STREIT 3/2024

S. 111-112

Mutterschutz für Selbständige – Repräsentative Befragung selbständig tätiger Frauen und Männer im Auftrag des BMFSFJ

Untersuchungsbericht (Untersuchungszeitraum: 03.02.2024–04.03.2024) (Auszug)

Kernergebnisse 

Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend befragte das Institut für Demoskopie Allensbach im Frühjahr 2024 beruflich selbständige Frauen und Männer zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zum Mutterschutz für Selbständige. Weibliche Soloselbständige wurden mündlich-persönlich befragt, männliche und weibliche Selbständige mit Beschäftigten ausschließlich online. 

  • Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt für die große Mehrheit der Selbständigen ein Problem dar. 75 % der befragten Frauen und 81 % der befragten Männer finden es insbesondere für selbständige Mütter – im Vergleich zu angestellten Müttern – eher oder sehr schwer, zu einer guten Vereinbarkeit zu kommen. Noch etwas häufiger als die langen Arbeitszeiten und der hohe Druck wirkt dabei belastend, dass die Arbeit in bestimmten Situationen einfach liegen bleibt, etwa wenn Kinder krank sind. Viele schrecken besonders vor Betriebsunterbrechungen zurück. Zwar findet nur eine Minderheit, dass selbständige Frauen sich zwischen Beruf und Elternschaft entscheiden müssten; über 80 % betrachten aber das Vorhandensein geeigneter Betreuungsangebote sowie Unterstützung durch die Familie als unabdingbare Voraussetzungen für die Elternschaft selbständiger Frauen. 

  • Ganz besondere Vereinbarkeitsprobleme entstehen nach der Geburt eines Kindes. Von den selbständig tätigen Frauen, die ihr Kind während der Selbständigkeit bekommen haben, sind 65 % nur „ganz kurz“ aus dem Beruf ausgestiegen. Um die trotzdem für viele entstehenden finanziellen Probleme – etwa, weil weniger Aufträge angenommen werden konnten – abzufedern, griffen 62 % auf finanzielle Unterstützung durch ihre Partner zurück und 46 % auf ihre Ersparnisse. Nur 35 % kamen nach ihrer Auskunft in dieser Zeit finanziell gut über die Runden. 

  • Im Vergleich zu Angestellten fühlen sich 56 % der selbständigen Frauen beim Mutterschutz sehr und weitere 30 % etwas benachteiligt. Unter den möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht deshalb die Verbesserung des Mutterschutzes für Selbständige obenan. 85 % der selbständigen Frauen wünschen sich vom Staat eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Mutterschutz von Selbständigen. Die bestehenden Möglichkeiten für finanzielle Unterstützung während des Mutterschutzes sind nicht gut bekannt; 44 % haben weder von den Angeboten der freiwillig gesetzlichen noch der privaten Krankenversicherungen gehört. Von jenen, die ein Kind während der Selbständigkeit bekamen, haben auch nur 35 % von den Angeboten der gesetzlichen (22 %) oder privaten Krankenversicherungen (13 %) Gebrauch gemacht; rund zwei Drittel hatten keine finanzielle Mutterschutz-Unterstützung aus diesen Versicherungen. Da eine Nutzung praktisch immer nur dann erfolgte, wenn die Leistungen auch bekannt waren, wäre ein höherer Bekanntheitsgrad dieser Leistungen bereits eine wichtige Voraussetzung für einen besseren Mutterschutz. 

  • Immerhin würden fast drei Viertel der selbständigen Frauen die Unterstützung aus der freiwilligen gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung bei einer zukünftigen Mutterschaft in Betracht ziehen (49 bzw. 25 %). Voraussetzungen wären für viele allerdings höhere Leistungen bzw. ein besseres Preis-Leistungsverhältnis. Von jenen, die bei einer Geburt auf die Absicherung durch die Krankenkasse verzichten würden, geben 29 % an, eine solche Absicherung sei ihnen zu teuer. 

  • Praktische Unterstützung durch Betriebshelferinnen und Betriebshelfer, die es vorerst in der Regel nur für Selbständige in der Land- und Forstwirtschaft gibt, haben 3 % der selbständigen Mütter schon in Anspruch genommen (1 % aller selbständigen Frauen). Für 23 % aller selbständigen Frauen käme eine Nutzung dieser Unterstützung nach einer Geburt grundsätzlich in Frage, wenn derartige Hilfe auch auf andere Branchen ausgeweitet würde. Zwar halten es viele für schwierig, dann geeignete Ersatzkräfte für die eigene Tätigkeit zu finden, ausgeschlossen wird das aber nur von einer Minderheit. 

  • Eine Betriebsunterbrechungsversicherung haben nur 11 % der weiblichen Selbständigen abgeschlossen, am ehesten jene, die selbst Angestellte beschäftigen und deshalb bei einer Unterbrechung auch Löhne weiterzuzahlen hätten. Die bislang eher auf Unterbrechungen nach Schadensfällen eingeschränkten Versicherungen sollten nach der Ansicht von 59 % der Selbständigen auch den Mutterschutz mit abdecken. Im Mittel gehen die Interessentinnen von einer notwendigen Laufzeit von 12 Wochen aus. 

  • Ein Kredit für die Überbrückung des Mutterschutzes käme lediglich für 12 % der weiblichen Selbständigen grundsätzlich in Frage. Im Mittel veranschlagen die potentiellen Nutzerinnen monatliche Kosten von etwa 2.500 Euro, für 3 Monate also 7.500 Euro. 

  • Für die Nutzung einer (verbesserten) Mutterschaftsunterstützung gibt es unter den selbständigen Frauen ein beträchtliches Potential: 85 % würden nach einer (weiteren) Geburt gern zumindest eine der verbesserten Unterstützungs­möglichkeiten in Anspruch nehmen. Viele wären auch dazu bereit, für die Verbesserungen des Mutterschutzes bei Krankenversicherungen, Betriebshilfe oder Betriebsausfall­versicherungen höhere Beiträge zur Absicherung in Kauf zu nehmen. Erkennbar unterdurchschnittlich ist allerdings die Beteiligungsbereitschaft der älteren selbständigen Frauen, für die weitere Kinder wenig wahrscheinlich sind, sowie der selbständigen Männer. 

  • Die Idee einer umlagefinanzierten Mutterschaftsabsicherung wird von den selbständigen Frauen mit deutlicher Mehrheit befürwortet; 48 % betrachten sie als eine gute Idee; eine ablehnende Haltung nehmen lediglich 25 % ein; 27 % bleiben unentschieden. Unter den selbständigen Männern finden sich dagegen etwa ebenso viele Gegner (38 %) wie Befürworter (36 %) einer solchen Umlagefinanzierung. Dabei muss man vor Augen haben, dass die Männer aus dieser Umlage keine Leistungen zu erwarten hätten. Dementsprechend lehnen von den selbständigen Männern 44 % die Einzahlung in eine derartige Umlage ab, von den selbständigen Frauen nur 32 %. Hierbei täten sich nicht nur die erklärten Gegnerinnen und Gegner mit der Einzahlung in die Umlage schwer, sondern auch einige, die einem solchen Modell ansonsten eher neutral gegenüberstehen. 

  • Lediglich 20 % der selbständigen Frauen fühlen sich (sehr) gut über Unterstützung beim Mutterschutz für Selbständige informiert. 76 % wünschen sich wenigstens eine weitere Information zum Thema.