STREIT 4/2017

S. 146

Editorial STREIT 4/2017

„Kinder oder keine entscheiden wir alleine!“ Dieses grundlegende Menschenrecht, über den eigenen Körper, die eigene physische und psychische Gesundheit und über den eigenen Lebensweg entscheiden zu dürfen, wird Frauen im Patriarchat abgesprochen. Die Forderung nach ersatzloser Streichung des § 218 StGB war daher eine der zentralen Forderungen der Alten Frauenbewegung und sie wurde zum Auslöser der Neuen Frauenbewegung Anfang der 1970er Jahre. Seither haben Frauen viel erreicht, aber nach wie vor wird einer Frau nicht zugestanden, dass sie legitimer Weise selbst entscheidet, ob sie eine Schwangerschaft und die damit verbundene Verantwortung für ein Kind für sich akzeptiert. In den letzten Jahren versuchen sogenannte Lebensschützer verstärkt, die schon erreichten Freiräume für Frauen wieder zu beschneiden, was erneut Proteste gegen die §§ 218 ff. StGB auslöst und notwendig macht. Ulrike Lembke berichtet vom Gießener Prozess gegen die Ärztin Kristina Hänel wegen Verstoß gegen § 219 a StGB und analysiert die Hintergründe.
Mit der fortbestehenden strukturellen Diskriminierung von Frauen, die nicht zuletzt auf den noch immer patriarchal strukturierten Folgen des Kindergebärens für Frauen beruht, setzt sich das LVerfG MV auseinander und bestätigt, das Frauenförderung durch Frauen – auch wenn sie heute Gleichstellungsbeauftragte und nicht mehr Frauenbeauftragte heißen – nach wie vor notwendig ist. Ein anschauliches Beispiel für den noch immer bestehenden Wahrheitsgehalt der Parole „Ungeborenes wird geschützt – Geborenes wird ausgenützt“ liefern die Verfasser der Düsseldorfer Tabelle, die die – schon immer unter dem tatsächlichen Bedarf liegenden – Unterhaltssätze für Kinder ab 2018 weiter gesenkt haben.
Frauen, die aus deutlich schlimmeren patriarchalen Verhältnissen nach Deutschland fliehen, eine sichere Zuflucht zu bieten, ist unsere Pflicht. Das verdeutlichen die Urteile des VG Ansbach und des VG Gelsenkirchen.

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Die Redaktion