es Verbesserungsbedarf und wird auch die Erfahrung und die Rechtsprechung Veränderungspotential aufzeigen. Das soll aber nicht diesen ersten wichtigen und notwendigen Schritt marginalisieren.
II. Das Kommunikationsplattformen-Gesetz
Die Erhöhung der Plattformverantwortlichkeit ist anerkanntermaßen eine grenzüberschreitende Herausforderung, welche auf europäischer Ebene mit der Vorlage des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Service Act)40
angenommen wurde. Die österreichische Gesetzesinitiative erachtete es vor dem Hintergrund eines doch noch umfangreichen europäischen Gesetzesprozesses als notwendig, sofort und bis zur Beseitigung des Regelungsdefizits auf europäischer Ebene aktiv zu werden.41
Ausgangspunkt für die österreichische Gesetzgebung ist die bestehende Verpflichtung von Plattformverantwortlichen zur Löschung von rechtswidrigen Inhalten oder zum Sperren des Zugangs zu rechtswidrigen Inhalten,42
der in der Praxis bisher allerdings nur ungenügend Folge geleistet wird. Eine Löschung konnte bislang von Betroffenen erst nach Beschreiten eines zeit- und kostenintensiven Gerichtswegs erreicht werden. Währenddessen blieben die verletzenden und massiv beeinträchtigenden Inhalte online verfüg- und abrufbar.
Von den Bestimmungen des KoPl-G erfasst werden in- und ausländische Anbieterinnen, sofern sie eine gewisse – an Nutzerinnenzahl und Umsatz gemessene – kritische Größe erreichen.43
§ 3 KoPl-G verpflichtet die Kommunikationsplattform44
zur Einrichtung eines wirksamen und transparenten Verfahrens für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte. Insbesondere müssen Diensteanbieterinnen binnen 24 Stunden ab Eingang der Meldung über einen „offenkundigen“ rechtswidrigen Inhalt die Löschung bzw. Zugangssperre durchführen. Bei „nicht offenkundigem“ rechtswidrigen Inhalt wird eine Prüfungszeit von sieben Tagen zugestanden. Gleichzeitig werden Diensteanbieterinnen im Falle der Sperrung bzw. Löschung verpflichtet, Daten zum Inhalt und zur Identifikation der Nutzerin zu Beweiszwecken zu sichern und für die Dauer von längstens 10 Wochen zu speichern (§ 3 Abs. 3 Z 2 KoPl-G). Ferner müssen Diensteanbieterinnen ein wirksames und transparentes Überprüfungsverfahren der Löschungs- bzw. Zugangssperre-Entscheidung einrichten (§ 3 Abs. 4 KoPL-G).
In der Praxis scheitert oftmals die Zustellung von behördlichen Schriftstücken insbesondere an nicht in Österreich niedergelassene Kommunikationsplattformen. Ebenso problematisch ist, dass die Anbieterinnen keine konkrete Ansprechperson anbieten und Betroffene quasi im Kreis geschickt werden. § 5 KoPL-G sieht daher vor, dass Diensteanbieterinnen eine verantwortliche Beauftragte und Zustellbevollmächtigte für die elektronische Zustellung zu bestellen haben. Kommen Diensteanbieterinnen dem nicht nach, ermöglicht § 6 KoPl-G die Zustellung durch Hinterlegung bei der Aufsichtsbehörde.45
Grundsätzlich bestimmt sich die Vollstreckbarkeit von Bescheiden nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz; sofern die Diensteanbieterin weder über Sitz, Zweigniederlassung noch Betriebsstätte im Inland verfügt, kann die Aufsichtsbehörde gegen Schuldnerinnen der Diensteanbieterin ein Zahlungsverbot an die Diensteanbieterin verhängen und ist die Forderung mit schuldbefreiender Wirkung an die Aufsichtsbehörde zu überweisen. Kommen die Diensteanbieterinnen ihren Verpflichtungen nicht nach, sind Geldstrafen bis zu 10 Millionen Euro vorgesehen.
Die Kritik gegen das KoPl-G46
betrifft vor allem die mangelnde Vereinbarkeit mit der E-Commerce-Richtlinie,47
nach der Diensteanbieterinnen dem Recht des Sitzstaates unterliegen und in Österreich nicht strengeren Regelungen unterworfen werden dürfen, als das im Herkunftsland der Fall ist, während sich die Gesetzesinitiative auf die in der Richtlinie normierten Ausnahmetatbestände beruft. 48
Diesbezüglich wird die klarstellende Rechtsprechung des EuGH abzuwarten sein.49
Viel früher als in Österreich hat man sich – quasi dem Unionsrecht vorauseilend – in Deutschland und in Frankreich diesem Problemkreis angenommen und dabei auch viel Kritik einstecken müssen. Das KoPl-G unterscheidet sich soweit überblicksmäßig ersichtlich nicht wesentlich vom dNetzDG.50
Im Kern geht es darum, dass große Plattformen (in Deutschland wird das dNetzDG umgangssprachlich auch Facebook-Gesetz genannt) ein transparentes Verfahren implementieren müssen, das die rasche Löschung rechtswidriger Inhalte garantiert. Widrigenfalls drohen empfindliche Geldbußen. Ein solches Verfahren verlangt von den Plattformen eine Vorbeurteilung, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt und kann auch zu einem „overblocking“ und somit zu einem unzulässig weiten Eingriff in Grundrechte wie die Meinungsäußerungsfreiheit führen.
Die in Deutschland derzeit diskutierte Novellierung des dNetzDG betrifft zum einen Nachbesserungen, die sich aus den bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz ergeben51
und zum anderen deutliche Verschärfungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität.52
Zu Letzterem sieht der Entwurf vor, dass soziale Netzwerke vermeintlich strafbare Inhalte direkt an das Bundeskriminalamt melden. Dort werde dann entschieden, ob ein Strafverfahren eingeleitet wird, wobei das Bundeskriminalamt eine Bestandsdatenauskunft durchführen, IP-Adressen abfragen und Zugangsdaten anfordern kann. Diese Daten sollen dann an die jeweilige Länderpolizei und Staatsanwaltschaften weitergeleitet werden. Die in Deutschland diskutierte Verfassungswidrigkeit, die zum Stopp im Gesetzgebungsverfahren führte, betrifft ausschließlich den letzteren Entwurf.
Die Kritik am KoPl-G ist aus Sicht der Autorinnen von den Interessen der Plattformen, des freien Marktzugangs und der demokratiepolitisch wichtigen Meinungsäußerungsfreiheit geprägt. Es geht im Kern um Compliance-Maßnahmen, die einen Mehraufwand für Plattformen bedeuten. Natürlich ist dabei entsprechend zu berücksichtigen, dass große Plattformen in dieser Hinsicht mehr leisten können und müssen (nicht zuletzt auch im Hinblick auf ihre Reichweite). Schließlich soll es auch nicht dazu kommen, dass kleine Plattformen wegen überbordender Maßnahmen vom Markt gedrängt werden. Allerdings ist in diese Verhältnismäßigkeitsabwägungen auch der Schutz der Würde jedes Menschen einzubeziehen: Von Hass im Netz Betroffene brauchen eine rasche Löschung von rechtswidrigen Inhalten, weil sich der Schaden mit jeder Minute exponentiell ausbreitet. Das KoPl-G versucht die bekannten Schlupflöcher (Nichtzustellbarkeit etc.) tatsächlich zu schließen. Für die Betroffenen, zu denen überwiegend Frauen und marginalisierte Gruppen zählen, ist mit dem KoPl-G somit ein wichtiger Schritt getan – auch wenn die verwendeten Mittel noch der einen oder anderen Nachbesserung bedürfen mögen.
- Vgl. ErläutRV 481 BlgNR 27. GP; kritisch dazu Fischer/Kettemann/Rachinger, Ein sanfter Riesenbändiger, ÖJZ 2020/125 (1096). ↩
- Zivilcourage & Antirassismusarbeit, https://zara.or.at/. ↩
- Vgl. Rassismus-Report 2018, https://assets.zara.or.at/download/pdf/ZARA-Rassismus_Report_2018-144.pdf (17.12.2020). ↩
- Vgl. Rassismus-Report 2019, https://assets.zara.or.at/download/pdf/ZARA-Rassismus_Report_2019.pdf (17.12.2020). ↩
- Vgl. Esc Gewalt im Netz gegen Frauen & Mädchen in Österreich, Forschungszentrum Menschenrechte der Universität Wien und Weißer Ring Verbrechensopferhilfe (2018), https://www.frauen-familien-jugend.bka.gv.at/dam/jcr:05f7a42d-e9f3-4d67-b3eb-06b1fe1f1d05/Bestandsaufnahme_Gewalt_im (17.12.2020). ↩
- Vgl. Lembke, Ein antidiskriminierungsrechtlicher Ansatz für Maßnahmen gegen Cyber Harassment, KJ 3/2016, 385 (387 f. m.w.N.). ↩
- Vgl. ErläutRV 481 BlgNR 27. GP. ↩
- Vgl. Windhager/Forgó, Hasspostings – Bedarf es einer gesetzlichen Verschärfung? AnwBl 10/2017, 592. ↩
- Vgl. https://www.bmj.gv.at/ministerium/aktuelle-meldungen/Gemeinsam-gegen-%E2%80%9EHass-im-Netz%E2%80%9C.html (abgefragt am 10.1.21). ↩
- BGBl I 148/2020 (ErläutRV 481 BlgNR 27. GP). ↩
- BGBl I 151/2020 (ErläutRV 463 BlgNR 27. GP). ↩
- §§ 15 bis 17 ABGB. Diese Bestimmungen stammen noch aus der Stammfassung des Gesetzes, JGS 946/1811. ↩
- §§ 17a und 20 (neu) ABGB. ↩
- Neben Dienstgeberinnen sollen auch ehrenamtlich Tätigen und Organen einer Körperschaft entsprechende Ansprüche zukommen. ↩
- Diesbezüglich verweisen die Materialien auf die Rechtsprechung des OGH zum Ingerenzprinzip, wonach unmittelbar von derjenigen, die die rechtliche und tatsächliche Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeit hat, Unterlassung begehrt werden kann, vgl. ErläutRV 481 BlgNR 27. GP 8. ↩
- Kritisch auch die Stellungnahmen des Klagsverbandes zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern, 35/SN-48/ME XXVII. GP und der Bundesarbeiterkammer im Begutachtungsverfahren. ↩
- Siehe auch Wittmann/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz neu: Der Entwurf zum Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG), MR 6/2020, 295. ↩
- § 1328a ABGB: Verletzung des Rechts auf Wahrung der Privatsphäre. ↩
- Das MedienG bezweckt damit den Schutz einzelner Journalistinnen vor Schadenersatzansprüchen und nimmt nur Medieninhaberinnen bzw. die medienrechtliche Verantwortliche in die Pflicht. ↩
- § 549 ZPO. ↩
- Vgl. ErläutRV 481 BlgNR 27. GP 9. ↩
- Der Klägerin kann auf Antrag eine Rechtsanwältin als Verfahrenshelferin beigegeben werden, wenn besondere Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht bestehen. ↩
- Abruf- und einbringbar über die Homepage des Justizministeriums, https://justizonline.gv.at/jop/web/formulare/kategorie/17 (abgerufen am 10.1.21). ↩
- In Betracht kommt ein Eingriff in jedes Persönlichkeitsrecht (Ehre und Ansehen, Privatsphäre, Recht am eigenen Bild usw). ↩
- §§ 13 ff. ↩
- ABl 2018 L 321/36. ↩
- Dies gilt allerdings nur befristet für Klagen, die vor dem 31.12.2030 eingebracht werden. ↩
- Vgl. 481 BlgNR 27. GP 12. ↩
- Vgl. Zöchbauer, Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden, MR 5/2020, 243. ↩
- Siehe Stellungnahme des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen, 38/SN-50/ME XXVII. GP – Stellungnahme zu Entwurf (elektr. übermittelte Version). ↩
- Das öMedienG regelt im Wesentlichen zivil- und strafrechtliche Sanktionsmechanismen bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Medien. Es normiert, dass die Medieninhaberin für solche Verletzungen sowohl zivil- als auch strafrechtlich verantwortlich ist; dies zum Schutz der freien Meinungsäußerung und freien Information, vgl. § 1 öMedienG. ↩
- Vgl. ErläutRV 481 BlgNR 27. GP 4. ↩
- Vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt f. ↩
- Um der immer noch vorherrschenden Mär vorzubeugen, dass diejenige, die Recht hat, auch Recht bekommen wird. ↩
- Unter bestimmten Voraussetzungen auch für Angehörige von Opfern von Straftaten. ↩
- Darunter fallen sowohl Verfahrensrechte wie das Recht, Beweisanträge zu stellen, Akteneinsicht zu nehmen, die Fortführung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen, als auch materielle Rechte, insbesondere einen Schadenersatzanspruch direkt im Strafverfahren durchzusetzen. ↩
- 2007 wurde die Maßnahme mit dem „Silver Award“ des World Future Council gewürdigt, vgl. Riezler in Deixler-Hübner/Fucik/Mayrhofer (Hrsg.), Gewaltschutz und familiäre Krisen (2018) 1304 ff. auch allgemein zur Bedeutung der Prozessbegleitung in Österreich. ↩
- Opfer übler Nachrede gem. § 111 StGB, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung gem. § 113 StGB, Beleidigung gem. § 115 StGB und Verleumdung gem. § 297 StGB, wenn angenommen werden kann, dass eine solche Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde. ↩
- Diese Auskunft kann sowohl von der Kommunikationsdiensteanbieterin als auch von sonstigen Diensteanbieterinnen i.S.d. § 3 Z 2 ECG begehrt werden. ↩
- Proposal for a Regulation on a Single Market For Digital Servicesand amending Directive der Europäischen Kommission vom 15.12.20, COM(2020) 825 final. Der Digital Service Act soll die Entfernung illegaler Inhalte bei gleichzeitigem Schutz der Redefreiheit im Internet erleichtern. Große Plattformen sollen strenger beaufsichtigt werden, vgl. zur vereinfachten Darstellung des Inhalts auch https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-services-act-ensuring-safe-and-accountable-online-environment_de#die-nderungen-im-berblick (abgefragt am 28.12.20). ↩
- ErläutRV 463 BlgNR 27. GP 1. ↩
- Zustimmende Meinung von Richter Zupancic in EGMR 10.10.2013, 64669/09, Delfi AS/Estland, vgl. dazu auch die Ausführungen in Fischer/Kettemann/Rachinger, Ein sanfter Riesenbändiger, ÖJZ 2020/125 (1065). ↩
- In § 1 in den Abs. 2 und 4 finden sich noch zahlreiche Ausnahmebestimmungen, z.B. für Online-Enzyklopädien, Vermittlung von Waren- und Dienstleistungen. Deswegen sieht § 1 Abs. 5 vor, bei der Aufsichtsbehörde einen Feststellungsbescheid zu erwirken. ↩
- Eine Kommunikationsplattform grenzt sich ab zu Formen der Individualkommunikation (z.B. WhatsApp). Der von der Plattform ermöglichte Austausch zwischen Nutzerinnen wird einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht, was eine wesentliche Funktion des Dienstes darstellen muss. Was unter einem rechtswidrigen Inhalt i.S.d. Gesetzes zu verstehen ist, zählt § 2 Z 8 taxativ auf (Nötigung, gefährliche Drohung, Beleidigung, pornographische Darstellung Minderjähriger etc.) und zwar wenn der Tatbestand objektiv erfüllt und nicht gerechtfertigt ist. ↩
- Aufsichtsbehörde ist gem. § 8 KoPL-G die Kommunikationsbehörde Austria. ↩
- In den Medien wird generalisierend von der EU-Rechtswidrigkeit des HiNB-G gesprochen, bei genauerer Recherche ergibt sich aber, dass damit immer nur das KoPl-G gemeint ist, z.B. Artikel in der Tageszeitung der Standard vom 17.12.20, https://www.derstandard.at/story/2000122602938/bereits-verabschiedetes-gesetz-gegen-hass-im-netz-ist-eu-rechtswidrig (abgerufen am 10.1.21). ↩
- Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Rechtsverkehr vom 8. Juni 2000, L 178/1 vom 17.7.2000. ↩
- Vgl. Feil im Standard, https://www.derstandard.at/story/2000 122602938/bereits-verabschiedetes-gesetz-gegen-hass-im-netz-ist-eu-rechtswidrig (abgerufen am 10.1.21). ↩
- Zur kolportierten EU-Rechtswidrigkeit infolge des Notifizierungsverfahrens: Österreich hat den Gesetzesentwurf am 1.9.20 der Kommission unter der Notifizierungsnummer 2020/544/A übermittelt. Die Stillhaltefrist endete am 2.12.20. Die Kommission und Schweden haben eine bloße Bemerkung abgegeben, weswegen es zu keiner Verlängerung der Stillhaltefrist kommt. Abgesehen davon, kann die EU-Rechtswidrigkeit nur vom EuGH festgestellt werden, vgl. Mitteilung Europäische Kommission Notifizierungsnummer 2020/544/A, https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/index.cfm/search/?trisaction=search.detail&year=2020&num=544&mLang=DE (abgefragt am 28.12.20). ↩
- Netzwerkdurchsetzungsgesetz vom 1. September 2017 (dBGBl. I S. 3352), das zuletzt durch Artikel 9 Absatz 2 des Gesetzes vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600) geändert worden ist. ↩
- Vgl. https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/ Dokumente/RegE_Aenderung_NetzDG.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (abgefragt am 10.1.21). ↩
- Vgl. https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Bekaempfung_Hasskriminalitaet.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (abgefragt am 10.1.21). ↩