STREIT 2/2020

S. 68-71

LSG Niedersachsen-Bremen, §§ 24i, 192 SGB V

Mutterschaftsgeld während Arbeitslosigkeit und Elternzeit für erstes Kind

1. Die Voraussetzungen für eine einen Mutterschaftsgeldanspruch begründende Mitgliedschaft in der Gesetzlichen Krankenversicherung kann durch eine nahtlose Kette von Erhaltungstatbeständen des § 192 SGB V hergestellt werden.
2. Rechtsfolge der erhaltenen Mitgliedschaft ist, dass die erhalten gebliebene Pflichtmitgliedschaft eine vollwertige Pflichtmitgliedschaft ist, während der grundsätzlich alle in Betracht kommenden Leistungsansprüche erworben werden können.
(Leitsätze der Redaktion)

Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.12.2019, L 16 KR 191/18 (rk.)

Aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Mutterschaftsgeld für ihr am 3. April 2017 geborenes zweites Kind.
Die […] Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie war bis zum 31. Dezember 2015 befristet versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 1. Januar 2016 bezog sie Arbeitslosengeld (Alg) I bis zum 24. Januar 2016, ab dem 25. Januar 2016 Mutterschaftsgeld für ihr erstgeborenes Kind und ab 5. Mai 2016 bis 8. März 2017 Elterngeld. Die Mutterschutzfrist für das zweite Kind begann am 26. Februar 2017 während des Bezuges des Elterngeldes. Nach der Bescheinigung der Hebamme H. vom 26. März 2017 war der mutmaßliche Tag der Entbindung der 9. April 2017.
Mit Schreiben vom 26. März 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung von Mutterschaftsgeld für das zweite Kind. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. März 2017 ab, da die Klägerin in der Zeit vom 5. Mai 2016 bis 8. März 2017 über den Bezug von Elterngeld beitragsfrei versichert sei. Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld ergebe sich aus dieser Mitgliedschaft nicht. Mitglieder, deren Arbeitsverhältnis bei Beginn der neuen Schutzfrist beendet sei, deren Mitgliedschaft jedoch allein aufgrund des Bezuges von Elterngeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhalten bleibe, hätten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keinen erneuten Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Hiergegen legte die Klägerin […] Widerspruch ein […]. Hätte der Elterngeldbezug zwei Tage vor Beginn der Mutterschutzfristen für das zweite Kind geendet, hätte sich die Klägerin für einen Tag erneut arbeitslos melden können und müssen mit der Folge, dass sie dann erneut versicherungspflichtig gewesen wäre und einen Anspruch auf Krankengeld gehabt hätte. Dass hier rein zufällig die Schutzfrist in den Zeitraum des Elterngeldbezuges falle, könne dies grundsätzlich nicht ändern. […]
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin […] zurück. […] Versicherte, für die noch während des Erziehungsurlaubes, aber erst nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine neue Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) beginne, hätten bei Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V keinen Anspruch auf laufendes Mutterschaftsgeld nach § 200 Reichsversicherungsordnung (RVO). […]
Hiergegen hat die Klägerin […] Klage […] erhoben […]. Das SG hat die Klage […] abgewiesen und auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass das BSG im Urteil vom 8. August 1995 – 1 RK 21/94 zwar einen etwas anderen Sachverhalt betroffen habe, jedoch darin ausgeführt worden sei, dass die in § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V angeordnete Erhaltung der Mitgliedschaft nicht bedeute, dass auch der die Mitgliedschaft ursprünglich auslösende Tatbestand aufrecht erhalten werde oder als aufrecht erhalten gelte. […] Zum Zeitpunkt des Eintrittes der Mutterschutzfrist habe die Klägerin noch Elterngeld bezogen und sei über § 192 SGB V krankenversichert gewesen. Dadurch habe sie jedoch keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Zwar wäre es anders gewesen, falls sich die Klägerin zwischenzeitlich wieder arbeitslos gemeldet hätte, was jedoch nicht geschehen sei. […]
Gegen das […] Urteil hat die Klägerin […] Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben. […]

Aus den Gründen:
[…]
Die gemäß §§ 143 f. SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. […] Die Klägerin hat Anspruch auf die Zahlung von Mutterschaftsgeld für das zweite Kind.
Rechtsgrundlage für den Bezug von Mutterschaftsgeld ist § 24i Abs. 1 und 3 SGB V in der vom 17. Juli 2015 bis zum 31. Juli 2017 geltenden Fassung durch Art. 5 GKV- Versorgungsstärkungsgesetz -GKV-VSG- vom 16. Juli 2015 (BGBl I 1211) (zum 1. August 2017 geändert durch das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz -HHVG- vom 4. April 2017, BGBl I 778). Diese Vorschrift lautet:
„Weibliche Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, erhalten Mutterschaftsgeld. Mutterschaftsgeld erhalten auch Frauen, deren Arbeitsverhältnis unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 des Mutterschaftsgesetzes endet, wenn sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses Mitglied einer Krankenkasse waren. Mutterschaftsgeld erhalten auch Frauen,
1. deren Arbeitsverhältnis unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes endet, wenn sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses Mitglied einer Krankenkasse waren oder
2. die zu Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht erfüllen, weil ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld nach den § 157 oder 159 des SGB III geruht hat.“
[…]
Die Klägerin kann die Zahlung von Mutterschaftsgeld für das zweite Kind verlangen.

Ausweislich der Bescheinigung der Hebamme H. vom 26. März 2017 war der mutmaßliche Tag der Entbindung der 9. April 2017, die Sechswochenfrist des § 24i Abs. 3 Satz 1 SGB V begann am 26. Februar 2017.
Die Klägerin kann die Zahlung von Mutterschaftsgeld […] nach § 24i Abs. 1 Satz 1 1. Alt SGB V verlangen, denn sie hätte bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld gehabt. Die Voraussetzungen für eine einen Krankengeldanspruch begründende Mitgliedschaft sind über eine Kette von nahtlosen ununterbrochenen Erhaltungstatbeständen nach § 192 SGB V erhalten geblieben. Die Klägerin hatte sich – anders als in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG – nicht völlig aus dem Arbeitsleben gelöst.

Ein Anspruch auf Krankengeld ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben die in § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1- 4 SGB V aufgeführten Versicherten.

Die Klägerin war hier zunächst bis zum 31. Dezember 2015 versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete zum 31. Dezember 2015. Danach war sie aufgrund des Anspruchs auf Alg I vom 1. Januar bis 24. Januar 2016 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungspflichtig mit Anspruch auf Krankengeld. Die Mitgliedschaft blieb […] über § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl I 2462) bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistungen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Pflegeunterstützungsgeld bezogen wird.

Ab dem 25. Januar 2016 wurde die Mitgliedschaft gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrechterhalten wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld. Seit dem 5. Mai 2016 bis 8. März 2017 – und damit zum Zeitpunkt des Beginns der neuen Schutzfrist nach § 24i Abs. 3 Satz 1 SGB V am 26. Februar 2017- wurde die Mitgliedschaft ebenfalls nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V durch den Bezug von Elterngeld aufrechterhalten. Während des Bezuges von Mutterschaftsgeld und Elterngeld ist die Mitgliedschaft beitragsfrei (§ 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass im Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall der Status als arbeitslose Versicherungspflichtige erhalten blieb und mithin auch ein entsprechender Krankengeldanspruch, so dass das Mutterschaftsgeld zu zahlen ist. Als Arbeitslose hatte die Klägerin ursprünglich grundsätzlich einen Anspruch auf Krankengeld, der allerdings nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V zunächst wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld und des Bezuges von Mutterschaftsgeld für das erste Kind ruhte. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange Versicherte Elternzeit in Anspruch nehmen.

Das BSG hat in dem Urteil, auf das sich die Beklagte bezieht, einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld verneint bei einer Versicherten, die während des Bezuges von Erziehungsgeld ein weiteres Kind erwartete und mehrere Monate vorher ihr bis dahin ruhendes Arbeitsverhältnis gekündigt hatte (BSG, Urteil vom 8. August 1995 – 1 RK 21/94 = SozR 3-2200 § 200 RVO Nr. 4; vgl. auch Felix in Schlegel-Voelzke, juris-PK § 192 Rdnr. 17; Peters, Kasseler Kommentar, § 192 Rdnr. 14). Die Regelungen über das Fortbestehen der Mitgliedschaft während des Bezuges von Erziehungsgeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V enthielten keine gesetzliche Fiktion, wonach alle aus einem inzwischen beendeten Beschäftigungsverhältnis resultierenden potentiellen Leistungsansprüche bis zum Ende des Erziehungsurlaubs unverändert fortbestehen. Die bei beendetem Beschäftigungsverhältnis für die Zeit des Erziehungsurlaubs fortbestehende Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V begründe danach kein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld. […]
Das BSG hat ausdrücklich nicht entschieden, ob der Erhalt der Mitgliedschaft bei einem suspendierten Arbeitsverhältnis nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einen Anspruch auf Krankengeld vermittelt und ob die Übertragung auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gerechtfertigt wäre, obwohl darin nicht an eine vorherige versicherungspflichtige Beschäftigung, sondern lediglich allgemein an die Versicherungspflicht angeknüpft wird, da die dortige Klägerin im Anschluss an die erste Geburt ihr zunächst ruhendes Arbeitsverhältnis gekündigt hatte und spätestens damit den möglicherweise bis dahin noch erhaltenen Status als versicherungspflichtige Beschäftigte aufgegeben hat. […] Weiter heißt es in dem Urteil: „Der Ausschluss des Krankengeldanspruchs bei einem Versicherungsfall über fünf Monate nach der vollständigen Lösung des Arbeitsverhältnisses steht auch mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Einklang. […] Der Anspruch nach § 200 Abs. 1 erste Alternative RVO wurde für Versicherte geschaffen, die zwar nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, die jedoch auf andere Weise gegen den krankheitsbedingten Ausfall von Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen gesichert sind, entweder im Anschluss an ein Arbeitsverhältnis durch die Krankenversicherung als Arbeitsloser, als krankenversicherter Selbstständiger oder aufgrund freiwilliger Versicherung. Nach der Entstehungsgeschichte hat auch der Anspruch nach der ersten Alternative des § 200 Abs 1 RVO zumindest mittelbar den Zweck, entgangenes Erwerbseinkommen zu ersetzen. Die Gewährung von Mutterschaftsgeld an eine Versicherte, die ihre Beziehung zum Erwerbsleben abgebrochen hat, wäre mit diesem Zweck nicht zu vereinbaren.“

Ein Fall wie der vom BSG entschiedene liegt hier jedoch nicht vor. Die Klägerin hatte sich vor der Geburt des ersten Kindes nicht vollständig aus dem Arbeitsleben gelöst bzw. ihre Beziehung zum Erwerbsleben abgebrochen. Das befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin endete zum 31. Dezember 2015 und danach bezog sie nach den Angaben der Beklagten bis zum Beginn des Mutterschaftsgeldbezuges für das erste Kind Arbeitslosengeld. Damit unterscheidet sich dieser Fall auch von dem vom BSG im Urteil vom 17. Juni 1999 – B 12 KR 22/98 SozR 3-2500 § 192 Nr. 6 entschiedenen Fall, indem kein Arbeitslosengeld gezahlt worden war. Die Mitgliedschaft war – auch nach dem Vorbringen der Beklagten – hier durch den Bezug von Arbeitslosengeld über § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten.

In einem späteren Urteil ordnet das BSG der nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhaltenen Mitgliedschaft die Qualität einer Beschäftigten-Versicherung zu (BSGE 90, 72, 76 = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10, Seite 33). Die aufrechterhaltene Mitgliedschaft beinhaltet alle Leistungsansprüche aus der bisherigen Mitgliedschaft, also auch den Anspruch auf Krankengeld (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 7/02 R; vgl. auch Felix, a.a.O., § 192 Rdnr. 30; Peters, a.a.O.). Dass dieser Anspruch während der Elternzeit ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) ist danach unbedeutend; entscheidend ist der bestehende Grundanspruch auf Krankengeld. Entscheidend ist allein, dass der begünstigende Tatbestand nach Beendigung des vorangegangenen mitgliedschaftserhaltenden Sachverhalts noch ohne Unterbrechung vorliegt (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 7/02 R m.w.N.).
Im vorliegenden Fall wird der Bezug zum Arbeitsleben durch eine nahtlose Kette von Erhaltungstatbeständen hergestellt. Wenn mehrere Tatbestände des § 192 SGB V hintereinander erfüllt sind, bestehen nach der Rechtsprechung des BSG keine Bedenken gegen die Annahme, dass eine zunächst nach einem ersten Erhaltungstatbestand erhalten gebliebene Pflichtmitgliedschaft anschließend nach einem anderen Erhaltenstatbestand weiterhin erhalten wird. Erforderlich ist aber, dass die Tatbestände zeitweise gleichzeitig verwirklicht sind oder nahtlos aufeinander folgen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 7/02 R, SozR 4-2200 § 200 Nr. 1; Peters, a.a.O., § 192 Rdnr. 23). Rechtsfolge der erhaltenen Mitgliedschaft ist, dass die erhalten gebliebene Pflichtmitgliedschaft eine vollwertige Pflichtmitgliedschaft ist, während der grundsätzlich alle in Betracht kommenden Leistungsansprüche erworben werden können (Peters, a.a.O., Rdnr. 24).

Anmerkung

Im Streit stand, ob die Klägerin Mutterschaftsgeld beanspruchen kann.
Gesetzlich krankenversicherte Frauen erhalten gemäß § 24i SGB V Mutterschaftsgeld, wenn sie bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben, wobei die in § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 4 aufgeführten Versicherten vom Krankengeldbezug ausgeschlossen sind. Gesetzlichen Krankenversicherungsschutz mit Anspruch auf Kranken- und Mutterschaftsgeld vermitteln dabei zunächst die Pflichtversicherungstatbestände nach § 5 SGB V, also z.B. ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) oder der Bezug von Arbeitslosengeld (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Enden diese Sachverhalte und liegen damit die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung nach § 5 SGB V nicht mehr vor, endet der gesetzliche Krankenversicherungsschutz nicht zwingend, sondern in bestimmten Fallkonstellationen bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger gemäß § 192 SGB V erhalten, z.B. bei einer sich unmittelbar anschließenden Elternzeit oder beim Bezug von Elterngeld (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Dabei stellt sich die Frage, ob sich die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft nach § 192 SGB V auch auf alle Leistungsansprüche aus der vorangehenden Mitgliedschaft erstreckt, also auch auf den Krankengeldanspruch und damit den Mutterschaftsgeldanspruch.
In dem vom LSG Niedersachsen-Bremen entschiedenen Fall endete das befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin während ihrer Schwangerschaft und sie bezog im Anschluss an das Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses noch für drei Wochen Arbeitslosengeld, danach Mutterschaftsgeld und im Anschluss Elterngeld. Während des Elterngeldbezuges wurde sie erneut schwanger und die Mutterschutzfrist für das zweite Kind begann noch während der Zeit des Elterngeldbezugs für das erste Kind.
Die Krankenkasse lehnte die Zahlung von Mutterschaftsgeld für das zweite Kind ab, weil die Klägerin während des Elterngeldbezugs nur noch beitragsfrei versichert gewesen sei und während beitragsfreier Versicherung kein neuer Krankengeldanspruch und folglich kein neuer Mutterschaftsgeldanspruch entstehen könne. Dabei bezog sich die Krankenkasse auf eine Entscheidung des BSG vom 08.08.1995, 1 RK 21/94, in der ein Mutterschaftsgeldanspruch bei einer Versicherten verneint wurde, die während des Elterngeldbezuges ein weiteres Kind erwartete und mehrere Monate zuvor ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt hatte.
Die Klägerin machte geltend, dass es ihr nicht zum Nachteil gereichen dürfe, dass die Mutterschutzfrist für die zweite Schwangerschaft rein zufällig noch in die erste Elterngeldzeit falle. Hätte die zweite Schwangerschaft nur wenig später begonnen, wäre sie nach Ende des Elterngeldbezuges für das erste Kind erneut arbeitslos gewesen und hätte als Arbeitslosengeldempfängerin Mutterschaftsgeld beziehen können.

Im Ergebnis verurteilte das LSG die Krankenkasse zur Zahlung von Mutterschaftsgeld, weil die Klägerin einen vollwertigen Versicherungsstatus als Arbeitslose durch eine Kette von nahtlosen Erhaltungstatbeständen aufrechterhalten hat: nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses war sie wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) mit Anspruch auf Krankengeld pflichtversichert. Diese Mitgliedschaft wurde gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zunächst wegen des Mutterschaftsgeldbezuges für das erste Kind und im Anschluss durch den Elterngeldbezug aufrechterhalten. Bei Beginn der Mutterschutzfrist für das zweite Kind bestand diese aufrechterhaltene Mitgliedschaft fort, und zwar nach Ansicht des LSG trotz der beitragsfreien Versicherung als vollwertige Pflichtmitgliedschaft, während der grundsätzlich alle in Betracht kommenden Leistungsansprüche erworben werden können. Es sei gerade nicht erforderlich, zunächst das erste Elterngeld auslaufen zu lassen und sich vor der zweiten Schutzfrist kurzzeitig arbeitslos zu melden.
Dabei verneinte das LSG einen gleichgelagerten Sachverhalt, wie er der Entscheidung des BSG vom 08.08.1995, 1 RK 21/94, zugrunde gelegen hat, denn hier hatte sich die Klägerin vor der Geburt des ersten Kindes durch Eigenkündigung vollständig aus dem Arbeitsleben gelöst und ihre Beziehung zum Arbeitsleben aktiv abgebrochen.
Vielmehr verweist das LSG auf eine spätere Entscheidung des BSG (Urteil vom 17.02.2004, B 1 KR 7/02 R), in der es der nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhaltenen Mitgliedschaft (im Falle des Elterngeldbezuges) die Qualität einer Beschäftigten-Versicherung zuordnet, die alle Leistungsansprüche aus der bisherigen Mitgliedschaft beinhaltet, also auch den Anspruch auf Krankengeld. Dabei ist es unbedeutend, dass dieser Anspruch während der Elternzeit ruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), entscheidend ist der bestehende Anspruch dem Grunde nach.
Folglich erhält die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft nach § 192 SGB V alle Leistungsansprüche aus der vorangehenden Mitgliedschaft, also auch den Anspruch auf Kranken- und Mutterschaftsgeld. Dass der Krankengeldanspruch wiederum während der Elternzeit ruht, ist unschädlich.
Das soll jedoch nicht uneingeschränkt gelten, da dem Mutterschaftsgeld Entgeltersatzfunktion zukommt (vgl. § 200 RVO); ein bewusster Abbruch der Beziehung zum Erwerbsleben soll damit nicht vereinbar sein. Hätte also die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt oder nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses für die kurze Zeit kein Arbeitslosengeld beantragt, soll der anspruchsbegründende Zurechnungszusammenhang entfallen und die Entscheidung wäre anders ausgefallen.

Susette Jörk