STREIT 3/2021
S. 115-118
KG Berlin, §§ 1592,1600d Abs. 4 BGB, Art. 3 Abs. 1 GG, § 169 Nr. 1 FamFG
Ungleichbehandlung von Kindern in Regenbogenfamilien
Mit Art. 3 Abs. 1 GG ist es unvereinbar, dass das Gesetz es unterlässt, einem durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugten und in der gleichgeschlechtlichen Ehe der Mutter geborenen Kind die Ehefrau der Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuzuordnen, während das Gesetz in § 1592 Nr. 1 BGB einem auf gleiche Weise gezeugten Kind, das in der verschiedengeschlechtlichen Ehe der Mutter geboren wird, den Ehemann der Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuordnet.
(Leitsatz der Redaktion)
Vorlagebeschluss des KG Berlin vom 24.03.2021, Az. 3 UF 1122/20
Zum Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 2. […] und die Beteiligte zu 3. […] schlossen am ... 2018 […] die Ehe miteinander. Um ihren Kinderwunsch zu erfüllen, entschieden sie sich, eine reproduktionsmedizinische Behandlung in einem Kinderwunschzentrum in der Weise durchzuführen, dass die Person des Samenspenders ihnen gegenüber unbekannt bleibt und der Samenspender auf alle Rechte aus der Elternschaft verzichtet. […]
Die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Mutter) gebar am ... 2020 Zwillinge, nämlich das hier betroffene Kind L. (Beteiligte zu 1.) und das Kind J. Die Rechtsmittel in dem das Kind J. betreffenden Verfahren auf Feststellung der Elternschaft sind unter dem Aktenzeichen 3 UF 1123/20 beim Senat anhängig. Die Beteiligte zu 1. lebt im Haushalt der Eheleute und wird von ihnen gemeinsam zu gleichen Anteilen betreut. In der Geburtsurkunde des Kindes ist die Beteiligte zu 2. als Mutter des Kindes eingetragen. Das Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin lehnte eine Eintragung der Beteiligten zu 3. (im Folgenden: Ehefrau) als Mit-Mutter des Kindes ab.
Das Kind, die Mutter und die Ehefrau haben bei dem Familiengericht beantragt festzustellen, dass zwischen dem am ... geborenen Kind und der Ehefrau ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Mit Beschluss vom 26. Oktober 2020 hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (Familiengericht) die Anträge zurückgewiesen. […]
Aus den Gründen:
Das Verfahren ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen. Nach Überzeugung des Senats ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, dass das Gesetz es unterlässt, einem durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugten und in der gleichgeschlechtlichen Ehe der Mutter geborenen Kind die Ehefrau der Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuzuordnen, während das Gesetz in § 1592 Nr. 1 BGB einem auf gleiche Weise gezeugten Kind, das in der verschiedengeschlechtlichen Ehe der Mutter geboren wird, den Ehemann der Mutter kraft Gesetzes als Elternteil zuordnet. Zur Verfassungsmäßigkeit ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
1. Entscheidungserheblichkeit der Regelung (§ 1592 Nr. 1 BGB)
Die Frage, ob die Regelung des § 1592 Nr. 1 BGB, nach der Vater eines Kindes der Mann ist, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, verfassungsgemäß ist, ist für die Entscheidung erheblich. […]
cc) Den Beteiligten steht das gerichtliche Verfahren zur Statusfeststellung nach § 169 Nr. 1 FamFG zur Verfügung. Entgegen der Auffassung des Familiengerichts ist das Verfahren nach § 48 PStG nicht vorrangig.
Nach § 169 Nr. 1 FamFG sind Abstammungssachen Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses, insbesondere der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft. Die Vorschrift umfasst neben dem Streit über die anfängliche Wirksamkeit einer Vaterschaftsanerkennung sowohl Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen einer rechtlich bereits erfolgten bzw. nicht erfolgten Zuordnung (also insbesondere die Mutterschaft und die Elternschaft der bei Geburt des Kindes miteinander verheirateten Eltern) als auch Verfahren, die eine solche rechtliche Zuordnung erst herstellen bzw. ihre Herstellung verneinen (Coester-Waltjen/Lugani, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 169 Rn. 4). Ihr Rechtsschutzziel (Feststellung der Elternschaft) können die Antragstellerinnen im Verfahren nach § 169 Abs. 1 FamFG erreichen. Im Rahmen dieses Verfahrens können sie die Verfassungswidrigkeit des § 1592 Nr. 1 BGB geltend machen […].
Zwar ist hier auch das Berichtigungsverfahren nach § 48 PStG eröffnet. Gegenüber dem Berichtigungsverfahren hat das Abstammungsverfahren jedoch den Vorteil, dass eine rechtskraftfähige Feststellung der rechtlichen Elternschaft mit allgemein verbindlicher Wirkung erreicht wird, § 184 Abs. 2 FamFG (KG, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 3 WF 22/17 –, juris Rn. 3; Engelhardt, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 169 Rn. 8).
[…]
(a) Die Ehefrau ist nicht gemäß § 1591 BGB rechtlicher Elternteil des Kindes. […]
(b) Die Ehefrau ist nicht gemäß § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Elternteil des Kindes.
Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.
(aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB kommt hier nach dem klaren Wortlaut der Norm nicht in Betracht. […]
(bb) Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet im vorliegenden Fall aus, weil damit die Grenzen einer zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung überschritten werden. […]
2. Verfassungswidrigkeit der Vorschrift
[…]
c) Der Senat ist […] überzeugt, dass § 1592 Nr. 1 BGB gegen Art. 3 Abs. 1 verstößt, soweit ein durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugtes und in der gleichgeschlechtlichen Ehe der Mutter geborenes Kind kraft Gesetzes nur einen rechtlichen Elternteil hat. […]
aa) Das Grundrecht des Kindes aus Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt. […]
(1) Die Ungleichbehandlung ist im vorliegenden Fall am strengen Prüfungsmaßstab zu messen. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen gehen schon deshalb über das bloße Willkürverbot hinaus, weil die Verwehrung der automatischen Zuordnung der rechtlichen Elternschaft der Ehefrau mit der Geburt des Kindes und der Verweis auf die Adoption nach § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB für die Persönlichkeitsentfaltung wesentliche Grundrechte des Kindes betrifft. Berührt ist insbesondere die Gewährleistung elterlicher Pflege (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).
Die Verwehrung der automatischen Zuordnung der rechtlichen Elternschaft schließt aus, dass das Kind bereits mit der Geburt einen zweiten rechtlichen Elternteil erhält, der die von der Verfassung zuvörderst den Eltern zugedachte Sorge für die Entfaltung des Kindes in vollem Umfang übernehmen könnte (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, juris Rn. 73; Beschluss vom 26. März 2019 – 1 BvR 673/17 -, juris Rn. 66 ff. zum Adoptionsausschluss bei eingetragener Lebenspartnerschaft und nichtehelichen Familien).
Des Weiteren erschweren die mit der Verwehrung der rechtlich vollwertigen Elternstellung verbundenen Beschränkungen zum Zeitpunkt der Geburt das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Zusammenleben des Kindes mit seiner Familie, weil sie einer gleichberechtigten Wahrnehmung der Elternverantwortung durch beide Ehepartner entgegenstehen. Ohne Adoption steht der Ehefrau nur das sog. kleine Sorgerecht (§ 1687b BGB) zu. Beeinträchtigt ist zudem die für die Entwicklung des Kindes wichtige, durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Stabilisierungsfunktion der Familie, weil der allein für die Familienkonstellation des Kindes gleichgeschlechtlicher Ehepartnerinnen angenommene Ausschluss der automatischen Zuordnung der anderen Ehepartnerin als rechtlicher Elternteil dem Kind den Eindruck vermitteln kann, sein Familienverhältnis sei weniger wertvoll als das Familienverhältnis ehelicher Kinder verschiedengeschlechtlicher Ehepartner (vgl. BVerfG, a. a. O.). Zwar kann die Ehefrau über den Weg der Adoption gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB die rechtliche Elternstellung erlangen. Es liegt aber allein in der Entscheidungshoheit der Ehefrau, ob sie den Weg gemäß § 1741 ff. BGB beschreitet.
(2) Die Ungleichbehandlung von durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugten Kindern danach, ob sie in einer verschiedengeschlechtlichen oder gleichgeschlechtlichen Ehe der Mutter geboren worden sind, ist nicht gerechtfertigt. Es liegen in dieser Fallkonstellation, in der § 1600d Abs. 4 BGB in der Fassung ab dem 1. Juli 2018 anzuwenden ist, keine sachlichen Gründe mehr für eine Ungleichbehandlung vor. […]
(a) Die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau können in diesem Fall die Typisierung nicht mehr rechtfertigen. […]
Der Gesetzgeber hat von dem Prinzip der „Statuswahrheit“, also dass „die Vaterschaft kraft Ehe sich aus dem Gedanken rechtfertigt, dass regelmäßig eine biologisch richtige Zuordnung begründet wird“, mit der Anpassung des § 1600d Abs. 4 BGB ab dem 1. Juli 2018 zugunsten der sozialen Elternschaft bzw. dem Schutz der sozial-familiären Beziehung abgesehen (so auch vorsichtig Gössl, ZRP 2018, 174, 176; Binder/Kiehnle, NZFam 2017, 742, 743).
Grundsätzlich verbindet § 1592 BGB unterschiedliche Prinzipien des Abstammungsrechts. Das sind neben der Genetik/Biologie („Statuswahrheit“) sowie der zeitnahen Zuordnung, des „Zwei-Eltern-Prinzips“ und der Statusklarheit u. a. auch ordnungs- und allgemein gesellschaftspolitische Gesichtspunkte (Balzer in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, BGB, Stand: 1. Februar 2021, § 1592 Rn. 12 ff.; Ernst, NZFam 2018, 443, 444). Die typisierende Zuordnung des § 1592 Nr. 1 BGB beruht neben der „Statuswahrheit“ auch auf der positiven Prognose für eine „soziale Elternschaft“. § 1592 Nr. 1 BGB nimmt eine Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Mutter auch deshalb vor, weil man davon ausgehen kann, dass der Ehemann der Mutter (unabhängig davon, ob er der biologische Vater des Kindes ist) die maßgebliche zweite Bezugsperson für das Kind sein wird (Helms, StAZ 2018, 33, 34; Binder/Kiehnle, NZFam 2017, 742, 743). Neben dem Prinzip der „Statuswahrheit“ verfolgt die Zuordnungsregel des § 1592 Nr. 1 BGB demnach den Schutz der sozial-familiären Beziehung eines Kindes zum Ehepartner der Mutter. Bereits die Motive des BGB legen nahe, dass es dem Gesetzgeber mit der Regelung der Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter auch darum ging, den Ruf der Eltern sowie das Kind und die Ruhe und den Frieden in der Familie zu schützen (Kaulbach/ Pickenhahn/von Scheliha, FamRZ 2019, 768, 771).
In den Fällen der ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung im heterologen System mithilfe eines anonymen Samenspenders hat der Gesetzgeber nunmehr von der Voraussetzung wahrscheinlicher biologischer Elternschaft für die rechtliche Elternschaft abgesehen. Dies lässt sich aus den folgenden gesetzlichen Regelungen entnehmen: Nach § 1600 Abs. 4 BGB ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Ehemann oder die Mutter ausgeschlossen, wenn das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist. Erfolgt die Befruchtung im Rahmen einer sogenannten „qualifizierten“ Samenspende im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB, ist, wenn der Samen ab dem 1. Juli 2018 verwendet worden ist, der Samenspender vollständig aus seiner rechtlichen Verantwortung entlassen. Der Samenspender kann nicht mehr als Vater des Kindes festgestellt werden. Die rechtliche Vaterschaft des Ehemanns aufgrund der Vermutungsregelung nach § 1592 Nr. 1 BGB besteht also, obwohl bekannt ist, dass diese mit der biologischen nicht übereinstimmt (Binder/Kiehnle, NZFam 2017, 742, 743). Demnach knüpft der Gesetzgeber in den Fällen der „qualifizierten Samenspende“ die Vaterschaftsvermutung bzgl. des Zuordnungskriteriums der Ehe nur noch an die positive Prognose der sozialen Elternstellung (so auch vorsichtig Gössl, ZRP 2018, 174, 176).
Da der Gesetzgeber in den Fällen der „qualifizierten“ Samenspende das Prinzip der Statuswahrheit nicht mehr verfolgt, liegt kein sachlicher Grund mehr vor, Kinder einer gleichgeschlechtlichen Ehe, die mithilfe einer „qualifizierten Samenspende“ im Sinne des § 1600d Abs. 4 BGB gezeugt worden sind, aus dem Anwendungsbereich des § 1592 Nr. 1 BGB auszuschließen.
(b) Die Ungleichbehandlung kann nicht mit Belangen des Kindes gerechtfertigt werden.
Der Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des § 1592 Nr. 1 BGB ist nicht damit zu begründen, dass dem Kind das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen Eltern schade. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer Ehe gleichgeschlechtlicher Partner das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer verschiedengeschlechtlichen Ehe (zur eingetragenen Lebenspartnerschaft: BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, juris Rn. 80)
Dass die Ehefrau der Mutter über den Weg der Adoption die rechtliche Elternstellung erlangen kann, kann die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht rechtfertigen. Bis zum Abschluss des Adoptionsverfahrens ist dem Kind nur ein Elternteil zugeordnet. Es liegt allein im Verantwortungsbereich der Ehefrau, ob sie das Adoptionsverfahren durchführen möchte. Sie kann sich jederzeit entgegen der vorherigen Absprachen entscheiden, doch nicht die rechtliche Elternrolle übernehmen zu wollen, z. B. weil das Kind eine Behinderung aufweist und sie deshalb von einer Adoption absieht (Löhnig, NJW 2019, 122, 124).
Es dient dem Kindeswohl vielmehr am besten, wenn dem Kind von Anfang an zwei Verantwortung tragende rechtliche Eltern mit entsprechenden Pflichten zugeordnet werden können. Die Rechtsstellung des Kindes würde – z. B. auf der unterhalts- und erbrechtlichen Ebene – erheblich verbessert (Löhnig, NJW 2019, 122, 123). Des Weiteren besteht bei Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des § 1592 Nr. 1 BGB für das Kind bei Trennung oder Tod der Mutter vor Abschluss des Adoptionsverfahrens ein erhebliches Risiko. Ohne die Adoption hat die Beziehung des Kindes zur Ehefrau der Mutter keine rechtliche Grundlage. Diese ist allein über den rechtlichen Elternteil (der Mutter) vermittelt. Bei einer Trennung oder dem Tod der Mutter würde diese Grundlage entfallen, ohne dass eine tatsächlich verbleibende Ehefrau-Kind-Beziehung rechtlich geschützt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. März 2019 – 1 BvR 673/17 -, juris Rn. 71 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien).
(c) Der Ausschluss der rechtlichen Elternzuordnung der Ehefrau der Mutter bei der Geburt des Kindes und die Verweisung auf die Adoption sind auch nicht im Hinblick auf die Elternrechte Dritter gerechtfertigt (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, juris Rn. 94). In der hier vorliegenden Fallkonstellation existiert zwar zu den beiden Ehegatten immer ein genetischer Vater. Grundsätzlich werden daher über den Weg der Adoption sowohl die Rechte des betroffenen Kindes als auch über die Vorschrift des § 1747 BGB die Rechte des existierenden biologischen Vaters gewahrt (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2018 – XII ZB 231/18 -, juris Rn. 29). Gemäß § 1600d Abs. 4 BGB in der Fassung ab dem 1. Juli 2018 ist aber nunmehr der leibliche Vater als Samenspender von der rechtlichen Elternstellung ausgeschlossen, so dass in seine Elternrechte nicht eingegriffen werden kann und der Schutz über § 1747 BGB nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Voraussetzungen des § 1600d Abs. 4 BGB liegen hier vor. […]
bb) Das Grundrecht der Ehefrau aus Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt.
Die Regelung des § 1592 Nr. 1 BGB verstößt insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als sie den Ehegatten der Mutter einer gleichgeschlechtlichen Ehe gegenüber dem Ehegatten der Mutter einer verschiedengeschlechtlichen Ehe benachteiligt. Die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung unterliegt hier hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil die Ungleichbehandlung die sexuelle Identität betrifft (BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 -, juris Rn. 104). Unterschiede bestehen aus den eben dargelegten Gründen nicht, weil der Gesetzgeber das Prinzip der „Statuswahrheit“ in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht mehr verfolgt.
Hinweis der Redaktion
Das OLG Celle hat ebenfalls mit Beschluss vom 24.03.2021 – AZ: 21 UF 146/20 – bei einem ähnlichen Sachverhalt den Rechtsstreit ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob § 1592 BGB mit Art. 6 Abs. 2, 6 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Dem Beschluss lag (u.a.) die eigene Feststellung des Gerichts zugrunde:
„§ 1592 BGB ermöglicht nicht die abstammungsrechtliche Zuordnung eines zweiten Elternteils, wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen geboren wird, und ist aus diesem Grund mit Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.“