STREIT 3/2024

S. 143

Die Tücke steckt im System – Wir müssen umorganisieren: Ein Rückblick auf die 4. Sommerakademie Feministische Rechtswissenschaft 2024

Das vierte Jahr in Folge versammelten sich 66 engagierte Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland zur Sommerakademie Feministische Rechtswissenschaft. Ausgerichtet wurde die Akademie dieses Mal vom 07.– 09. Juni in Marburg unter der Schirmherrschaft von Prof’in Dr’in Stefanie Bock. Unter dem Motto „Gesellschaft feministisch (um)organisieren: Vom Völkerrecht bis ins Private“ wurden nicht nur zentrale Fragen der feministischen Rechtswissenschaft diskutiert, sondern auch neue Wege der Vernetzung und des Austauschs beschritten. Insbesondere wurde die Sommerakademie erstmals von dem im letzten Jahr gegründeten „Verein Sommerakademie Feministische Rechtswissenschaft e.V.“ unterstützt. Dieser wird in Zukunft eine zentrale Rolle dabei spielen, die Sommer­akademie als festen Bestandteil des feministischen Diskurses zu etablieren und deren Weiterentwicklung nachhaltig zu fördern.

Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, sich innerhalb dreier Tracks intensiv mit spezifischen Aspekten der feministischen Rechtswissenschaft auseinander­zusetzen. Dabei reichte das Spektrum von Fragen des Völker- und Europarechts über queere Familienbildung bis hin zur kritischen Auseinander­setzung mit dem liberalen Demokratieverständnis.

Bei bestem Wetter startete die Sommerakademie im neuen Seminargebäude der Philipps-Universität Marburg. Nach der Begrüßung durch das Organisations­team und den Verein eröffnete die Schirmherrin Prof’in Dr’in Stefanie Bock die inhaltliche Arbeit mit einem inspirierenden Vortrag zu feministischen Perspektiven im Völkerstrafrecht, der zu angeregten Diskussionen über Chancen und Grenzen feministischer Ansätze in der Rechtswissenschaft führte. Das anschließende, bei der Sommerakademie gut etablierte, feministische Pubquiz bot den Teilnehmer:innen zudem eine unterhaltsame Möglichkeit, ihr Wissen zu testen und sich in lockerer Atmosphäre auszutauschen.

Der Samstag stand ganz im Zeichen der intensiven inhaltlichen Arbeit in den drei thematischen Tracks. So referierte Luisa Weyers in Track 1 zu feministischen Interventionen in Menschenrechtsregimen am Beispiel geschlechtsbezogener Gewalt. In Track 2 fand ein ganztägiger Workshop zur queeren Familienbildung im Recht statt, geleitet von Susanna Roßbach und Juli Heinicke. In Track 3 referierte Eva-Maria Landmesser zum Thema „Das liberaldemo­kratische Paradox: Recht und Marginalisierung“.

Im Anschluss an eine stärkende Mittagspause erhielten die Teilnehmer:innen die Gelegenheit, sich an Thementischen mit verschiedenen Vereinen wie u.a. dem Deutschen Juristinnenbund, der Gesellschaft für Freiheitsrechte sowie der STREIT auszutauschen und mit Ansprechpartner*innen ins Gespräch zu kommen. Die Ausstellung der Kampagne „Mehr als du denkst – weniger als du denkst“ machte darüber hinaus auf Zahlen und Statistiken rund um Schwanger­schaftsabbrüche in Deutschland aufmerksam.

Am Nachmittag führte Dilken Çelebi in Track 1 die Teilnehmer:innen in die völker- und europarechtliche Erfassung geschlechtsspezifischer Gewalt ein. Nach einem fundierten Vortrag hatten die Teilnehmer:innen die Gelegenheit, europarechtliche Richtlinien selbst kritisch aus einer feministischen Perspektive zu hinterfragen und zu diskutieren. Parallel dazu wurde in Track 2 die Einheit von Susanna Roßbach und Juli Heinicke an praktischen Fallbeispielen fort- gesetzt. In Track 3 widmete sich Philipp Polta einem hochaktuellen Thema: der Gefahr, die Antifeminismus für die Demokratie darstellt.

Die Vorträge des zweiten Tages endeten in einem inhaltlichen Speeddating. Hier konnten die Teilnehmer:innen ihre Eindrücke und Erkenntnisse aus den verschiedenen Tracks austauschen und vertiefen. Schließlich rundete eine feministische Stadtführung durch Marburg den ereignisreichen Tag am Abend ab. Am Sonntag folgten die abschließenden inhaltlichen Einheiten in den Tracks, bevor die Sommer­akademie 2024 mit einer herzlichen Verabschiedung durch das Organisationsteam endete. In Track 1 diskutierte Dr’in Dorothy Makaza-Goede über „Gendered Coloniality: An International Legal Perspective“. In Track 2 stellte Prof’in Dr’in Henrike von Scheliha in einem interaktiven Vortrag die Rechtslage zu Eizellabgabe und Leihmutterschaft vor, während in Track 3 Carolin Zieringer über die Verknüpfung von radikaler Demokratietheorie und feministischer Care-Politik referierte.

Nach einem Wochenende voller inspirierender Vorträge, anregender Diskussionen und wertvoller Begegnungen blicken wir mit Freude und Dankbarkeit auf die Sommerakademie 2024 zurück. Die intensiven Vorbereitungen haben sich mehr als ausgezahlt, und wir möchten uns bei allen Referent:innen, Teilnehmer:innen und Unterstützer:innen herzlich bedanken. Die Sommerakademie soll noch viele Jahre erhalten bleiben, daher freuen wir uns über alle, die dazu beitragen, künftige Sommerakademien zu organisieren und den Verein weiter auszubauen und zu stärken.