STREIT 4/2017

S. 189-191

Programm des 44. Feministischer Juristinnentag vom 11.-13. Mai 2018 in Frankfurt/Oder an der Europa-Universität Viadrina

Freitag 11.5.2018, 16:00-18:00 Uhr
Einführungen für neue Teilnehmerinnen*

Prof. Dr. i.R. Sibylla Flügge, Frankfurt/Main
Die Geschichte und Struktur des FJT wird vorgestellt und den Teilnehmerinnen wird die Möglichkeit gegeben, sich kennenzulernen.

Aktuelle Entwicklungen in der feministischen Rechtswissenschaft – eine Einführung
Prof. Dr. Ulrike Lembke, Berlin/Hagen
In der AG werden die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der feministischen Rechtstheorie vorgestellt und aktuelle Entwicklungen werden zur Diskussion gestellt.

20.00 Uhr
Eröffnungsveranstaltung im Collegium Polonicum
Entwicklungen der Frauenbewegung

Prof. Dr. Monika Platek, Warschau im Gespräch mit Prof. Dr. Eva Kocher, Frankfurt/Oder
Monika Platek, Professorin für Kriminologie an der Universität Warschau, wird im Gespräch mit Eva Kocher über die Entwicklungen der Frauenbewegung in ihren historischen und aktuellen politischen Bezügen und über aktuelle Herausforderungen für Feministinnen in Polen sprechen.

Anschließend: Empfang

Samstag 12.5.2018
AGs 1. Block: 09:30-11:00 Uhr

1.) Opferdiskurs – zwischen Anerkennung und Instrumentalisierung
RAin Petra Ladenburger, Köln, RAin Martina Lörsch, Bonn
Hat die Nutzung des Begriffs „Opfer“ eine eher befreiende oder einengende Wirkung? Die AG wird sich damit beschäftigen, ob die Verwendung des Opferbegriffs zur Verdeutlichung struktureller Gewalt gegen Frauen Betroffene hindern kann, sich von negativen Zuschreibungen dieses Begriffes zu lösen oder auch den Begriff „Opfer“ für sich zu nutzen. In der AG soll zudem erörtert werden, wie der Opferbegriff für politische Ziele und im Helfersystem für die eigene Selbstwerterhöhung instrumentalisiert wird und sich gleichzeitig ein gesellschaftlicher Backlash andeutet.

2.) Abtreibung in Deutschland und Polen
Prof. Dr. Ulrike Lembke, Berlin und FernUni Hagen, Dr. Barbara Namysłowska Gabrysiak, Warschau
In den letzten Jahren häufen sich in Deutschland Angriffe sogenannter „Lebensschützer“ auf § 218-Beratungsstellen und Arztpraxen, in denen Abtreibungen vorgenommen werden. So wird es für Frauen, die eine Abtreibung vornehmen wollen, immer schwerer, diesen Eingriff durchführen zu lassen. In Polen wird erneut eine Verschärfung des Abtreibungsverbots geplant. Auf diesem Hintergrund ist es an der Zeit, sich erneut mit dem grundsätzlichen Recht der Frauen auf Abtreibung und mit den notwendigen Änderungen der §§ 218 ff. StGB auseinanderzusetzen.

3.) Hate Speech – Chancen und Risiken von Content Regulierung 2017
Julia Krüger, Politikwiss. am Centre for Internet and Human Rights der Uni Frankfurt/Oder
In Fortsetzung des Forums vom FJT 2017 beschäftigen wir uns mit konkreten Hate Speech-Bekämpfungsstrategien und ihren Problemen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird vorgestellt und Kritik daran formuliert. Größere Teile der digitalen Plattform-Öffentlichkeiten werden bereits komplett automatisiert durch Algorithmen reguliert. Inwiefern ändert sich dadurch die Vorstellung und Durchsetzung etablierter Normen und wie muss dies bei der Bekämpfung von Hass und Hetze berücksichtigt werden?

4.) (Über-)Gewichtsdiskriminierung
Prof. Dr. Susanne Dern, Fulda
Während vielerorts noch von einer Epidemie der ‚Übergewichtigkeit‘ gesprochen wird, formiert sich längst aktivistischer und akademischer Widerstand gegen die Diskriminierung dicker Menschen. Die Fat Studies hinterfragen gängige Annahmen zum Zusammenhang von Gesundheit und Körpergewicht und legen die Diskriminierungserfahrungen dicker Menschen offen. Die Arbeitsgemeinschaft führt in die Fat Studies ein, thematisiert die spezifische Diskriminierung dicker Frauen und gibt einen Überblick über den rechtlichen Schutz vor (Über-)Gewichtsdiskriminierung.

5.) Lesbendiskriminierung: Kein Recht auf Erinnerung?
Dr. Barbara Degen, Bonn; Dr. phil. des. Iwona Dadej, wiss. Mitarb. Uni Warschau, Berlin
In Fortsetzung der Diskussionen zur Geschichte der Diskriminierung von Lesben im Recht beim FJT 2017 in Hamburg soll die Frage vertieft werden, wie Lesbendiskriminierung rechtstheoretisch zu fassen ist, obwohl in Deutschland kein ausdrückliches Verbot weiblicher Homosexualität existierte. Dies wird anhand eines aktuellen Konflikts in der Gedenkstätte Ravensbrück diskutiert, in dem es darum geht, ob Lesben als verfolgte Gruppe anerkannt und bedacht werden sollten. Die Situation in Deutschland soll mit der Situation in Polen verglichen werden.

6.) Wanderarbeiterinnen im Haushalt
Marta Böning, DGB Bundesvorstand, Berlin
Viele Frauen aus Osteuropa arbeiten in Deutschland unter extrem ausbeuterischen Bedingungen. Besonderer Arbeitsort ist dabei der Privathaushalt – mittels Werkverträgen oder als Scheinselbständige arbeiten dort mehrere hunderttausend Haushaltshilfen und Pflegekräfte bei niedrigster Bezahlung und ohne jede Absicherung. Nach einem Input, der die Erfahrungen aus der Beratungspraxis wiedergibt, soll diskutiert werden, wie die Pflegearrangements geändert werden müssten, damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auf ausbeuterische Arbeitsverhältnisse verzichten können.

AGs 2. Block: 11:30-13:00 Uhr

7.) Nebenklage im Völkerstrafrecht mit besonderem Fokus auf Sexualstraftaten – Herausforderungen und Besonderheiten
RAin Silke Studzinsky, Berlin/Den Haag
Die Nebenklage in völkerstrafrechtlichen Verfahren steht vor besonderen Herausforderungen: Die Straftaten wurden im Ausland und oft in Gebieten, in denen weiterhin Krieg herrscht, begangen. Die Verletzten befinden sich möglicherweise nicht in Deutschland. Sexualstraftaten werden oft systematisch begangen. Effektiver Schutz für die Verletzten ist kaum zu gewährleisten. Dies kann sogar zur Einschränkung der Rechtswahrnehmung führen.

8.) Homophobe Straftaten
OStA‘in Ines Karl, Berlin
Unter dem Begriff „homophobe Straftaten“ ist jede Form von vorurteilsmotivierter Kriminalität zu verstehen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität oder Orientierung richtet aber auch wegen jeder anderen queeren oder sonstigen nicht-heteronormativen Lebensweise (LSBTTIQ). Es hat sich aber gezeigt, dass innerhalb dieser Communities nur eine geringe Bereitschaft besteht, Straftaten auch anzuzeigen. Die Referentin wird sich in ihrem Vortrag mit den Gründen dafür befassen und mögliche Lösungsansätze präsentieren.

9.) Datenschutz als Handlungskonzept in Frauenberatungsstellen
Dr. Bärbel Heide Uhl, Gründerin von ‚datACT-data protection in anti-trafficking action‘, Koordinierungsstelle brandenburgischer Frauenhäuser Potsdam
Wie kann das Recht der Betroffenen (von Menschenhandel, häuslicher Gewalt, sexualisierter Gewalt etc.) als Datensubjekt gestärkt werden? Was sind die Verpflichtungen der Fachberatungsstellen und Frauenhäuser? Welche Strategien können sie verfolgen, um gegen Handy-Ortung und andere Surveillance-Techniken vorzugehen? Welche Möglichkeiten bietet die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung? Wie kann eine zunehmende sicherheitspolitische Strategie, die bei als ‚gefährdet‘ eingestuften Betroffenen von Menschenhandel und häuslicher Gewalt greift, mit deren Rechten als Datensubjekt ausbalanciert werden?

10.) Das SGB XIII: Verbesserungen für gewaltbetroffene Frauen und Kinder?
RAin Dr. Daniela Schweigler, Frankfurt/Main, Uni Mainz
Das Soziale Entschädigungsrecht soll in ein neues Buch des Sozialgesetzbuchs eingeordnet werden. Betroffene von häuslicher/geschlechtsspezifischer Gewalt begegnen im geltenden Opferentschädigungsrecht einer Reihe von Schwierigkeiten. Werden die heutigen Schwächen durch das geplante SGB XIII beseitigt? Welche Aussichten bestehen für eine gesetzliche Verankerung eines Schutz- und Hilfeanspruchs und eine solide Finanzierung von Frauenhäusern? Diskutiert wird der Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

11.) Geschlechternormen und der gerichtliche Blick auf Kinder und Familien bei Transgeschlechtlichkeit
RAin Dr. Laura Adamietz, Bremen
Vom Sorgerecht für ein transgeschlechtliches Kind mit einem unterstützenden und einem blockierenden Elternteil über das Umgangsrecht eines transitionierenden Elternteils bis hin zur Ausstellung der Geburtsurkunde für das Kind eines gebärenden Vaters: Verschiedene Fachgerichte und der BGH haben in jüngerer Zeit darüber entschieden, wie mit der Transgeschlechtlichkeit eines Familienmitglieds umzugehen ist. Anhand von Berichten aus der Praxis soll diskutiert werden, wie die Normalvorstellungen der Gerichte erschüttert werden können, um den Interessen möglichst aller Beteiligten gerecht zu werden. 

12.) Sterilisation von Frauen mit Behinderungen zwischen ‚Freiwilligkeit‘ und Zwang
Prof. Dr. Julia Zinsmeister, Köln
Der UN Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat Deutschland aufgefordert, § 1905 BGB, der die Sterilisation einwilligungsunfähiger Frauen mit Behinderungen institutionalisiert, ersatzlos zu streichen. Es gilt aber auch, den scheinbar freiwilligen Eingriffen, denen sich 17% der Frauen mit Behinderungen unterzogen haben, und der häufigen Vergabe von Drei-Monats-Spritzen an Frauen mit intellektuellen Beeinträchtigungen Rechnung zu tragen. Wo liegen die Ursachen für diese scheinbar freiwillige exzessive Verhütungspraxis, wo können feministische Forderungen ansetzen?

Foren: 14:30-16:30 Uhr

1.) Feministische strategische Prozessführung („strategic litigation“) gegen Wirtschaftsunternehmen
Prof. Dr. Maria Wersig, Dortmund, RAin Chris Ambrosi, LL.M., Gesellschaft für Freiheitsrechte Berlin, RAin Dr. Miriam Saage-Maaß, ECCHR Berlin
Moderation: Marlene Straub, Gesell. für Freiheitsrechte Berlin

Im deutschsprachigen Raum bekommt die strategische Prozessführung eine immer größere Bedeutung. Durch strategische Prozessführung kann Recht über den Einzelfall hinaus zu wirksamen Veränderungen führen. In diesem Forum soll diskutiert werden, wie dieses juristische Mittel im feministischen Sinne anhand der Beispiele Entgeltgleichheit, Gender Pricing und im Bereich globaler Arbeits- und Menschenrechte fruchtbar gemacht werden kann.

2.) Rassismus in der Justiz
Spätestens seit dem NSU-Prozess sieht sich die Justiz Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Wie kann Rassismus von verschiedener Seite (als Anwältin, Richterin, Partei, Aktivistin oder Wissenschaftlerin) thematisiert werden? Welche institutionellen Veränderungsmöglichkeiten gibt es und wie kann Wandel angestoßen werden?

3.) Finanzielle Lebenssituation nach Trennung und Scheidung – Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, SGB II
RAin Susette Jörk, Leipzig; RAin Susanne Pötz-Neuburger, Hamburg; Sigrid Andersen, VAMV-Bundesverband Berlin
Moderation: RAin Ina Feige, Leipzig

Das Forum wird sich mit der aktuellen finanziellen Situation von Frauen und Kindern nach Trennung oder Scheidung auseinandersetzen. Die Betreuungsmodelle von Kindern werden vielfältiger, Unterhaltsansprüche von Frauen immer mehr reduziert. Dies wirkt sich auf die finanzielle Situation der erziehenden Mutter und ihres Kindes aus. Wir werden der Frage nachgehen, wie sich Betreuungsregelungen auf die Höhe des Trennungs- bzw. nachehelichen Unterhalts, des Kindesunterhaltes und gegebenenfalls auf Sozialleistungen auswirken. 

17.00-18.00 Uhr: Zwischenplenum

Sonntag 13.5.2018
10:00-12:00 Uhr
1.) Feministisch Bloggen – Workshop
Leyla Yenirce, Missy Magazin, Berlin
Wie kann man im Netz sein feministisches Gesicht zeigen, auf was sollte geachtet werden, und wie kann frau* sich das Netz in Form von Blogbeiträgen aneignen? Es findet neben dem gemeinsamen Austausch auch eine Schreibübung statt, in der feministische Ideen und Erfahrungen in konkrete Textformen übersetzt werden sollen.

2.) Feministisch lehren – Austausch AG
Kathleen Jäger, Berlin
Welche Möglichkeiten gibt es, feministisch und diskriminierungskritisch zu lehren und zu studieren?

3.) Anwältinnen in Wirtschaftskanzleien – Austausch-AG
RAin Nadine Dinig, Frankfurt/Main
Welche Karrierechancen bieten sich im Umfeld Wirtschaftskanzlei und wie können Selbstverständnis und beruflicher Alltag in Einklang gebracht werden?

4.) Wie gründe ich ein feministisches Rechtsanwältinnen*kollektiv?
RAin Nadine Maiwald, Leipzig, RAin Ronska Grimm, Berlin
Welche Vorüberlegungen müssen erfolgen, wer ist die richtige Partnerin, welche Rechtsgebiete werden bearbeitet, wie verdiene ich Geld, um ein Büro am Laufen zu halten, welche Kosten kommen auf mich zu?

5.) Machtstrukturen in Organisationen – Workshop
Zita Küng, Weiterbildungszentrum EQuality, Zürich
Dieser Workshop lädt ein zu reflektieren, was geschieht, wenn Macht nicht ausgefüllt wird. Eigene Handlungsoptionen können entwickelt werden.

12.30 – 14.00 Uhr: Abschlussplenum

Weitere Infos und Anmeldung unter:
www.feministischer-juristinnentag.de
Eine Anmeldung gleich nach Freischaltung des Online-Anmeldeformulars ist empfehlenswert.