STREIT 1/2020

S. 47

Neues Entschädigungsrecht greift zu spät

Am 29.11.2019 entscheidet der Bundesrat über das neue Soziale Entschädigungsrecht. Es enthält deutliche Verbesserungen für gewaltbetroffene Frauen. Der bff kritisiert das späte Inkrafttreten.
Am 7.11.2019 hat der Bundestag das neue Soziale Entschädigungsrecht (SER) beschlossen. Das Gesetz passiert am 29. November den Bundesrat. Ziel ist es, dass Opfer von Gewalttaten schneller und zielgerichteter Hilfe und Entschädigung erhalten.
Der bff kritisiert, dass die meisten Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts erst zum 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen. „Das ist deutlich zu spät und gewaltbetroffenen Frauen nur schwer vermittelbar“, so Katharina Göpner, Referentin des bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe. Wird beispielsweise in den nächsten vier Jahren eine Frau gestalkt und ist davon schwer geschädigt, kann sie noch keine Entschädigungsleistungen nach dem neuen Gesetz erhalten. Wie sehr die Veränderungen tatsächlich gewaltbetroffenen Frauen zugutekommen, wird zudem entscheidend von der Rechtsauslegung abhängen. Der bff fordert deswegen Schulungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt für Mitarbeitende, die über die Anträge entscheiden.
Der bff begrüßt zugleich viele der neuen Regelungen. „Im bisherigen Opferentschädigungsrecht waren gewaltbetroffene Frauen quasi außen vor. Sie haben zu oft keine Leistungen erhalten, die Hürden waren zu hoch“, erläutert Katharina Göpner. Dies soll mit dem neuen Gesetz anders werden. So haben Betroffene von psychischer Gewalt Anspruch auf Leistungen, das war vorher nicht der Fall. Auch erfasst sind alle Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Zudem sind Beweiserleichterungen beim Nachweis psychischer Folgen von erlebter Gewalt vorgesehen und Betroffene müssen nicht zwingend eine Strafanzeige stellen, um Leistungen zu erhalten. Außerdem werden Betroffene mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft gleichgestellt. „Das sind deutliche Verbesserungen, die wir gemeinsam mit anderen Verbänden vehement gefordert hatten“, betont Katharina Göpner.
Berlin, 28.11.2019

Hinweis der Redaktion:
Siehe hierzu auch Stellungnahme der BKSF Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend vom 28.10.2019 zum „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts“ der Bundesregierung. Download unter
https://www.bundeskoordinierung.de/de/article/239.bksf-nimmt-stellung-bei-ser-anh%C3%B6rung-im-ausschuss-f% C3%BCr-arbeit-und-soziales.html.