STREIT 2/2021

S. 94

Klagewelle gegen Smart-Meter-Gateway

Das OVG Münster hat die Allgemeinverfügung, mit der das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Markt für Smart-Home-Geräte 2020 geöffnet hatte, im Eilverfahren gestoppt. (Pressemitteilung des OVG Münster vom 05.03.2021 zu Az.: 21 B 1162/20). Die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme, die die Allgemeinverfügung in Bezug nehme, genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) und entsprechender technischer Richtlinien. Smart-Meter-Gateways (SMG) seien zwar ein wichtiger Baustein in der Energiepolitik. SMGs seien aber nicht zertifizierbar durch das BSI, da sie nicht ausreichend kompatibel mit anderen Messgeräten seien – die sog. Interoperabilität fehle. Eine Zertifizierung sei aber gesetzlich vorgeschrieben.
Geklagt hatte ein Hersteller von Messgeräten, die nicht mehr verkäuflich gewesen wären, da die Allgemeinverfügung faktisch ein Verwendungsverbot für andere Messsysteme war. Offenbar sind noch 50 gleich gelagerte Beschwerdeverfahren anhängig. Das BSI gab sich wohl überrascht. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.
Die unanfechtbare Entscheidung bedeutet zumindest einen zeitlichen Aufschub für das Bedrohungsszenario in den privaten Haushalten (siehe dazu Stelkens „Das BSI öffnet Tür und Tor für häusliche Gewalt“ in STREIT 1/2021 und „Smarte Gewalt“ in STREIT 1/2019). Das wird aber nur ein Aufschub auf Zeit sein. Denn im Kern rügt das Gericht nur, dass das BSI seine Zuständigkeiten überschritten hat. Es müsse der Gesetzgeber tätig werden und digitale Messsysteme vorschreiben. Und das wird sicher passieren, damit die digitale Energiewende Fahrt aufnimmt. Wünschenswert wäre, dass der Gesetzgeber dabei eine Gesetzesfolgenabschätzung mit Technikfolgenabschätzung durchführt, die – wie gerade aktuell im 3. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung „Digitalisierung“ explizit gefordert (unter: www.dritter-gleichstellungsbericht.de) – dem „Soziotechnischen Ansatz“ folgt, d.h. alle, auch die sozialen Folgen neuer Digitaltechnik mit in den Blick nimmt. So könnten die Gefahren für die Innenbeziehungen im privaten Haushalt thematisiert und auch insgesamt fragwürdige Anwendungen im Smart Home auf den Prüfstand gestellt werden.