STREIT 4/2020

S. 191

Rheinland-Pfälzische Frauennotrufe fordern die sofortige Evakuierung von Moria

Empörung und die Aufnahme weniger ausgesuchter Menschen sind nicht genug

Die Situation der geflüchteten Menschen nach den Bränden in Moria ist eine Katastrophe mit Ansage und die Folge von gewollten politischen Entscheidungen zum Umgang mit geflüchteten Menschen in Deutschland und Europa. Auch in der gemeinsamen Stellungnahme unseres Bundesverbandes bff mit BKSF, BAG FORSA und DGfPI zu Moria vom 14.9.2020 wird dies deutlich benannt: „Längst hätte das Camp evakuiert werden müssen. Der Brand ist Ergebnis des Versagens der menschenrechtswidrigen europäischen und deutschen Politik in den letzten Jahren“.
Es war und ist seit langem bekannt, wie katastrophal die Lebensbedingungen in den völlig überfüllten Lagern an den Außengrenzen Europas wie Moria sind. Seit Monaten prangern unterschiedliche Organisationen und engagierte Menschen immer wieder die Situation gerade in Moria an.
Dass die Menschen dort trotz Corona einge­pfercht sind, es keine ausreichende Wasser- und Lebensmittelversorgung, so gut wie keine medizinische Versorgung gibt und Frauen täglich sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, ist allen bekannt und durch politische Entscheidungen herbeigeführt. Nach den Bränden und mit der völligen Obdachlosigkeit steigt die Gewalt gegen Frauen weiter an.

Wir fordern daher eine sofortige Evakuierung der geflüchteten Menschen auf Lesbos!
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz wendet sich darüber hinaus erneut entschieden gegen die Einrichtung von Lagern an den Außengrenzen Europas. Die Mitarbeiterinnen der Frauennotrufe warnen dabei auch vor Rückschritten im Gewaltschutz für geflüchtete Frauen und Mädchen.
Unter den geflüchteten Menschen sind viele Frauen und Mädchen, die zusätzlich zu Krieg, Terror und Verfolgung geschlechtsspezifische Gewalt erlebt haben. Frauen erleben auf ihrer Flucht häufig Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Ausbeutung und Gewalt.
In den Lagern an den europäischen Außengrenzen sind sie dann, wie alle Geflüchteten dort, unzumutbaren Lebensbedingungen und erneut massiven sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Frauen berichteten aus Moria, dass sie mit Windeln schlafen, weil sie sich nachts aus Angst vor Vergewaltigungen und Übergriffen nicht auf die Toiletten trauen.
Die Einrichtung von solchen Lagern in Europa verstößt daher auch gegen das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (Istanbul-Konvention), das auch Deutschland unterschrieben und sich damit zu dessen Einhaltung verpflichtet hat.
Über Artikel 4 Absatz 3 sind die Staaten verpflichtet, die Rechte aus der Konvention zu gewährleisten – ohne Diskriminierung wegen einer nicht abschließenden Reihe von Gründen wie etwa der Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung, sozialen Herkunft, dem Alter, Migrations- oder Flüchtlingsstatus oder wegen Behinderung.

Geflüchtete Frauen haben wie alle Frauen ein Recht auf Schutz vor Gewalt!

Stellungnahme der LAG der Frauennotrufe in Rheinland-Pfalz, September 2020