STREIT 1/2025

S. 37-40

VG Kassel, § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylG

Drohende Reinfibulation für somalische Frau nach Entbindung kann Flüchtlingseigenschaft begründen

1.  Die Praxis der Reinfibulation (Wiederverschließung der Vagina) ist in Somalia verbreitet und wird auch gegen den Willen der betroffenen Frau durchgeführt.
2. Wenn an einer Frau bereits einmal ohne ihr Einverständnis eine Reinfibulation durchgeführt wurde, gilt die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU) einer erneut drohenden geschlechts­spezifischen Verfolgung.
(Leitsätze der Redaktion)

Urteil des VG Kassel vom 1.11.2022 – 4 K 5763/17.KS.A

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin ist somalische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und stellte einen Asylantrag, welcher vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge negativ beschieden wurde. In Somalia hatte die Klägerin eine Totgeburt, woraufhin bei ihr eine Infibulation ohne ihr Einverständnis durchgeführt wurde. Die Ehe mit dem damaligen Mann ist geschieden worden, in Deutschland hat sie einen Mann nach islamischem Recht geheiratet und mit ihm bereits ein Kind und erwartet ein zweites. Sie befürchtet bei einer Rück- kehr nach Somalia eine erneute Verstümmelung durch medizinisch nicht sachgemäße Öffnung und Verschließung der Vagina.

Aus den Gründen:

I. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 ff. AsylG liegen vor. […]
Ausgehend von der zugunsten der Klägerin als Vor- verfolgten eingreifenden Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie aufgrund der durch ärztliches Attest der Frauenarztpraxis Dr. med. , Dr. med. ... vom  2022 bei der Klägerin festgestellten Genitalverstümmelung Grad III nach WHO steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sie im Falle einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit weiter- hin von der oben dargestellten Verfolgung bedroht ist. Dies auch insbesondere deshalb, da die Klägerin, wie sie durch Vorlage des Mutterpasses (Bl. 146 – 151 Bd. I d. A.) belegt hat, aktuell wieder schwanger ist und bei einer Rückkehr nach Somalia und einer dort durchgeführten Geburt wieder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nach Überzeugung des Gerichts mit einer Reinfibulation rechnen müsste.
Die Klägerin hat im Heimatland die dort am meisten verbreitete (sogenannte Pharaonische) Beschneidung (gudniinka fircoonige) erlitten, welche weitgehend dem WHO Typ III (Infibulation) entspricht (LIFOS 16.4.2019, S. 13 f.; vgl. Crawford 2015, S. 66 f.) und von der somalischen Bevölkerung unter dem – mittlerweile auch dort geläufigen – Synonym „FGM“ verstanden wird (Crawford 2015, S. 68).

Hinsichtlich FGM herrscht zwar kein Zwang, allerdings besteht eine Art Gruppendruck (ACCORD 31.5.2021, S. 41). Hauptantrieb, weswegen Mädchen weiterhin einer FGM/C unterzogen werden, ist der Druck, sozialen Erwartungen gerecht zu werden (Crawford 2015. S. 82). So gibt es etwa Berichte über erwachsene Frauen, die sich einer Infibulation unterzogen haben, da sie sich durch (sozialen) Druck dazu gezwungen sahen (Crawford 2015. S. 73). Mitunter üben nicht beschnittene Mädchen aufgrund des gesellschaftlichen Drucks selbst Druck auf Eltern aus, damit die Verstümmelung vollzogen wird (Crawford 2015, S. 83; vgl. LIFOS 16.4.2019, 42 f./26; ACCORD 31.5.2021, S. 41).
Die umfassende FGM in Form einer Infibulation stellt eine Art Garantie der Jungfräulichkeit bei der ersten Eheschließung dar. Die in der Gemeinde zirkulierte Information, wonach eine Frau nicht infibuliert ist, wirkt sich auf das Ansehen und letztendlich auf die Heiratsmöglichkeiten der Frau und anderer Töchter der Familie aus. Daher wird die Infibulation teils immer noch als notwendig erachtet (LIFOS 16.4.2019, S. 38 f.; vgl. LI 15.3.2021, S. 11). Kulturell gilt die Klitoris als „schmutzig“, eine Infibulation als ästhetisch. Letztere trägt zur Ehre der Frau bei, denn sie beschränkt den Sexualdrang, sichert die Jungfräulichkeit und sichert die Heirat (LI 15.3.2021, S. 10). Dahingegen werden unbeschnittene Frauen oft als schmutzig oder un-somalisch bezeichnet (LI 15.3.2021, S. 16), als abnormal und schamlos (Crawford 2015, S. 82 f.) (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen, Länderinformation der Staatendokumentation, Version 3, 21.10.2021, S. 161 ff. und so auch noch in Version 4 vom 27.07.2022, S. 151 ff.).

Die Klägerin hat eine solche Infibulation bereits er- litten und zudem wurde bei ihr nach der Totgeburt des ersten Kindes eine Reinfibulation bereits durch- geführt, wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar schilderte. Die – auch im vorliegenden Sachverhalt einschlägige – Frage der Reinfibulation (Wiederherstellung einer Infibulation, Wiederzunähen) betrifft jene Frauen und Mädchen, die bereits einer Infibulation unterzogen und später deinfibuliert wurden. Letzteres erfolgt z. B. im Rahmen einer Geburt, zur Erleichterung des Geschlechtsverkehrs (LIFOS 16.4.2019, S. 35/12; vgl. LI 15.3.2021, S. 9/12) oder aber z. B. auf Wunsch der Familie, wenn bei der Menstruation Beschwerden auftreten (LIFOS 16.4.2019, S. 32; vgl. LI 15.3.2021, S. 12).
Eine Reinfibulation kommt v. a. dann vor, wenn Frauen – üblicherweise noch vor der ersten Eheschließung – eine bestehende Jungfräulichkeit vorgeben wollen (DIS 1.2016, S. 23). Obwohl es vor einer Ehe gar keine physische Untersuchung der Jungfräulichkeit gibt (LIFOS 16.4.2019, S. 40 f.), kann es bei jungen Mädchen, die z. B. Opfer einer Vergewaltigung wurden, zu Druck oder Zwang seitens der Eltern kommen, sich einer Reinfibulation zu unterziehen (Crawford 2015, S. 73/76; vgl. CEDOCA 13.6.2016, S. 9). Vergewaltigungsopfer werden oft wieder zugenäht (TRF 27.2.2019; vgl. LI 15.3.2021, S.12). Es kann auch vor- kommen, dass Eltern oder Verwandte eine bestehende Infibulation als zu gering erachten und ein Mädchen deswegen zu einem zweiten Eingriff geschickt wird (Crawford 2015, S. 74). Stellt nämlich der Ehemann in der Hochzeitsnacht fest, dass eine Deinfibulation bereits vorliegt, kann dies Folgen haben – bis hin zur sofortigen Scheidung. Letztere kann zu einer indirek- ten Stigmatisierung infolge von „Gerede“ führen.
Generell können zur Frage der Reinfibulation von vor der Ehe deinfibulierten Mädchen und jungen Frauen nur hypothetische Angaben gemacht werden, da z. B. den von der schwedischen COI-Einheit LIFOS befragten Quellen derartige Fälle überhaupt nicht bekannt waren (LIFOS 16.4.2019, S.40 f.). Als weitere Gründe, warum sich Frauen für eine Reinfibulation im Sinne einer weitestmöglichen Verschließung entscheiden, werden in einer Studie aus dem Jahr 2015 folgende genannt: a) nach einer Geburt: Manche Frauen verlangen z. B. eine Reinfibulation, weil sie sich nach Jahren an ihren Zustand gewöhnt hatten und sich die geöffnete Narbe ungewohnt und unwohl anfühlt; b) manche geschiedene Frauen möchten als Jungfrau- en erscheinen; c) Eltern von Vergewaltigungsopfern fragen danach; d) in manchen Bantu-Gemeinden in Süd-/Zentralsomalia möchten Frauen, deren Männer für längere Zeit von zu Hause weg sind, eine Reinfibulation als Zeichen der Treue (Crawford 2015, S. 76; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S. 11). Gesellschaftlich verliert die Frage einer Deinfibulation oder Reinfibulation nach einer Eheschließung generell an Bedeutung, da die Vorgabe der Reinheit/Jungfräulichkeit irrelevant geworden ist (LIFOS 16.4.2019, S. 40). Für verheiratete oder geschiedene Frauen und für Witwen gibt es keinen Grund, eine Jungfräulichkeit vorzugeben (CEDOCA 13.6.2016, S. 6). Wird eine Frau vor einer Geburt deinfibuliert, kann es vorkommen, dass nach der Geburt eine Reinfibulation stattfindet. Dies obliegt i. d. R. der Entscheidung der betroffenen Frau (LIFOS 16.4.2019, S. 40; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S. 26).

Die Gesellschaft hat kein Problem damit, wenn eine Deinfibulation nach einer Geburt bestehen bleibt (CE- DOCA 9.6.2016, S.26) und es gibt üblicherweise keinen Druck, sich einer Reinfibulation zu unterziehen. Viele Frauen fragen aber offenbar von sich aus nach einer (manchmal nur teilweisen) Reinfibulation (CE- DOCA 13.6.2016, S. 9 f.). Gemäß Angaben einer Quelle ist eine derartige – von der Frau verlangte – Reinfibulation in Somalia durchaus üblich. Manche Frauen unterziehen sich demnach mehrmals im Leben einer Reinfibulation (Crawford 2015, S. 73/75 f.).
Nach anderen Angaben kann ein derartiges Neuvernähen der Infibulation im ländlichen Raum vorkommen, ist in Städten eher unüblich (FIS 5.10.2018, S. 29). Die Verbreitung variiert offenbar auch geografisch: Bei Studien an somalischen Frauen in Kenia haben sich 35 von 57 Frauen einer Reinfibulation unterzogen. Gemäß einer anderen Studie entscheiden sich in Puntland 95 % der Frauen nach einer Geburt gegen eine Reinfibulation (CEDOCA 9.6.2016, S. 13 f.).
Insgesamt gibt es zur Reinfibulation keine Studien, die Prävalenz ist unbekannt (LI 15.3.2021, S. 12 f.). Freilich kann es vorkommen, dass eine Frau – wenn sie z. B. physisch nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen – auch gegen ihren Willen einer Reinfibulation unterzogen wird; die Entscheidung treffen in diesem Fall weibliche Verwandte oder die Hebamme. Es kann natürlich auch nicht völlig ausgeschlossen wer- den, dass Frauen durch Druck von Familie, Freunden oder dem Ehemann zu einer Reinfibulation gedrängt werden. Insgesamt hängt das Risiko eine Reinfibulation also zwar vom Lebensumfeld und der körperlichen Verfassung der Frau nach der Geburt ab, aber generell liegt die Entscheidung darüber bei ihr selbst. Sie kann sich nach der Geburt gegen eine Reinfibulation entscheiden. Es kommt in diesem Zusammenhang weder zu Zwang noch zu Gewalt (LIFOS 16.4.2019, S. 40 f.). Keine der zahlreichen, von der schwedischen COI-Einheit LIFOS dazu befragten Quellen hat jemals davon gehört, dass eine deinfibulierte Rückkehrerin nach Somalia dort zwangsweise reinfibuliert worden wäre (LIFOS 16.4.2019, S. 41 (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen, Länderinformation der Staatendokumentation, Version 3, 21.10.2021, S. 175 f. und so auch in Version 4 vom 27.07.2022, S. 166 f.).

Angesichts der obigen Ausführungen ergibt sich zwar, dass offenbar eine Reinfibulation nicht zwangsweise durchgeführt wird gegen den Willen der Frau. Allerdings besteht bei der Klägerin die Besonderheit, dass sie bereits in der Vergangenheit – wie sie glaubhaft im Rahmen der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht schilderte – im Zustand nach einem Kreislauszusammenbruch im Geburtsvorgang nach der Geburt vernäht wurde, wobei diese Entscheidung die Schwestern der Klägerin getroffen hätten. Es sei in Somalia nicht üblich, dass ein Ehemann bei der Geburt des Kindes im Krankenhaus anwesend ist.
Ob ihr jetziger Ehemann im Falle der Rückkehr nach Somalia eine erneute Reinfibulation von der Klägerin verlangen würde, konnte sie nicht sicher mitteilen, da sie, da sich die Frage noch nicht gestellt habe, nicht darüber gesprochen hätten. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die – schwangere – Klägerin ja bereits in einem Zustand physischer Ohnmacht eine Reinfibultation erlitten hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass der jetzige Ehemann der Klägerin im Falle einer erneuten Ohnmacht der Klägerin im Rahmen der Geburt gefragt werden würde. Die Klägerin hat im Übrigen hierzu auch glaubhaft angegeben, dass ihre ältere Schwester, die ebenfalls bereits Kinder hat, jedes Mal erneut wieder verschlossen wurde. In einem solchen Fall wäre damit zu rechnen, dass die Familie, d. h. die Schwestern – gefragt werden würden, sollte sich die Klägerin in einem Zustand befinden, der es ihr nicht erlaubt, selbst eine hinreichende Entscheidung kund- zutun. Dass der Eintritt eines solchen Ereignisses nicht ein Ereignis von geringer Wahrscheinlichkeit, sondern vielmehr eine sehr realistische Möglichkeit darstellt, hat die Vergangenheit der Klägerin bereits gezeigt, wie diese glaubhaft im Rahmen der mündlichen Verhandlung schilderte. Auch der Vortrag der Klägerin, dass es wenig wahrscheinlich ist, dass der – nach islamischem Recht – verheiratete Ehemann bei einer solchen Entscheidung gefragt werden würde, um den Willen der Klägerin zu erforschen, erscheint im vorliegenden Einzelfall, wo die Klagerin ihren jetzigen Ehemann frei von religiösem oder familiärem Druck nach der Flucht aus dem Herkunftsland ausgewählt hat, als äußerst wahrscheinlich.

Nach Rechtsprechung des VG Frankfurt am Main (Urteil vom 21. Februar 2022, Az.: 9 K 919/20.F.A, Bl. 178-192 Bd. 1 d.A.) liegen im Übrigen gerade keine belastbaren Zahlen über die Häufigkeit einer erlittenen Reinfibulation vor. Umgekehrt folgt hier- aus aber auch, dass es keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse dazu gibt, dass sich eine zwangsweise Genitalverstümmelung bei einer Rückkehr nicht wiederholen wird. Dies insbesondere, da die Klägerin noch im gebärfähigen Alter ist und – insbesondere aufgrund der aktuellen Schwangerschaft im Falle der Rückkehr akut die Frage auftritt – ob ein Öffnen und Wiederverschließen der Vagina erfolgen wird.
Auch ist zu berücksichtigen, dass die Herkunftsregion der Klägerin (Hiiran) eine Region ist, in der sich mitunter auch wesentliche Teile unter Kontrolle von Al-Shabaab befinden (Bundesamt für Fremdenwesen, Länderinformation der Staatendokumentation, Version 3, 21.10.2021, S. 53 und so auch noch in Version 4 vom 27.07.2022, S. 49), so dass ein religiöses Rollenbild hier noch mehr – durch die Anwesenheit der Al-Shabaab – besteht.
Gemäß § 3 Abs.1 Nr. 1, § 3a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6, § 3b Abs. 1 Nr. 4, § 3c Nr, 3, § 3d Abs. 1 AsylG liegt nach alledem in diesem Einzelfall unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Sachverhalts eine flüchtlingsrelevante Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (junge gebär- fähige Frau) anknüpfend an die Geschlechtszugehörigkeit vor, die ausgeht von nichtstaatlichen Akteuren, ohne dass der Staat willens oder in der Lage ist, Schutz zu gewähren, und die schwerwiegend ist (vgl. auch VG München, Urteil vom 20.8.2015 – M 11 K 14.31160; VG Freiburg, Urteil vom 18.11.2020 – A1 K 8709/17).

Der Klägerin steht auch nicht die Möglichkeit des internen Schutzes im Sinne des § 3e Abs. 1 AsylG in einem anderen Teil von Somalia offen. […] Beim internen Schutz muss die Existenzgrundlage soweit gesichert sein, dass vom Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort aufhält. […] Nach diesen Maßgaben sprechen aus Sicht des Gerichts die aktuellen, Somalia betreffenden Erkenntnismittel (AA 2021 sowie die Länderanalyse der Beklagten zu Somalia mit Stand November 2020) bereits eindeutig dafür, dass im Falle der Klägerin als Frau bereits auf Grund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage ein- schließlich der Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung nicht von einer gesicherten Existenzgrundlage in jedem Teil des Landes die Rede sein kann. Dies insbesondere auch deshalb, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kernfamilie davon auszugehen ist, dass die Klägerin gemeinsam mit ihrem Mann und dem Kind zurückehren wird.
[…] Da insoweit – auch mangels staatlicher oder anderer organisierter Rückkehrprogramme bzw. Wiedereingliederungshilfen des somalischen Staates – die Sicherung des Existenzminimums in einem anderen Landesteil und auch mangels dort möglicher familiärer Unterstützung […] eine baldige Sicherung des Existenzminimums für die Familie als nicht hinreichend gesichert erscheint, ist von einer mangelnden Möglichkeit internen Schutzes auszugehen. […]

Hinweis der Redaktion

Das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz hat am 21.11.2024 – Abteilung IV, D 1011/2022 – in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass einer Frau aus Somalia, die als Kind eine „pharaonische Beschneidung“ erlitten hatte und vor einer Zwangsverheiratung in die Schweiz geflohen war, die Flüchtlingseigenschaft wegen der in Somalia zu befürchtenden Refibulation zuzuerkennen sei:
„[…] 6.4: Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin eine begründete Furcht hat glaubhaft machen können, wegen der hierzulande erfolgten Defibulation bei einer Rückkehr nach Somalia flüchtlingsrechtlich relevanten, ernsthaften Nachteilen im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt zu werden. Sie erfüllt damit die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG unter dem Aspekt eines subjektiven Nachfluchtgrunds (Art. 54 AsylG). […]“
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