STREIT 4/2019

S. 164

BAG, § 17 BEEG

Elternzeit – keine automatische Kürzung des Urlaubs­anspruchs

1. Urlaub, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt werden kann, verfällt während der Elternzeit nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums.
2. Die Kürzung des Urlaubs nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG führt zu einer Anpassung der Urlaubsdauer an die während der Elternzeit ausgesetzte Arbeitspflicht. Sie ist damit Ausdruck des im gesamten Urlaubsrecht anwendbaren allgemeinen Rechtsgedankens, dass der Umfang des Erholungsurlaubs während des Urlaubsjahres zur bestehenden Arbeitspflicht ins Verhältnis zu setzen ist. Bei diesem Verständnis steht § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG im Einklang mit dem Unionsrecht.
3. Der Arbeitgeber kann das Kürzungsrecht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG nur im bestehenden Arbeitsverhältnis durch Abgabe einer (empfangsbedürftigen) rechtsgeschäftlichen Erklärung ausüben. Er kann den Urlaub vor, während und nach dem Ende der Elternzeit kürzen, nicht jedoch vor der Erklärung des Arbeitnehmers, Elternzeit in Anspruch zu nehmen.

Urteil des BAG vom 19.03.2019, 9 AZR 495/17

Praxishinweis
Auch während der Elternzeit entsteht der volle Jahresurlaubsanspruch. Die Arbeitgeberseite kann durch eine Erklärung nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG den Jahresurlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit (gemeint sind hier nicht volle Lebensmonate des Kindes, sondern Kalendermonate, die am 1. eines jeden Monats beginnen) um 1/12 kürzen. Die Kürzung ist also kein Automatismus, sondern verlangt eine ausreichend deutliche Kürzungserklärung, die mehr sein muss als die bloße Angabe der (gekürzten) Resturlaubstage auf der Entgeltabrechnung.
Unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung hatte das Bundesarbeitsgericht bereits vor einigen Jahren festgestellt, dass die Kürzungserklärung nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG rechtswirksam nicht mehr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegeben werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13, STREIT 1/2016, S. 43).
Mit der vorstehend abgedruckten Entscheidung wird nun klargestellt, dass auch eine verfrühte Kürzungserklärung nicht rechtswirksam ist, sondern das konkrete Elternzeitverlangen abzuwarten ist, weil erst dann die konkrete Elternzeit für die Arbeitgeberseite feststeht. Damit sind formularmäßige Erklärungen z.B. im Arbeitsvertrag in aller Regel nicht geeignet, den Urlaubsanspruch während der Elternzeit zu kürzen.

Susette Jörk