STREIT 2/2018

S. 57-61

Das neue Mutterschutzgesetz im Überblick – mit einigen kritischen Anmerkungen aus anwaltlicher Sicht

Art. 6 Abs. 4 GG – Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
Dieses Grundrecht wird für die Zeit der Schwangerschaft konkretisiert durch das Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz, MuSchG). Die Regelungen aus der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) sind in das MuSchG integriert worden. Verstöße gegen mutterschutzrechtliche Regelungen können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet werden.

Ziel des MuSchG, in Kraft getreten am 01.01.2018

  • Das Gesetz schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit, § 1 Abs. 1 Satz 1.

  • Das Gesetz ermöglicht es Frauen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit, ihre Beschäftigung ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und wirkt Benachteiligungen während dieser Zeiten entgegen, § 1 Abs. 1 Satz 2.

Geltungsbereich ausgeweitet
Das MuSchG gilt künftig auch für

  • Schülerinnen und Studentinnen,

  • arbeitnehmerähnliche Personen – im Sinne des Unionsrechts ist das jede Person, die während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Die Einstufung als Selbständige nach innerstaatlichem Recht schließt nicht aus, dass jemand als Arbeitnehmerin einzustufen ist (EuGH, 13.1.2004, Rs. C-256/01 „Allonby“),

  • für Frauen in betrieblicher Berufsbildung und Praktikantinnen (i.S.v. § 26 BBiG) – für Frauen in Berufsausbildung ohnehin, denn sie gelten als Arbeitnehmerinnen,

  • Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten,

  • Frauen, die als Entwicklungshelferinnen tätig sind,

  • Frauen, die als Freiwillige nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz arbeiten,

  • Frauen, die als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft, Diakonissen oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft auf einer Planstelle oder aufgrund eines Gestellungsvertrags für diese tätig werden, auch während der Zeit ihrer dortigen außerschulischen Ausbildung,

  • Frauen, die in Heimarbeit beschäftigt sind.

Schutzfristen, insbesondere nach Geburt eines Kindes mit Behinderung, § 3

  • Auf Antrag der Frau wird die Mutterschutzfrist nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung von acht auf zwölf Wochen verlängert (§ 3 Abs. 2, in Kraft seit 30.05.2017),

  • 12 Wochen auch weiterhin bei Früh- und Mehrlingsgeburten,

  • Schutzfrist vor und nach der Geburt jetzt beide in § 3 geregelt.

Verbot der Mehrarbeit – Verbesserung insbesondere für Teilzeitkräfte, § 4

  • Weiterhin Begrenzung auf 8,5 Std/täglich oder 90 Std/Doppelwoche

  • (unter 18-Jährige 8 bzw. 80 Stunden),

  • schwangere/stillende Frauen dürfen im Durchschnitt des Monats nicht über ihre vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden.

Nachtarbeit zwischen 20-22 Uhr nicht mehr tabu, §§ 5, 28
Die Aufsichtsbehörde kann auf Antrag des Arbeitgebers genehmigen, dass schwangere oder stillende Frauen bis 22.00 Uhr beschäftigt werden (allgemein ist Nachtarbeit nur die Arbeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr des Folgetags), wenn

  • die Schwangere oder Stillende sich ausdrücklich dazu bereit erklärt,

  • nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen ihre Beschäftigung bis 22 Uhr spricht,

  • eine unverantwortbare Gefährdung für die Schwangere oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.

  • Ihre Einverständniserklärung kann die Frau jederzeit widerrufen.

Sonn- und Feiertagsarbeit ist nicht mehr tabu, § 6

  • Wenn die Schwangere oder Stillende sich ausdrücklich dazu bereit erklärt, darf sie an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden,

  • ein Ersatzruhetag/Woche im Anschluss an eine mindestens 11-stündige Ruhezeit muss gewährt werden,

  • eine unverantwortbare Gefährdung für die Schwangere oder ihr Kind durch Alleinarbeit muss ausgeschlossen sein,

  • die Schwangere kann ihre Einverständniserklärung jederzeit widerrufen.

Alleinarbeit – insbesondere bis 22.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen, § 6

  • Alleinarbeit ist zulässig, wenn die schwangere/stillende Frau ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen kann und für schwangerschaftsbedingte Notsituationen die jederzeitige Erreichbarkeit von Hilfe durch Dritte sichergestellt ist (§ 2 Abs. 4).

  • Ob eine mutterschutzrechtlich unzulässige Alleinarbeit vorliegt, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

  • Der Ausschuss für Mutterschutz kann nach § 30 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 konkretisierende Regeln zum Schutz der schwangeren Frau und ihres Kindes in Fällen der Alleinarbeit aufstellen.

Betrieblicher Gesundheitsschutz, §§ 9 – 14

  • Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau alle erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit und der ihres Kindes zu treffen.

  • Soweit es gesundheitlich verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen.

  • Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit sollen vermieden oder ausgeglichen werden.

  • Künftig muss für jeden Arbeitsplatz eine anlass­unabhängige Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden – also egal, wer dort arbeitet und ob eine Mitarbeiterin schwanger ist.

  • Es muss für jede Tätigkeit feststehen, ob im Fall einer Schwangerschaft Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden oder eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder ob eine Fortführung der Tätigkeit für eine schwangere/stillende Frau nicht möglich sein wird.

Betriebliches Beschäftigungsverbot als ultima ratio, § 13
Werden unverantwortbare Gefährdungen festgestellt,

  • muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz durch Schutzmaßnahmen umgestalten.

  • Ist dies nicht möglich oder wegen unverhältnismäßig hohem Aufwand nicht zumutbar, muss die schwangere oder stillende Frau an einem anderen geeigneten und ihr zumutbaren Arbeitsplatz eingesetzt werden – natürlich nur im Rahmen des Direktionsrechts! Näheres hierzu weiter unten.

  • Sind weder Schutzmaßnahmen noch ein Arbeitsplatzwechsel möglich, darf die schwangere oder stillende Frau nicht weiter beschäftigt werden.

Weiterhin individuelles, ärztliches Beschäftigungsverbot, § 16

  • Ist nach ärztlicher Bescheinigung die Gesundheit der Schwangeren oder ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet, besteht keine Verpflichtung zur Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder zum Angebot eines Arbeitsplatzwechsels,

  • sowohl bei betrieblichem als auch bei ärztlichem Beschäftigungsverbot besteht Anspruch auf Mutterschutzlohn (§ 18).

Kündigungsschutz nun auch nach Fehlgeburt, § 17

  • Ab der zwölften Schwangerschaftswoche gilt ein viermonatiger Kündigungsschutz, falls die Schwangere eine Fehlgeburt erleidet (in Kraft seit 30.05.2017).

Kündigungsschutz: Auch Vorbereitung einer Kündigung unzulässig, § 17 Abs. 1 Satz 3

  • Während die Kündigung ausgeschlossen ist (§ 17 Abs. 1 Sätze 1, 2), sind auch Vorbereitungsmaßnahmen des Arbeitgebers unzulässig, die er im Hinblick auf eine Kündigung der Frau trifft (z.B. Anhörung BR/PR, Einschaltung des Integrationsamts).

Beschäftigung nach dem Ende eines Beschäftigungsverbots

  • Mit dem Ende eines Beschäftigungsverbots hat eine Frau das Recht, „entsprechend den vertraglich vereinbarten Bedingungen“ beschäftigt zu werden. Dies entspricht der bisher in Rechtsprechung und Lehre ohne jede Auseinandersetzung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG vertretenen Ansicht. Näheres hierzu weiter unten.

Ausschuss für Mutterschutz, § 30
Der Ausschuss für Mutterschutz wird gebildet beim BMFSFJ – besteht aus geeigneten Personen vonseiten der Arbeitgeber, Gewerkschaften, Ausbildungsstellen, Studierendenvertretungen, Landesbehörden, insbesondere Wissenschaftlern und hat die Aufgaben,

  • Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes nach wissenschaftlichen Kriterien zu ermitteln,

  • sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und arbeits-hygienische Regeln zum Schutz einer schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes aufzustellen,

  • das BMFSFJ in allen mutterschutzbezogenen Fragen zu beraten.

Mutterschutz für Beamtinnen

  • Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen gilt das gleiche Mutterschutzniveau, wie es auch für andere Beschäftigte nach dem MuSchG gilt, allerdings geregelt durch Rechtsverordnung: Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts.

Verbesserung für selbständige Frauen

  • Durch Änderungen des Versicherungsvertragsgesetzes haben privat versicherte selbstständige Frauen, wenn sie eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben, während der Mutterschutzfristen einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Krankentagegeldes.

Ungekürzter Jahresurlaub, § 24
Nicht neu – nur zur Erinnerung:

  • Eine Kürzung des Urlaubs wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote ist – anders als bei Elternzeit – nicht zulässig.

  • Soweit eine Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote (§§ 3, 13, 16) nicht oder nicht vollständig erhalten hat, kann sie den Resturlaub nach Ablauf der Fristen im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.

Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)
Nicht neu – nur zur Erinnerung:

  • Aufwendungen des Arbeitgebers für Mutterschutzlohn (§18) und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (§ 20) werden einschl. der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu 100% über das U2-Verfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) erstattet.

  • Das U2-Verfahren ist seit dem 01.01.2006 für alle Arbeitgeber verpflichtend. Die Höhe der Umlage wird von jeder Krankenkasse durch ihre Satzung in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festgesetzt. Berechnung der Umlagebeiträge erfolgt vom Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Umlage ist vom Arbeitgeber alleine zu tragen. Beitragssätze 2017: zwischen 0,30 % und 0,79 %.

Was ist gut, was ist zu kritisieren, und was wird behauptet, stimmt aber nicht?

Gut ist:

  • Ziel des Gesetzes, Frauen zu ermöglichen, während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit ihre Beschäftigung ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen.

  • Erweiterung des Geltungsbereichs.

  • Verlängerung der Schutzfrist, falls das Kind mit Behinderung geboren wird.

  • Kündigungsschutz für vier Monate auch nach einer Fehlgeburt.

  • Verbot von Vorbereitungshandlungen für eine Kündigung.

  • Begrenzung der Mehrarbeit – gilt gleichermaßen für voll- und teilzeitbeschäftigte Frauen, schützt aber insbesondere Teilzeitkräfte.

Zu kritisieren ist,

  • dass der Ausschuss für Mutterschutz die Arbeit frühestens 3 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes aufnehmen wird.

Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 ist eine Gefährdung unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird.
Der Ausschuss für Mutterschutz soll Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes nach wissenschaftlichen Kriterien ermitteln. Wie mit dieser gesetzlichen Definition umzugehen sein soll, solange auf Arbeitsergebnisse des Ausschusses gewartet werden muss, bleibt offen.

Was behauptet wird, aber nicht stimmt:

  • Versetzung auch ohne Weisungsrecht?
    In § 13 Abs. 1 Nr. 2 heißt es:
    „Kann der Arbeitgeber unverantwortbare Gefährdungen für die schwangere oder stillende Frau nicht durch die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach Nummer 1 ausschließen oder ist eine Umgestaltung wegen des nachweislich unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar, hat der Arbeitgeber die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen, wenn er einen solchen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann und dieser Arbeitsplatz der schwangeren oder stillenden Frau zumutbar ist.“
    Die letzten beiden Halbsätze fanden sich auch schon in der bisherigen Fassung des MuSchG und bilden die Grundlage für die Behauptung, dass die Frau auch Tätigkeiten übernehmen müsse, die dem Inhalt des Arbeitsvertrages nicht entsprechen.1 Mit dem Wortlaut lässt sich eine derartige Ansicht offensichtlich nicht begründen. Es war das BAG, das in einer Entscheidung von 1998 die durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers unstreitig nicht gedeckte Versetzung einer Flugbegleiterin zum Büropersonal in der Bodenstation für rechtens erklärte. Das Abweichen vom Grundsatz der Vertragstreue rechtfertigte es mit der nebenvertraglichen „Treuepflicht“ der Arbeitnehmerin, die es gebiete, dass sie daran mitwirke, „die finanziell nicht unerheblichen Folgen eines Beschäftigungsverbots für den Arbeitgeber möglichst gering zu halten“ (BAG 22.04.1998, 5 AZR 478/97, Rn 22).
    Abgesehen davon, dass jenes Urteil aus meiner Sicht schlicht frauenverachtend war, haben sich seit 1998 einige Dinge geändert. Zum einen treffen die „finanziell nicht unerheblichen Folgen eines Beschäftigungsverbots“ nicht mehr den einzelnen Arbeitgeber, denn seit dem 01.01.2006 gibt es das Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG), siehe oben.

Zum anderen gibt es das Verbot der Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts – das konnte man ja 1998 vielleicht noch gar nicht ahnen – das im am 18.08.2006 in Kraft getretenen Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wie folgt konkretisiert worden ist:
„Eine – unzulässige – unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses, auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.“ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AGG).
Es gibt keine Rechtfertigung, den Grundsatz, dass arbeitsvertragliche Vereinbarungen nicht einseitig geändert werden können, für schwangere oder stillende Frauen außer Kraft zu setzen. Also lasst uns vehement widersprechen, wenn irgendwo von einem angeblichen „mutterschutzrechtlichen“ Versetzungsrecht die Rede ist. In solchen Fällen ist sofort AGG-Alarm angezeigt!
Ach ja, die Bundesregierung führt in der Begründung ihres Gesetzentwurfs zu § 13 übrigens aus, dass (wenn eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes ausscheidet) ein Arbeitsplatzwechsel – unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen – infrage kommt (BT Drs. 18/8963 vom 28.06.2016, „Zu Nummer 2“ Seite 83, 3. Absatz). Es wäre ja zu schön gewesen, wenn dieser Zusatz im Gesetzestext aufgetaucht wäre!

  • Kein Rechtsanspruch auf Rückkehr an den früheren Arbeitsplatz nach Beschäftigungsverbot?
    In § 25 heißt es, dass die Frau mit dem Ende eines Beschäftigungsverbots das Recht hat, entsprechend den vertraglich vereinbarten Bedingungen beschäftigt zu werden. Ja, was denn sonst?! Spannend ist doch die Frage, inwieweit es dem Arbeitgeber freisteht, der Frau eine andere als die vor dem Beschäftigungsverbot ausgeübte Tätigkeit zuzuweisen, solange diese Tätigkeit nicht weggefallen ist. Seine Weisung unterliegt auf jeden Fall dem Gebot der Nichtdiskriminierung der Frau, die Mutter geworden ist bzw. bei vorübergehendem Beschäftigungsverbot, werden wird.
    In der Elternzeit-RL vom 08.03.2010 heißt es hierzu in § 5 unter der Überschrift „Arbeitnehmerrechte und Nichtdiskriminierung“, dass der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub das Recht hat, „an seinen früheren Arbeitsplatz zurückzukehren“, und nur wenn das nicht möglich ist, eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zugewiesen zu bekommen. Nun sind zwar von Diskriminierung aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit nach wie vor ganz überwiegend Frauen betroffen, von Diskriminierung aufgrund von Schwangerschaft und Mutterschaft aber ausschließlich Frauen. Wenn auf EU-Ebene schon im Fall von Elternzeit die Rückkehr auf den früheren Arbeitsplatz vorgesehen ist, liegt dieser Gedanke im Fall der Rückkehr nach mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten umso näher.
    Wenn von einer Frau, für die ein Beschäftigungsverbot galt, ein Arbeitsplatzwechsel verlangt wird, ist zu prüfen, ob sie den Arbeitsplatz auch hätte wechseln müssen, wenn für sie kein Beschäftigungsverbot gegolten hätte. Die Frage ist also: An welchem Arbeitsplatz wäre die Frau aktuell beschäftigt, wenn sie ihre Tätigkeit nicht aufgrund ihres Geschlechts hätte unterbrechen müssen? Auf genau diesem Arbeitsplatz muss sie weiterbeschäftigt werden, denn alles andere wäre eine unzulässige Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts.
    Wie heißt es in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 28.03.2017 (BT Drs. 18/11782) so schön: Dadurch, dass für Frauen zwingende mutterschutzrechtliche Vorschriften gelten, dürfen Frauen keine Nachteile im Erwerbsleben erleiden. Hierzu zählt sicherlich eine von der Frau nicht gewollte Versetzung. Weiter heißt es, dass die mit dem Beschäftigungsverhältnis verbundenen Rechte unverändert gewährleistet werden müssen. Dass dies nicht auch für den Arbeitsplatz gelten müsste, lässt sich den Ausführungen nicht entnehmen.

Fazit

Frauen müssen über die Regelungen des Mutterschutzgesetzes Bescheid wissen. Nur wenn sie ihre Rechte kennen, können sie sie durchsetzen. Wichtig ist also, dass Betriebs- und Personalräte, Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte und -vertreterinnen, Gewerkschaften, und alle, die vielleicht im Internet über das neue MuSchG informieren, dies korrekt und vollständig tun, vielleicht mit unserer Hilfe. Offenbar muss immer wieder betont werden, dass Frauen – auch im Kleinbetrieb, auch in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung, und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung – den besonderen Kündigungsschutz gem. § 17 MuSchG genießen. Damit klar ist, dass sie nicht gleich ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn sie z.B. nicht damit einverstanden sind, bis 22.00 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten.

  1. Schiefer/Baumann, DB 2017, 2929, 2935