STREIT 1/2023
S. 39
OLG Brandenburg, §§ 137, 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG
Keine Abtrennung einer Folgesache vom Scheidungsverbund
1. § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG, betreffend die Abtrennung einer Folgesache vom Scheidungsverbund ist eine Ausnahmeregelung und dient dem Interesse der Antragsgegnerin an einer gleichzeitigen Entscheidung auch über alle wichtigen Folgesachen.
2. Trägt der die Abtrennung beantragende Ehegatte selbst in nicht unerheblichem Maße zur Verzögerung der verfahrensmäßigen Erledigung einer Folgesache bei, etwa wenn er geschuldete Auskünfte nicht vollständig erteilt, spricht dies gegen eine Abtrennung.
3. Wird dem Scheidungsantrag von dem Familiengericht zu Unrecht vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgegeben, entsteht eine selbstständige Beschwer, die (nur) mit Rechtsmitteln gegen den Scheidungsbeschluss gerügt werden kann. Die unzulässige Abtrennung führt zu einer unzulässigen Teilentscheidung in der Ehesache.
(Leitsätze der Redaktion)
Beschluss des OLG Brandenburg vom 29.04.2021 – 13 UF 173/20
Aus den Gründen:
[…] Die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung liegen vor. Eine Aufhebung und Zurückverweisung kommt gemäß § 69 Abs. 1 S. 2, 3 FamFG in Betracht, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges in der Sache noch nicht entschieden hat oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt vorliegend in der durch das erstinstanzliche Gericht vorgenommenen Abtrennung der Folgesache Zugewinnausgleich. Die Antragsgegnerin hat Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Voraussetzungen für eine Abtrennung sind nicht gegeben, ein Abtrennungsgrund im Sinne des § 140 Abs. 2 Satz 2 FamFG liegt nicht vor. In Betracht käme hier nur eine Abtrennung nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG, denn die Voraussetzungen der anderen vier Abtrennungsgründe des § 140 Abs. 2 liegen auf den ersten Blick nicht vor.
Nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG kann das Gericht eine Folgesache vom Scheidungsverbund abtrennen, wenn sich der Scheidungsausspruch durch die gemeinsame Entscheidung so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde, und ein Ehegatte die Abtrennung beantragt.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin hat grundsätzlich Anspruch darauf, nur geschieden zu werden, wenn gleichzeitig über die Folgesachen entschieden wird (vgl. BGH, FamRZ 1986, 898; 1979, 690; OLG Hamm, FamRZ 2013, 1889; OLG Köln, FamRZ 2012, 1814; OLG Zweibrücken, FamRZ 2012, 471; OLG Bremen, FamRZ 2011, 753; OLG Hamm, FamRZ 2007, 651). Sie hat die Folgesache Zugewinnausgleich nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG auch spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug, nämlich am 6. April 2020, anhängig gemacht. § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG meint die letzte mündliche Verhandlung (vgl. BeckOK/Weber FamFG, 1.4.2021, § 137 FamFG Rn. 29), die am 28. August 2020 (Bl. 106) stattfand.
Dass sich eine unzumutbare Härte für den Antragsteller ergeben würde, weil sich der Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögern würde, ist nicht ersichtlich. […]
Zugunsten der Antragsgegnerin streitet zudem die Art und Weise der Verfahrensführung durch den Antragsteller. Bei der Prüfung, ob eine unzumutbare Härte vorliegt, kann auch ein Verhalten eines Beteiligten, das nicht der prozessualen Förderungspflicht entspricht, berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 2.7.1986 – IVb ZR 54/85, juris Rn. 18; KG, Urteil vom 18.2.2000 – 3 UF 6680/99, juris Rn. 32; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 31.3.2011 – 6 UF 128/10, juris Rn. 28). Trägt der Scheidungsantragsteller selbst in nicht unerheblichem Maße zur Verzögerung der verfahrensmäßigen Erledigung der güterrechtlichen Folgesache bei, stellt dies sein vorrangiges Interesse an einem alsbaldigen Abschluss der Scheidungssache in Frage (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.7.2015 – 18 UF 246/13, juris Rn. 42; OLG München, Urteil vom 10.7.2007 – 4 UF 481/06, juris Rn. 19; Keidel/Weber, FamFG, 19. Aufl., § 140 Rn. 12; Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 140 Rn. 26; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., § 140 Rn. 13). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn er geschuldete Auskünfte nicht vollständig erteilt (OLG Köln Beschl. v. 15.5.2018 – 14 UF 32/18, BeckRS 2018, 18021). […]
Danach überwiegen die Interessen der Antragsgegnerin an einer gleichzeitigen Entscheidung über Ehescheidung und Zugewinnausgleichsanspruch das Interesse des Antragstellers an einem baldigen Scheidungsausspruch, das er durch sein der prozessualen Förderungspflicht widersprechendes Verhalten selbst in Frage stellt. […]