STREIT 1/2015
S. 38-39
Musterinhalte für Landesgleichberechtigungsgesetze
Seit Anfang der 1990er Jahre sind in den Bundesländern Regelungen zur Umsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Kraft getreten. Die Erfolge der bestehenden Gleichberechtigungsgesetze der Länder im Hinblick auf die Gleichstellung im öffentlichen Dienst sind unzureichend. Ein gesellschaftliches Gleichstellungsdefizit wird auch im Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung festgestellt.1
 
Akuten Handlungsbedarf stellt auch die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) aufgrund einer bundesweiten Erhebung fest.2
 Dieser wurde im Rahmen eines Workshops mit den Landesarbeitsgemeinschaften kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen und der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte bestätigt.3
 
Als Ursachen für die mangelnde Wirksamkeit wurden schon 1998 genannt4
 und sind – leider – nach wie vor aktuell: 
- normative Rahmenbedingungen, 
- unpräzise Aufgabenstellung für die Frauen- und Gleichstellungsbeauftrage, 
- begrenzte Kompetenzen für die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, 
- fehlende Sanktionsmöglichkeiten 
und
- vermeintliche oder tatsächliche Unkenntnis und Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen bei Führungskräften und zuständigen Stellen, 
- geringe Unterstützung der Aufsicht führenden Behörden, 
- unklare rechtliche Position der (kommunalen) Gleichstellungsbeauftragten. 
Dies war Anlass, Musterinhalte zu formulieren, die nach dem jetzigen Stand der Gesetzgebung und der Praxis konsequent, beispielhaft und innovativ wirksame Regelungen vorschlagen, um den Verfassungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes umzusetzen. 
In diesen Musterinhalten wurden Instrumente, Themenfelder, Organisationsformen und Strategien überdacht und weiterentwickelt.
Dabei sind folgende für viele Bundesländer neue bzw. erweiterte Regelungsinhalte aufgenommen:
- Ein erweiterter Geltungsbereich, 
- Gender Mainstreaming als Strategie, also die Umsetzung von Gleichberechtigung im fachlichen Aufgabenbereich der Kommunen, aber auch der Behörden, 
- Vertragsbeziehungen und Auftragsvergabe, 
- Bevorzugte Berücksichtigung des unterrepräsentierten Geschlechts bei gleicher Qualifikation, 
- Gleichstellungsplan als verbindliches Personalplanungsinstrument, 
- Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Rechte, 
- Die Berücksichtigung der behördlichen und der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in gleicher Weise, 
- Klagerecht und effektives Widerspruchsrecht für die Gleichstellungsbeauftragte, 
- Sanktionen und Anreizsysteme als Instrumente, 
- Geschlechtergerechte Sprache, 
- Entgeltgleichheit, 
- Gender Budgeting. 
Die Musterinhalte beziehen sich auf die Zielrichtung „Gleichstellung von Frau und Mann“ im öffentlichen Dienst. Zu berücksichtigen ist auch die Vielfalt der Lebensbedingungen. Im Text werden alternativ die Möglichkeiten „Abbau der Benachteiligung von Frauen“ / „Abbau der Benachteiligung des unterrepräsentierten Geschlechts“ benannt. Welche Zielrichtung das Gesetz hat, muss auf Landesebene entschieden werden. Die Bundesländer haben die Regelungen in Gleichberechtigungsgesetzen,5
 Frauenfördergesetzen,6
 in einem Chancengleichheitsgesetz7
 oder in Gleichstellungsgesetzen,8
 umgesetzt; Regelungen für die kommunale Gleichstellungsarbeit finden sich zusätzlich in Kommunalverfassungen.9
 Es werden Musterinhalte vorgeschlagen, die – sofern sie aufgenommen werden sollen – jeweils in diese länderspezifische Struktur einzupassen wären. Dabei wird vorgeschlagen, in die Regelungen für den öffentlichen Dienst insgesamt auch die Kommunen immer mit einzubeziehen, für die Kommunen allerdings daneben die Verpflichtung zur Umsetzung von Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zur Bestellung von kommunalen 
Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in der Kommunalverfassung festzuschreiben.
So lautet der Einführungstext zu der als Broschüre gestalteten Umsetzungshilfe. Diese ist inhaltlich ambitioniert, kenntnisreich und anschaulich gestaltet. Die vorliegenden Musterinhalte sind insbesondere für kommunale Gleichstellungsbeauftragte in den Ländern, für Parteien, Fraktionen und für die einschlägigen Ministerien sowie für alle an der Gleichberechtigung der Geschlechter Interessierten ein unerlässliches Handwerkszeug, das über eine reine Verständnis- und Umsetzungshilfe weit hinausgeht, sondern mit beispielhaften Regelungen und Erfahrungswerten, rechtliche sowie praxisnahe Verbindlichkeiten schaffen kann.
Die Broschüre wird herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen. Die Autorinnen Almut von Woedtke und Heike Schmalhofer haben Ergebnisse aus gemeinsamen Tagungen der BAG sowie LAG Schleswig-Holstein und der Vernetzungsstelle für die Gleichberechtigung, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in Hannover aufgegriffen und u. a. auch durch unterstützende Fachgespräche weiterentwickelt. Zum Preis von jeweils 25,00 € (zzgl. Versandkosten und 7% MwSt.) können die Musterinhalte für Landesgleichberechtigungsgesetze über kontakt@vernetzungsstelle.de (www.vernetzungsstelle.de) oder bag@frauenbeauftragte.de (www.frauenbeauftragte.de) bestellt werden.
Heike Dieball, Hannover
- Deutscher Bundestag „Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf“ Erster Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, BMFSFJ, Drucksache 17/6240, 16.06.2011 ↩
- Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen: Zur Situation der kommunalen Gleichstellungsstellen und Frauenbüros – eine Diskussionsgrundlage. Berlin: 2013. ↩
- Vernetzungsstelle, LAG Schleswig-Holstein, BAG: Landesgleichstellungsgesetze – Stand und Perspektiven. Hannover: 2013. ↩
- Elke Wiechmann/Maria Oppen: Frauenförderpläne unter Reformdruck. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung: 1998. ↩
- Niedersachsen und Hessen. ↩
- Sachsen und Sachsen-Anhalt. ↩
- Baden-Württemberg. ↩
- Übrige Bundesländer. ↩
- Alle Bundesländer mit Ausnahme der Stadtstaaten und von Baden-Württemberg und Bayern. ↩