STREIT 2/2019
S. 90
BRAK-Studie zur Situation von Anwältinnen
In den BRAK-Mitteilungen Heft 5/2018, S. 218 ff., gibt Nicole Gentheim im Aufsatz „STAR 2018: Ergebnisse zur wirtschaftlichen Lage der Kanzleien und zur Berufszufriedenheit“ einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse des von der Bundesrechtsanwaltskammer beauftragten und vom Institut für Freie Berufe erstellten Statistischen Berichtssystems für Rechtsanwälte (STAR). In Wort und Bild sind Daten z.B. zur Wochenarbeitszeit (Mittelwert Männer: 44,7 Stunden, Frauen: 38,4 Stunden), zum Honorarumsatz (Mittelwert gesamtes Bundesgebiet Männer: 259TEUR, Frauen: 175TEUR und zum Überschuss (Mittelwert gesamtes Bundesgebiet Männer: 145TEUR, Frauen: 88TEUR) ausgewertet; die wirtschaftlichen Daten sind zudem noch einmal unterteilt in Ost und West, wobei die Zahlen OST signifikant geringer sind.
Im Anschluss an den Beitrag ist ab S. 223 ff. der Aufsatz von Ulrike Schultz „Haben Frauen in der Anwaltschaft schlechte Karten? – eine rechtssoziologische Betrachtung“ abgedruckt, die anhand der STAR-Untersuchung 2018 und einer Reihe weiterer aktueller Studien die Situation von Anwältinnen beleuchtet.
Der Anteil von Frauen in der Anwaltschaft liegt (Stand 2017) bei 34,37%, in der Justiz (Richterinnen, Staatsanwältinnen) nähert er sich 50%, während die Proportion Frauen Männer in der juristischen Ausbildung bei fast 3:2 liegt. Niedrig ist der Frauenanteil im Anwalts-Notariat (knapp 15% in 2017). Der Frauenanteil im Nur-Notariat wird von der Bundesnotarkammer nicht erfasst, statistische Erhebungen in einzelnen Bundesländern sprechen für einen ebenfalls sehr niedrigen Frauenanteil im Nur-Notariat (Nordrhein-Westfalen 10,5% in 2016).
Die Daten der Fachanwaltsstatistiken zeigen, dass Anwältinnen formal weniger und anders spezialisiert sind als Männer, insgesamt entfallen knapp 30% aller Fachanwaltstitel auf Anwältinnen. Nur in der Fachanwaltschaft Familienrecht dominieren Frauen (57%), im Sozialrecht beträgt der Frauenanteil in der Fachanwaltschaft 43%, im Medizinrecht 37%, ansonsten liegt er bei den zahlenmäßig großen Fachanwaltschaften im Bereich von unter 20%, z.B. Bau- und Architektenrecht 14%, Handels- und Gesellschaftsrecht 15,5%, jeweils ca. 17% in den Fachanwaltschaften Verkehrsrecht, Informations- und Technologierecht, Verwaltungsrecht, Versicherungsrecht, Steuerrecht und Insolvenzrecht.
Während die Einkommenskluft zwischen Ost und West sich seit 2013 nahezu unverändert zeigt, hat sich die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen weiter geöffnet. Bundesweit verdienten in Vollzeit beschäftigte Rechtsanwälte im Jahr 2016 80.000 EUR (West) / 43.000 EUR (Ost) und vollzeitbeschäftige Rechtsanwältinnen 64.000 EUR (West) / 32.000 EUR (Ost). Bei freier Mitarbeit verdient ein Rechtsanwalt im Bundesdurchschnitt 45.000 EUR, eine Rechtsanwältin 40.000 EUR. Das Einkommen eines Vollzeit-Syndikusanwalts betrug durchschnittlich 117.000 EUR, das einer ebenfalls in Vollzeit tätigen Syndicusanwältin 86.000 EUR. Bei Selbständigen stellt das Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen den bundesdeutschen Gender-Pay-Gap (23%) weit in den Schatten – umgerechnet auf ein Einkommen pro Arbeitsstunde liegen Männer im Westen mit 42 EUR/h (West) / 28 EUR/h (Ost) deutlich vor Frauen mit 27 EUR/h (West) / 19EUR/h (Ost).
Ulrike Schultz geht, nachdem sie das zusammengetragene Datenmaterial darstellt, in ihrem Beitrag auch auf mögliche Ursachen ein („Warum haben Frauen in der Anwaltschaft schlechte Karten?“), geht der Frage nach „Warum ist ein Wandel notwendig?“ und gibt einen Ausblick „Was ist zu tun, um die Stellung der Frauen in der Anwaltschaft zu stärken?“
Die Beiträge sind auch online abrufbar http://www.brak-mitteilungen.de/fruehere_ausgaben.htm
Susette Jörk