STREIT 4/2017

S. 154-163

LVerfG MV, § 18 Abs. 1 GleichstellungsG MV

Wahl der von Gesetz wegen weiblichen Gleichstellungsbeauftragten nur durch Frauen ist verfassungsgemäß

Aufgrund der gesellschaftlichen Gegebenheiten und der nach wie vor bestehenden Rollenbilder von Frau und Mann liegen die Benachteiligungen, die es abzubauen gilt, nach wie vor auf Seiten der Frauen. Es ist daher angemessen, dass der Gesetzgeber zum Zwecke der Herstellung der Gleichberechtigung an tatsächliche Gegebenheiten und spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnisse anknüpft, die mit Blick auf die frauenspezifische Ausrichtung der Position einer Gleichstellungsbeauftragten nur Frauen haben können.
Mit den beanstandeten Wahlrechtsbeschränkungen, die jeglichen Einfluss durch die Gruppe der nach Auffassung des Gesetzgebers bevorzugten Beschäftigten ausschließt, wird den spezifischen Anforderungen an die Erfüllung der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten Rechnung getragen und die Akzeptanz ihrer Tätigkeit vor allem bei weiblichen Beschäftigten erhöht.

Urteil des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10.10.2017, LVerfG 7/16

Aus den Gründen
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Gleichstellungsgesetz – GlG M-V) vom 11. Juli 2016 (GVOBl. M-V S. 550), wonach in jeder Dienststelle, in der eine Personalvertretung, ein Richterrat oder ein Staatsanwaltsrat zu wählen ist, von den weiblichen Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte sowie eine Stellvertreterin gewählt und von der Dienststelle bestellt wird.
I.
Ziel des Gesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 GlG M-V,
1. die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern zu verwirklichen und bestehende Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern sowie
2. die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für Frauen und Männer zu verbessern.
Dabei geht es insbesondere um die berufliche Förderung von Frauen und Männern in Bereichen des öffentlichen Dienstes des Landes, in denen diese aufgrund struktureller Benachteiligung unterrepräsentiert sind (§ 1 Abs. 2 Satz 3 GlG M-V). Strukturelle Benachteiligungen von Frauen oder Männern sind gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 GlG M-V durch gezielte Förderung zu beheben. Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 1 GlG M-V sind unterrepräsentiert Frauen oder Männer, wenn ihr Anteil an den Führungspositionen der jeweiligen Besoldungs- und Entgeltgruppe innerhalb einer Beschäftigungsgruppe nach § 3 Nr. 4 GlG M-V unter 50 Prozent liegt, obwohl ihr Anteil in den Eingangsämtern über 50 Prozent beträgt. Strukturelle Benachteiligung ist gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GlG M-V das Ergebnis einer Diskriminierung von Frauen oder Männern aufgrund von vorherrschenden Strukturen der Gesamtgesellschaft und damit einhergehenden Rollenbildern und Vorurteilen gegenüber Beschäftigten des unterrepräsentierten Geschlechts. Ist in einer Beschäftigungsgruppe der Anteil des einen Geschlechts in den Eingangsämtern deutlich höher als in der entsprechenden Führungsebene, so kann auf eine strukturelle Benachteiligung dieses Geschlechts rückgeschlossen werden (§ 3 Nr. 2 Satz 2 GlG M-V).
Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 GlG M-V unterstützt die nach Satz 1 zu wählende und zu bestellende Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle bei der Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für beide Geschlechter. Sie wirkt insbesondere mit bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen ihrer Dienststelle, die die vorgenannten Bereiche sowie den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betreffen (§ 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 GlG M-V). Im Hinblick auf ihre Wahl führt § 21 Abs. 2 Satz 1 und 4 GlG M-V aus, dass wahlberechtigt und wählbar (vorbehaltlich der Sätze 2, 3 und 5) alle weiblichen Beschäftigten der Dienststelle sind.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, der dem Gleichstellungsgesetz zugrunde liegt, orientieren sich die Ziele auch weiterhin grundsätzlich an der Gleichstellung beider Geschlechter (LT-Drs. 6/5189, S. 28). Soweit Frauen oder Männer strukturell benachteiligt würden, bleibe das Gesetz allerdings spezifisch auf die Angehörigen des betroffenen Geschlechts ausgerichtet. Insoweit sei festzustellen, dass trotz zahlreicher Maßnahmen in der Vergangenheit eine tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht erreicht sei. In Teilbereichen seien Frauen nach wie vor strukturell benachteiligt. Dies gelte insbesondere für Führungspositionen in der Landesverwaltung, in denen sie weiterhin unterrepräsentiert seien (LT-Drs. 6/5189, S. 2). Aufgrund der anerkannten strukturellen Benachteiligung verlange der Schutz- und Förderauftrag des Staates aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes – GG – eine verstärkte Förderung von Frauen. Insoweit komme das Gesetz den weiblichen Beschäftigten zugute (LT-Drs. 6/5189, S. 27).
Im Übrigen betreffe das Gesetz zunehmend auch Männer (LT-Drs. 6/5189, S. 28). Die Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufsleben richteten sich verstärkt auch an Männer. Ferner solle stärker in den Blick genommen werden, ob auch Unterrepräsentanzen von Männern auf eine strukturelle Benachteiligung zurückzuführen seien und dementsprechend der staatliche Förderauftrag ausgelöst werde.
Zu den Wahlrechtsbeschränkungen führt die Gesetzesbegründung unter anderem aus, dass auch weiterhin Frauen Hauptadressat der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten sind (LT-Drs. 6/5189, S. 54). Dies folge nicht nur aus der strukturell bedingten Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen, sondern auch daraus, dass sie überwiegend von sexueller Belästigung und vorrangig von Familien- und Pflegeaufgaben betroffen seien.

II.
Mit der im September 2016 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer, ein Landesbeamter, gegen die aus § 18 Abs. 1 Satz 1 GlG M-V folgenden Beschränkungen des Wahlrechts. Er hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig. Insbesondere sei er im Hinblick auf die von ihm beanstandeten Wahlrechtsbeschränkungen von der angegriffenen Vorschrift selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.
Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet, weil § 18 Abs. 1 Satz 1 GlG M-V gegen das Verbot aus Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern – LV – verstoße, aus Gründen des Geschlechts benachteiligt zu werden. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht durch das Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gerechtfertigt. Danach könne der Gesetzgeber zwar faktische Nachteile, die typischerweise Frauen träfen, durch begünstigende Regelungen ausgleichen. Das angegriffene Gesetz habe den Charakter als Frauenförderungsgesetz jedoch aufgegeben.
Ziel des vorangegangenen Gleichstellungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1998 (GVOBl. M-V S. 697) sei gewesen, Frauen im öffentlichen Dienst des Landes zu fördern (§ 2 Abs. 1). Dabei sei darauf hinzuwirken gewesen, bestehende Unterrepräsentanzen von Frauen zu beseitigen (§ 2 Abs. 2). Dementsprechend sei in § 2 Abs. 5 nur der Begriff der Unterrepräsentanz von Frauen definiert worden. Entsprechendes habe für das gesamte Gesetz gegolten. Vor diesem Hintergrund sei seinerzeit bestimmt worden, dass allein weibliche Beschäftigte die Gleichstellungsbeauftragte wählen und insoweit kandidieren dürften.
Das Gleichstellungsgesetz 2016 habe diese Ausrichtung jedoch aufgegeben. Es setze sich für beide Geschlechter ein, sowohl bei einer Unterrepräsentanz als auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familien- und Pflegeaufgaben. Nunmehr werde bei den Zielen des Gesetzes und auch den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten bewusst auf beide Geschlechter abgestellt. Der spezielle Förderauftrag für Frauen sei weggefallen. Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 1 könnten nun auch Männer unterrepräsentiert sein. Dies müsse dann auch in den Zielvereinbarungen für Stellenbesetzungen (§ 5 Abs. 2), den Stellenausschreibungen (§ 7 Abs. 3) sowie in den Auswahlentscheidungen im Sinne einer bevorzugten Einstellung und Beförderung bei gleicher Qualifikation (§ 9 Abs. 1) berücksichtigt werden. […]
Die veränderte Zielsetzung des Gesetzes finde ihre Ursache auch in gesellschaftlichen Veränderungen, die der Gesetzgeber beachten müsse. So liege zum Beispiel der Vorstellung, dass Männer keine Familien- und Pflegeaufgaben übernehmen und deswegen auch nicht diskriminiert werden könnten, ein überkommenes Rollenbild zugrunde, das nicht durch staatliche Maßnahmen verfestigt werden dürfe. […] Er selbst, der Beschwerdeführer, sei wegen seines Wunsches nach Eltern- und anschließender Teilzeit zur Kindererziehung gegenüber anderen Beschäftigten benachteiligt worden.
Im Übrigen werde es in Zukunft auf Grund verstärkter Förderung von weiblichen Beschäftigten in Führungspositionen eine Unterrepräsentanz von Männern geben. Es sei verfassungswidrig, dass Männer, die Unterstützung im Sinne des neuen Gleichstellungsgesetzes begehrten, ausschließlich durch weibliche Gleichstellungsbeauftragte vertreten werden könnten, über deren Wahl sie zudem nicht mit entschieden hätten. Werde das Gleichstellungsrecht auf Männer erweitert, so müsse dies im Hinblick auf die Gleichstellungsbeauftragte auch zur Ausweitung des aktiven und passiven Wahlrechts führen. […]

III.
Der Landtag hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Der Beschwerdeführer gehe zutreffend davon aus, dass das Gleichstellungsgesetz 2016 das letztlich aus dem Jahre 1994 stammende Gleichstellungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1998 (GVOBl. M-V S. 697) weiterentwickelt habe. Es beruhe wesentlich auf einer Auswertung der mit dem vorangegangenen Gesetz und seinen Änderungen in den über 20 Jahren der Anwendung gemachten Erfahrungen (vgl. LT-Drs. 6/5189, S. 2, 8, 27, 28). Das alte Gesetz habe zwar eine Verbesserung der Chancengleichheit bewirkt, jedoch die faktische Ungleichbehandlung der Frauen nicht umfassend beseitigen können. Auf deren strukturelle Benachteiligung solle das neue Gesetz nachhaltiger einwirken. Dies entspreche dem Auftrag aus Art. 13 LV und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG.
Der Beschwerdeführer gewichte das Verhältnis des Diskriminierungsverbots aus Art. 3 Abs. 3 GG hierzu nicht zutreffend. Das Gleichstellungsgesetz 2016 behandle alle verfassungsrechtlichen Aufträge, nämlich das Gebot der Nachteilsbeseitigung, das Gebot der Förderung und das Verbot der Diskriminierung, als Einheit. Deshalb gehe es von dem Obersatz aus, dass Adressaten Männer und Frauen gleichermaßen seien. Es könne dahinstehen, ob es einen anderen Charakter aufweise als das vorangegangene Gesetz. Entscheidend sei, dass es die Beseitigung faktischer Benachteiligung stärker in den Mittelpunkt rücke. Auf welches Geschlecht die gesetzlichen Maßnahmen gerichtet seien, sei für jede Einzelmaßnahme gesondert zu bestimmen und richte sich danach, welches Geschlecht benachteiligt sei. […]

Die Regelungen über die Aufgaben und die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten seien inhaltlich aufeinander bezogen und bildeten einen Regelungszusammenhang. Sie stünden sowohl im Verhältnis zu den Gesetzeszielen als auch in Verhältnis zu den Rechten Dritter in einer angemessenen Zweck-Mittel-Relation. […] Die Gleichstellungsbeauftragte wirke bei den Einzelmaßnahmen der Behörde mit, nehme nach § 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 und 3 GlG M-V aber auch beratende und unterstützende Aufgaben wahr. Ihr komme daher eine Ombuds-Funktion zu. Betroffene könnten sich persönlich beraten lassen. Dies gehe über die allgemeine Förderung im Rahmen administrativer Einzelmaßnahmen hinaus. Den Beschäftigten solle nicht nur die Mitwirkung an Personalentscheidungen, sondern auch persönliche Hilfestellung zugutekommen. Auch das Beanstandungsrecht nach § 20 GlG M-V beziehe sich hierauf. Die Beurteilung eines Verstoßes gegen den Gleichstellungsauftrag erfolge auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus der Beratung der Betroffenen und in Kenntnis ihrer persönlichen Lebenssituation.
Die Datengrundlage des Gesetzes belege zweifelsfrei, dass im Wesentlichen nicht männliche, sondern weibliche Beschäftigte die Zielgruppe für die Förderung, Beratung und Unterstützung bildeten. Folglich hätten sich Aufmerksamkeit, Engagement und Information der Gleichstellungsbeauftragten weit überwiegend auf diese Gruppe und deren Situation zu richten. […]

Der Gesetzgeber gehe im Rahmen seiner Abwägung weiter davon aus, dass die Interessen der Frauen von einer weiblichen Gleichstellungsbeauftragten wirksamer vertreten werden könnten. Dies gelte neben den Mitwirkungsfunktionen insbesondere für die Aufgaben, für die eine spezifische Fähigkeit und Bereitschaft zu Einfühlung, Verständnis und Nachvollziehbarkeit aus eigenem Erleben hilfreich sei, wie die persönliche Beratung und die Ansprechbarkeit für Probleme, die das Alltagsleben von Männern nicht in gleichem Maße prägten. Gerade soweit strukturelle Diskriminierung betroffen sei, genüge eine technisch-administrative, auf Statistiken und hergebrachte dienstliche Kriterien bezogene Herangehensweise nicht. Es komme auch auf außerdienstliche Umstände an, was erfordere, dass sich die Betroffenen offenbarten, was ein Vertrauensverhältnis voraussetze. Gegenüber männlichen Kollegen bestehe die Gefahr, dass sich die weiblichen Beschäftigten weniger Verständnis für ihre spezifischen Anliegen versprächen und so von eine Beratung, Nachfrage oder Information absähen.
Die Beschränkung des aktiven Wahlrechts diene ebenfalls dazu, dass die Gleichstellungsbeauftragte über eine besondere Akzeptanz verfüge, was für die notwendige Vertrauensstellung günstig sei. Auch wenn nicht auszuschließen sei, dass auch männliche Mitarbeiter dieselben Qualifikationen mitbringen oder erwerben könnten, würde ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter ebenso wie die Einräumung des aktiven Wahlrechts auch für männliche Beschäftigte dem Gesetzeszweck nicht gleich effektiv gerecht werden. […]

IV.
Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig und unbegründet. […] Mit dem Gleichstellungsgesetz 2016 komme der Landesgesetzgeber dem aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 13 Satz 1 LV resultierenden Schutz- und Förderauftrag nach. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers habe er damit an dem staatlichen Auftrag einer Frauenförderung insbesondere bezogen auf Führungspositionen festgehalten. […] Der Verfassungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG werde sich erst erledigt haben, wenn tatsächliche Gleichberechtigung erreicht sei. Hierbei verlange das Grundgesetz keine schematische Ergebnisgleichheit, sondern eine reale Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern. Diese bestehe erst dann, wenn die Wahl eines Lebensentwurfs wirklich frei, d.h. nicht an den Zwängen und Strukturen einer auf dem patriarchalischen Prinzip begründeten Gesellschaft orientiert sei. […]
Auch sei die Unterrepräsentanz von Frauen nach wie vor strukturell bedingt. […] Demgegenüber lägen keine Erkenntnisse über eine faktische strukturelle Benachteiligung von Männern insbesondere in Führungspositionen vor. Soweit in den Eingangsämtern der jeweiligen Besoldungs- oder Entgeltgruppen der Frauenteil (teilweise) überwiege, beruhe dies auf einem höheren Anteil der Frauen, die sich bewerben, auf ihrer besseren Qualifikation oder einem Desinteresse von Männern beispielsweise an niedriger entlohnten Beschäftigungen etwa als Erzieher oder Lehrer im Grundschulbereich. […]
Die beanstandete Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts auf weibliche Beschäftigte verletze auch nicht das Demokratieprinzip. Dies folge schon daraus, dass die Gleichstellungsbeauftragte nicht über eigenständige Einzelentscheidungsbefugnisse verfüge, die einer demokratischen Legitimation bedürften.

B.
Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. […]
II.
Die in dem aufgezeigten Umfang zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die mit ihr angegriffene Vorschrift verstößt nicht gegen Art. 5 Abs. 3 LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GG. § 18 Abs. 1 Satz 1 GlG M-V behandelt zwar Männer und Frauen ungleich. Dies ist aber durch das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert, weil die angegriffenen Wahlrechtsbeschränkungen in verhältnismäßiger Weise darauf abzielen, die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten so zu verbessern, dass künftig bezogen auf Führungspositionen die verfassungsrechtlich geforderte Chancengleichheit erreicht wird. Das Gleichstellungsgesetz 2016 hat zwar formal beide Geschlechter in gleicher Weise im Blick. Soweit es aber um den Auftrag aus Art. 3 Abs. 2 GG geht, bestehende Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen, findet es aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse jedenfalls derzeit allein auf Frauen Anwendung und ist dementsprechend in der Sache hauptsächlich ein Frauenfördergesetz. […]
Art. 3 Abs. 2 GG verfolgt das Ziel, tradierte Rollenverteilungen zu überwinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.01.1995, a.a.O., BVerfGE 92, 91, 112, juris Rn. 76 und Beschl. v. 25.10.2005, a.a.O.). Der Verfassungsauftrag will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen. Er zielt auf eine Angleichung der Lebensverhältnisse und dient vor allem der Herstellung gleicher Erwerbschancen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.01.1992 – 1 BvR 1025/82 –, BVerfGE 85, 191, 207, juris Rn. 53 und Beschl. v. 18.11.2003 – 1 BvR 302/96 –, BVerfGE 109, 64, 89, juris Rn. 209). Dies verpflichtet den Gesetzgeber auch dazu, einer Verfestigung von insoweit erheblichen überkommenen Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern zu begegnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.2005, a.a.O.). Art. 3 Abs. 2 GG kann damit frauenfördernde Maßnahmen auch im beruflichen Bereich rechtfertigen. Dabei muss der Staat im Hinblick auf den Gleichstellungauftrag aus Art. 3 Abs. 2 GG auch dafür sorgen, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit aufeinander abgestimmt werden können und die Wahrnehmung familiärer Erziehungs- oder Pflegeaufgaben nicht zu beruflichen Nachteilen führt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.03.1998 – 1 BvR 178/97 –, BVerfGE 97, 332, 348, juris Rn. 72). […]

Bei der Überprüfung der angegriffenen Vorschrift ist vom Landesverfassungsgericht nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. auch BVerfG, Urt. v. 07.10.2014 – 2 BvR 1641/11 –, BVerfGE 137, 108 Rn. 108, juris Rn. 108). Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschrift ist danach allein, dass er im Spannungsfeld von Frauenförderung und wahlrechtlicher Benachteiligung von Männern einen schonenden Ausgleich hergestellt hat, sich die Beschränkung des Wahlrechts mithin als geeignet, erforderlich und angemessen erweist (vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl., 2016, Art. 3 Rn. 97a). Bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Förderbedarfs hat er seine Entscheidung an den bestehenden Nachteilen auszurichten. Dabei kommt ihm in tatsächlicher Hinsicht ein Einschätzungs- und im Hinblick auf die von ihm zu treffende Entscheidung ein Gestaltungsspielraum zu.
Danach ist die angegriffene Regelung jedenfalls derzeit durch den dem Gesetzgeber mit Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG erteilten Auftrag gerechtfertigt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. § 18 Abs. 1 Satz 1 GlG M-V dient der Beseitigung strukturell bedingter Benachteiligung von Frauen, die der Gesetzgeber auf der Grundlage einer nachvollziehbaren und vertretbaren Einschätzung nach wie vor bezogen auf den Bereich der Führungspositionen im Sinne des § 3 Nr. 6 GlG M-V annimmt (1.), und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (2.). Ungeachtet dessen trifft den Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht (3.), in deren Konsequenz er die angegriffene Regelung gegebenenfalls später einmal ändern muss.

1.) Damit für eine kompensatorische Ungleichbehandlung der Verfassungsauftrag zur Förderung faktischer Gleichberechtigung herangezogen werden kann, muss jene diesem Ziel dienen. Davon ist im Hinblick auf die angegriffene Vorschrift über die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten derzeit auszugehen. Das Gleichstellungsgesetz 2016 ist ungeachtet der weitestgehend geschlechtsneutralen Formulierung der Vorschriften in erster Linie auf Frauenförderung ausgerichtet (dazu a)), und die dem Gesetz zugrunde liegende Einschätzung des Gesetzgebers, dass weibliche Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Teilbereichen nach wie vor strukturell benachteiligt sind, insbesondere im Bereich der Führungspositionen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (dazu b)).
a) Die – jedenfalls derzeit anzunehmende – vorrangige Ausrichtung des Gleichstellungsgesetzes 2016 auf Frauenförderung ergibt sich daraus, dass auch nach Einschätzung des Gesetzgebers faktisch weiterhin Frauen Hauptadressaten des Gesetzes und der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten sind. Der Beschwerdeführer weist zwar zu Recht darauf hin, dass das Gleichstellungsgesetz 2016 im Grundsatz durchgängig und damit auch im Hinblick auf die von der Gleichstellungsbeauftragten zu erfüllenden Aufgaben geschlechtsneutral formuliert ist. Damit ist die ausdrückliche Ausrichtung des Gesetzes (allein) auf die Frauenförderung entfallen, die für die Vorgängerregelung kennzeichnend war. […] Statt der bisherigen Frauenförderpläne (§ 3 GlG M-V 1998) etwa gibt es nun Zielvereinbarungen, mit denen auf eine gleichmäßige Verteilung von Männern und Frauen in Führungspositionen hingewirkt werden soll (§ 5 GlG M-V 2016). Mit der weitgehend geschlechtsneutralen Formulierung im Gleichstellungsgesetz 2016 ist gewährleistet, dass je nach Stand der Gleichstellung stets das Geschlecht gefördert wird, das in dem jeweiligen Bereich benachteiligt ist. Nur bezogen auf die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten hat der Gesetzgeber es bei der bisherigen Regelungsstruktur belassen, dass allein die weiblichen Beschäftigten über das aktive und passive Wahlrecht verfügen.
Die damit verbundene innere Gegenläufigkeit zeigt sich auch bei der Begründung zu § 1 GlG M-V 2016 (LT-Drs. 6/5189, S. 28). Dort sind nahtlos Aussagen zur Notwendigkeit spezifischer Frauenförderung und zu beiden Geschlechtern aneinander gereiht. Zunächst heißt es: „Die Gesetzesziele orientieren sich auch weiterhin grundsätzlich an der Gleichstellung der Geschlechter. Soweit Frauen oder Männer strukturell benachteiligt werden, bleibt dieses Gesetz geschlechtsspezifisch ausgerichtet.“ Daran schließt sich die folgende Aussage an: „Der aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz resultierende Schutz- und Förderauftrag des Staates verlangt eine verstärkte Förderung von Frauen bei immer noch vorhandener struktureller Benachteiligung insbesondere durch Erziehungszeiten und Abwesenheit von Pflege. Trotz zahlreicher Maßnahmen in der Vergangenheit ist eine tatsächliche Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht erreicht.“ Sodann werden wieder Männer angesprochen: „Im Übrigen betrifft das Gesetz zunehmend auch Männer. Die Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufsleben sollen sich verstärkt auch an Männer richten. Denn sie nehmen die Möglichkeiten zur verbesserten Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit weiterhin in verhältnismäßig geringem Umfang in Anspruch. Auch bestehende Unterrepräsentanzen von Männern in einzelnen Beschäftigungsgruppen werden künftig stärker als bisher in den Blick zu nehmen sein. Dies gilt insbesondere für Männer in Erziehungsberufen.“ Dann wiederum folgt: „Weiterhin tragen Frauen überwiegend die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit. Hierfür ursächliche traditionelle Rollenbilder sollen weiter aufgebrochen werden.“
Ersichtlich wollte der Gesetzgeber das bisherige, im Wesentlichen allein auf die Förderung von Frauen bezogene Konzept nicht uneingeschränkt fortführen. Dies gilt umso mehr, als er eine unzureichende Gleichstellung im öffentlichen Dienst nur noch teilweise festgestellt hat, und zwar im Bereich von Führungspositionen (LT-Drs. 6/5189, S. 27). Zugleich will der Gesetzgeber sicherstellen, dass auch Männer nicht benachteiligt werden (LT-Drs. 6/5189, S. 24). Nach seinen Erkenntnissen war insoweit allerdings nicht von strukturell bedingten Benachteiligungen auszugehen, so dass er auf die männlichen Beschäftigten bezogene Maßnahmen zur Erreichung der Gleichstellung nicht für geboten hielt. Dementsprechend sind nach der Gesetzesbegründung weiterhin Frauen faktisch Hauptadressat auch der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten. Angeführt wird neben der strukturell bedingten Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen, dass Frauen überwiegend von sexueller Belästigung und schließlich vorrangig von Familien- und Pflegeaufgaben betroffen sind.
Bestätigt wird die beschriebene Ausrichtung des Gesetzes zudem durch die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 1 GlG M-V. Danach sind „im Sinne dieses Gesetzes unterrepräsentiert: Frauen oder Männer, wenn ihr Anteil an den Führungspositionen der jeweiligen Besoldungs- und Entgeltgruppe innerhalb einer Beschäftigungsgruppe nach Nummer 4 unter 50 Prozent liegt, obwohl in den Eingangsämtern ihr Anteil über 50 Prozent liegt“. Da sich eine Unterrepräsentanz von Frauen oder Männern im Sinne des Gleichstellungsgesetzes 2016 demnach nur noch aus dem Anteil an den Führungspositionen ergeben kann, ist das Gesetz angesichts der zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen auf die Beseitigung bestehender, bislang nach wie vor allein im Hinblick auf weibliche Beschäftigte festgestellter struktureller Benachteiligungen ausgerichtet. Insofern wirkt das Gesetz faktisch weiterhin in erster Linie frauenfördernd, insbesondere im Bereich von Führungspositionen (vgl. insoweit auch BT-Drs. 18/3784, S. 75 zum novellierten Bundesgleichstellungsgesetz vom 24.04.2015, dessen ausdrückliches Ziel u.a. ist, bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere von Frauen, zu beseitigen; dies soll verdeutlichen, dass im Fokus immer noch überwiegend die Verhinderung und Bekämpfung struktureller Benachteiligungen von Frauen steht).
b) Dabei ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass insoweit strukturell bedingte Benachteiligungen von Frauen tatsächlich weiterhin festzustellen sind, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die Beurteilung, ob und inwieweit faktische Nachteile von Frauen anzunehmen sind, unterliegt der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. […] Ein entsprechender empirischer Befund ergibt sich bereits aus dem Bericht der Landesregierung über die Umsetzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Gleichstellungsbericht) 2011/2012 (LT-Drs. 6/1169 vom 21.09.2012), der in der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung angeführt wird (LT-Drs. 6/5189, S. 2). […]

bb) Ebenso ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Hindernisse für den beruflichen Aufstieg von Frauen struktureller Art sind, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. […] Der Anteil der Frauen in den Bereichen der Beschäftigung, aus denen sich das Führungspersonal entwickelt, entspricht mittlerweile weitgehend dem der Männer und überschreitet diesen teilweise schon. Auch der Beschwerdeführer stellt dies nicht in Abrede. Dieser Befund stützt in hinreichender Weise nicht nur die Annahme, dass grundsätzlich genügend qualifizierte Frauen für Führungspositionen zur Verfügung stehen und von ihnen rein rechnerisch bei gleichem Karriereverlauf von Frauen und Männern erheblich mehr in entsprechenden Ämtern zu finden sein müssten (vgl. Schultz, DRiZ 2012, 264, 266 und Fölster, DRiZ 2012, 273 zum sog. Durchwachseffekt). Er bestätigt auch in hinreichender Weise die Einschätzung des Gesetzgebers, dass Frauen in diesem Bereich immer noch faktisch benachteiligt sind, ihre Unterrepräsen­tanz daher strukturell bedingt ist (vgl. Langenfeld, in: Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 3 Abs. 2 Rn. 100; Papier/Heidebach, DVBl. 2015, 125, 128). […]

cc) Ebenso wenig verfassungsrechtlich zu beanstanden ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes mittlerweile festzustellende Unterrepräsentanz von Männern nicht das Ergebnis einer geschlechtsspezifischen strukturellen Benachteiligung ist, sondern auf anderen Gründen wie etwa der Ausrichtung beruflicher Präferenzen beruht (vgl. auch Langenfeld, in: Maunz/Dürig, a.a.O., Rn. 101). Es fehlt bereits an hinreichenden Anhaltspunkten für Benachteiligungen, die ihnen den Weg in den öffentlichen Dienst oder den Aufstieg in Führungspositionen versperrt hätten. Etwas anderes folgt schon deshalb nicht aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er selbst im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Teilzeitarbeit Benachteiligungen erfahren habe, weil seiner individuellen Erfahrung keine strukturelle Bedeutung zukommt.
dd) Auch ist nicht ersichtlich, dass sich die Annahme zu kompensierender Nachteile im Nachhinein als fehlerhaft erwiesen hat und deswegen bereits jetzt eine Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers besteht (vgl. hierzu auch Jarass, a.a.O., Art. 3 Rn. 97a).

2.) Davon ausgehend erweist sich das hier in Rede stehende Mittel, der Einsatz einer weiblichen, allein von den weiblichen Beschäftigten der betreffenden Dienststelle gewählten Gleichstellungsbeauftragten, auch mit ihrer konkreten wahlrechtlichen Ausgestaltung zur Umsetzung des Gleichstellungsauftrages trotz der damit verbundenen Benachteiligung von Männern als geeignet, erforderlich und auch als noch angemessen.
a) […] Auch wenn die gesetzliche Festlegung der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten auf beide Geschlechter ausgerichtet ist, erweisen sich die Beschränkungen des aktiven und passiven Wahlrechts auf weibliche Beschäftigte im Ergebnis als geeignet. Die Beschränkung auf eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte stellt sicher, dass Frauen eine weibliche Ansprechpartnerin für Gleichstellungsangelegenheiten haben, was die Bereitschaft, die Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten tatsächlich in Anspruch zu nehmen, bei Frauen steigern wird und somit ein geeignetes Mittel zur Umsetzung des Gleichberechtigungsgebotes darstellt.
Männliche Beschäftigte von der Wahl auszuschließen, stellt ebenfalls ein geeignetes Mittel dar, um im Hinblick auf die Gleichstellungsbeauftragte eine Einflussnahme durch die Gruppe der nach Auffassung des Gesetzgebers derzeit noch bevorzugten Mitarbeiter möglichst auszuschließen. Jedenfalls derzeit ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass eine allein von den weiblichen Beschäftigten gewählte weibliche Gleichstellungsbeauftragte auch für die Aufgabe geeignet ist, alle Beschäftigten bei Fragen der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit zu beraten und zu fördern, nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der diesbezüglichen Vorgaben in den §§ 11 ff. GlG M-V.
Der Geeignetheit steht ebenso wenig entgegen, dass es entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgabe, der Verfestigung überkommener Rollenverteilungen entgegenzuwirken, gerade auch darum gehen muss, verstärkt Männer zur Inanspruchnahme von Eltern- oder Teilzeit und der damit verbundenen Reduktion ihrer Arbeitszeit zu veranlassen. Hintergrund ist, dass der Qualifikationsvorsprung vieler Männer im Hinblick auf Führungspositionen oftmals in einer zumeist unterbrechungsfreien Berufsvita liegen wird (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.02.2017 – 6 B 1424/16 –, juris Rn. 105; Langenfeld, DVBl. 2010, 1019, 1025), so dass zentrale Barrieren für die Gleichstellung von Frauen im Beruf in der fortbestehenden Schwierigkeit begründet sind, Familie und Beruf zu vereinbaren. […]
Insoweit ist zwar nicht ersichtlich, dass die Aufgabe, gerade auch Männer verstärkt etwa zur Reduktion ihrer Arbeitszeit zu veranlassen, um ebenfalls familiäre Aufgaben übernehmen zu können, besonders gut von einer allein von den weiblichen Beschäftigten gewählten weiblichen Gleichstellungsbeauftragten erfüllt werden kann. Derzeit kann jedoch auch nicht angenommen werden, dass deren Einsatz zur Erreichung des vorgegebenen Ziels evident ungeeignet wäre. […] Allerdings wird der Gesetzgeber zu beobachten haben, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse künftig so ändern, dass eine Änderung geboten ist (siehe unter 3.).
bb) Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Ansatz des Gesetzgebers, die Vorschriften gleichermaßen auf beide Geschlechter auszurichten, letztlich nicht uneingeschränkt konsequent ausgeführt worden ist. Dies allein nimmt der angegriffenen Vorschrift aus den dargelegten Gründen auch unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Folgerichtigkeit jedenfalls derzeit noch nicht die Eignung in dem beschriebenen Sinne (vgl. auch zur Folgerichtigkeit P. Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Sept. 2015, Art. 3 Abs. 1 Rn. 408; zur Kohärenz Classen, in: FS Stern 2012, 651, 661 ff.). […]

b) Der Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Wahlrechtsbeschränkungen zur Umsetzung des Gleichstellungsauftrages auch erforderlich sind, ist angesichts des ihm insoweit zustehenden Einschätzungsspielraums von Verfassungs wegen ebenfalls nicht zu widersprechen.
aa) […] Nach Einschätzung des Gesetzgebers kann das zentrale Ziel der Frauenförderung mit einem die Belange des Beschwerdeführers weniger beeinträchtigenden Mittel nicht in gleich wirksamer Weise erreicht werden, und es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber damit die Grenzen seiner Einschätzungsprärogative überschritten hat. So erweist sich insbesondere eine Wahl der Gleichstellungsbeauftragten durch alle Beschäftigten ohne Bindung des passiven Wahlrechts an das weibliche Geschlecht nicht als weniger belastende Maßnahme, die das gesetzgeberisch verfolgte Ziel ebenso gut fördert.
Zwar kann auch ein Mann an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln (vgl. auch BAG, Urt. v. 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 –, juris Rn. 30). Gleichwohl ist die gesetzgeberische Einschätzung nicht zu beanstanden, die angegriffenen Wahlrechtseinschränkungen seien zur Förderung der verfolgten Ziele jedenfalls im Hinblick auf die notwendige Akzeptanz der Gleichstellungsbeauftragten bei der von strukturell bedingter Benachteiligung betroffenen Beschäftigtengruppe immer noch erforderlich. […]
Dies gilt umso mehr, als er auch im Hinblick auf die in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrungen davon ausgehen durfte, dass in Betracht kommende Alternativen nicht in gleicher Weise geeignet sind, zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen beizutragen. Da nach den von ihm festgestellten tatsächlichen Verhältnissen weiterhin faktisch allein Frauen von struktureller Benachteiligung betroffen sind, erweist sich etwa die Wahl und Bestellung mehrerer Gleichstellungsbeauftragter (verschiedenen Geschlechts) oder die Wahlberechtigung auch der männlichen Beschäftigten, und sei es mit verringertem Stimmgewicht, nicht als gleich geeignet, um das Ziel zu erreichen. Außerdem sind solche Alternativen zum Teil auch mit zusätzlichen Lasten verbunden (vgl. auch Langenfeld in Maunz/Dürig, a.a.O., Rn. 116). Soweit die Gefahr besteht, dass bereits durch die Bestimmung der Person der Gleichstellungsbeauftragten auf die Effektivität ihrer Arbeit Einfluss genommen werden kann, erscheint der Ausschluss sowohl des passiven als auch des aktiven Wahlrechts für die männlichen Beschäftigten auch als erforderlich. […]
Bezogen auf das Ziel des Gesetzes, die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit für Frauen und Männer zu verbessern (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GlG M-V), und die diesbezüglichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten nach § 18 Abs. 1 Satz 2 und 5 Nr. 1 und 2 GlG M-V könnte ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter neben oder anstelle der Gleichstellungsbeauftragten als gleich geeignetes Mittel durchaus in Betracht kommen. […] Aber auch insoweit ist die Einschätzung des Gesetzgebers, es handele sich um keine weniger belastenden Maßnahmen, die das von ihm verfolgte Ziel ebenso fördern, jedenfalls derzeit nicht zu beanstanden. Für ihn ist der vollständige Verzicht auf eine Gleichstellungsbeauftragte in der von ihm gewählten Ausgestaltung ausgeschlossen.
Der Einsatz eines zusätzlichen männlichen Gleichstellungsbeauftragten würde wegen der daraus resultierenden Bindung von Ressourcen die Allgemeinheit zusätzlich belasten. Dieses Problem kann auch nicht dadurch bewältigt werden, dass jeder Gleichstellungsbeauftragte seine Tätigkeit nur anteilig im Sinne einer Funktionsteilung wahrnimmt, weil nicht selten Aufgaben gleichzeitig mit Blick auf beide Geschlechter wahrzunehmen sind und dann beide Beauftragten tätig werden müssten.
bb) Dabei kann die Erforderlichkeit der umfassenden Aufgabenwahrnehmung durch die Gleichstellungsbeauftragte auch nicht für von strukturellen Benachteiligungen nicht (mehr) betroffene Bereiche (etwa im Hinblick auf Nicht-Führungspositionen oder Dienststellen, in denen die Gleichstellung verwirklicht ist) in Zweifel gezogen werden. […] So ermöglichen erst die landesweit typisierenden Regelungen die Einschätzung, inwieweit Frauen in vergleichbaren Situationen (noch) strukturell ungleich behandelt werden. […]
cc) Auch insoweit wirkt es sich jedenfalls derzeit nicht entscheidend aus, dass der Ansatz des Gesetzgebers, die Vorschriften gleichermaßen auf beide Geschlechter auszurichten, letztlich nicht uneingeschränkt konsequent ausgeführt worden ist. Dies allein genügt nicht, um der angegriffenen Vorschrift die Erforderlichkeit in dem beschriebenen Sinne absprechen zu können.

c) Die angegriffene Vorschrift ist jedenfalls derzeit auch trotz der mit ihr verbundenen Benachteiligung männlicher Beschäftigter noch angemessen.
aa) Durch die Beschränkung des aktiven und passiven Wahlrechts auf weibliche Beschäftigte hat der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Bei der hierbei gebotenen Güterabwägung sind die Bedeutung der in Rede stehenden Rechtsgüter sowie einerseits die Intensität der Beeinträchtigung und andererseits der Gewinn an Förderung zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der in Rede stehenden Rechtsgüter besteht dabei ein Gleichgewicht – es geht um verschiedene Facetten der Gleichberechtigung der Geschlechter. Die Intensität der Beeinträchtigung der Belange der durch die angegriffene Regelung formal benachteiligten Männer wiederum ist eher als gering einzuschätzen. Sie beschränkt sich auf die dem Gleichberechtigungsgebot immanente Begünstigung der benachteiligten Gruppe. Konkret wird den Männern durch die Verwehrung des passiven Wahlrechts allein die Möglichkeit genommen, eine Schutzfunktion zu übernehmen, die nach der vertretbaren Einschätzung des Gesetzgebers faktisch im Wesentlichen insbesondere Frauen zu Gute kommen soll. […]
Insoweit ist derzeit ebenfalls nicht ersichtlich, dass durch das Beibehalten der Wahlrechtsbeschränkungen im Gleichstellungsgesetz 2016 eine über den Ausschluss vom Wahlrecht hinausgehende, unter dem Aspekt des schonenden Ausgleichs zwischen den betroffenen Verfassungsgütern zusätzlich relevante Benachteiligung von Männern zu befürchten ist. Solche Befürchtungen sind empirisch nicht belegt. […]
Demgegenüber würde die Tauglichkeit des Instruments zur Erreichung der Ziele des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG beeinträchtigt, wenn die Gleichstellungsbeauftragte, die sich aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten derzeit noch ganz überwiegend der Belange der weiblichen Beschäftigten annehmen soll, von allen Beschäftigten und nicht nur durch die Gruppe derjenigen Beschäftigten gewählt wird, deren Gleichberechtigung sichergestellt werden soll. Dies folgt schon daraus, dass dann eine Einflussnahme durch die Gruppe der nach Auffassung des Gesetzgebers bevorzugten Beschäftigten möglich wäre (vgl. auch v. Roetteken, Stellungnahme im Rahmen der Sachverständigenanhörung zum Entwurf u.a. eines Bundesgleichstellungsgesetzes – BT‐Drs. 18/3784 –, S. 15; VG Berlin, Beschl. v. 07.12.2012 – 5 L 419.12 –, juris Rn. 13; dem zustimmend Ruffert, JuS 2013, 664, 665; nach Kischel, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., 2013, Art. 3 Rn. 207 sei es bei einer als Interessenvertretung der Frauen ausgerichteten Gleichstellungsbeauftragten widersinnig, diese von anderen als den Vertretenen wählen zu lassen).
Zugunsten der angegriffenen Beschränkungen des passiven und aktiven Wahlrechts ist zu berücksichtigen, dass sich die weiblichen Beschäftigten mit ihren Problemen bei einer Person des gleichen Geschlechts zumindest überwiegend besser aufgehoben und vertreten fühlen werden (vgl. BT-Drucks. 14/5679, S. 27 zum Entwurf eines Bundesgleichstellungsgesetzes vom 28.03.2001; vgl. auch VG Augsburg, Beschl. v.16.06.2004 – Au 2 E 04.890 – juris Rn. 16; kritisch Richter, NVwZ 2005, 636, 637 f.). Hinzu kommt, dass die Gleichstellungsbeauftragte auch die Aufgabe hat, Maßnahmen zum Schutz vor sexueller Belästigung in der Dienststelle zu begleiten, und es gerade insoweit von erheblicher Bedeutung sein kann, nicht nur das passive, sondern auch das aktive Wahlrecht auf die weiblichen Beschäftigten zu beschränken (vgl. auch BAG, Urt. v. 18.03.2010 – 8 AZR 77/09 –, juris Rn. 30 zu für den Gesetzgeber unverzichtbaren Beschränkungen).
Schließlich wird die Beschränkung des passiven Wahlrechts auch dadurch gerechtfertigt, dass es gerade für die Gleichstellungsbeauftragte wichtig ist, die Verhältnisse im Einzelfall aus der Sicht des benachteiligten Geschlechts beurteilen zu können. Dies gilt schon für die Fähigkeit und Bereitschaft, spezifische Gleichstellungsdefizite zu entdecken und zu benennen, um diese abzustellen. Sie ist von Frauen eher zu erwarten, solange und soweit gerade weibliche Beschäftigte diese Defizite besonders häufig erfahren und diese das Alltagsleben von Männern nicht in gleichem Maße prägen. Entsprechendes gilt für die Erwägung, bei männlichen Gleichstellungsbeauftragten bestehe die Gefahr, dass sich die weiblichen Beschäftigten weniger Verständnis für ihre Anliegen versprechen und deshalb von einer Beratung, Nachfrage oder Information absehen. Dabei werden nicht nur Qualifikation und Sensibilität relevant sein, die ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter ebenfalls vorweisen könnte, sondern auch die Akzeptanz bei den zu fördernden weiblichen Beschäftigten, die aus den verschiedensten Gründen geringer sein oder ganz fehlen kann, was die Aufgabenerfüllung konterkarieren könnte.
Damit sprechen insgesamt gewichtige Gesichtspunkte für die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Interessen der weiblichen Beschäftigten jedenfalls derzeit allein mit einer Gleichstellungsbeauftragten wirksamer gefördert werden, für deren Wahl die angegriffenen Beschränkungen gelten.
Bei dieser Abwägung ist schließlich auch eine Besonderheit der Gleichstellungsbeauftragten im Vergleich zu den anderen Regelungsinstrumenten zu berücksichtigen, nämlich dass sie mit Blick auf das Wahlrecht nicht in gleicher Weise flexibel und differenziert bezogen auf die jeweiligen konkreten Situationen ausgestaltet werden kann, wie dies bei den anderen Instrumenten möglich ist. Zudem spricht für eine generalisierende, einheitliche Regelung, dass die Gleichstellungsbeauftragte regelmäßig im Vorfeld von gleichstellungsrelevanten Entscheidungen tätig wird.

Nach alledem erweist es sich als angemessen, dass der Gesetzgeber zum Zwecke der Herstellung der Gleichberechtigung an tatsächliche Gegebenheiten und spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnisse, die mit Blick auf die frauenspezifische Ausrichtung der Position einer Gleichstellungsbeauftragten nur Frauen haben können, anknüpft. Aufgrund der gesellschaftlichen Gegebenheiten und der nach wie vor bestehenden Rollenbilder von Frau und Mann liegen die Benachteiligungen, die es abzubauen gilt, nach wie vor auf Seiten der Frauen. Mit den beanstandeten Wahlrechtsbeschränkungen, die jeglichen Einfluss durch die Gruppe der nach Auffassung des Gesetzgebers bevorzugten Beschäftigten ausschließt, wird den spezifischen Anforderungen an die Erfüllung der Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten Rechnung getragen und die Akzeptanz ihrer Tätigkeit vor allem bei weiblichen Beschäftigten erhöht. Zudem wird deutlich, dass es dabei im Kern um die Gleichstellung von Frauen mit Männern und damit um die Herbeiführung einer Gleichstellung auch in tatsächlicher Hinsicht im Beschäftigungsverhältnis geht (vgl. v. Roetteken, BGleiG, Stand: Nov. 2016, § 19 Rn. 103 ff.; vgl. auch VG Arnsberg, Urt. v. 14.08.2013 – 2 K 2669/11 –, juris Rn. 99).

bb) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass männliche Bedienstete ebenfalls Benachteiligungen ausgesetzt sein können, wenn sie beispielsweise Familien- oder Pflegeaufgaben nachgehen. Insoweit ist schon nicht ersichtlich, inwiefern es für männliche Beschäftigte, etwa auch für alleinerziehende Väter, besonders problematisch oder ihnen gar unzumutbar sein könnte, sich insoweit an eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte zu wenden.
cc) Die beschriebene innere Gegenläufigkeit des Gesetzes ist derzeit auch insoweit hinnehmbar und hat keinen maßgeblichen Einfluss auf die Frage der Angemessenheit. Dies gilt umso mehr, als sich die gesetzliche Regelung ersichtlich auch aus einer gewissen Unsicherheit des Gesetzgebers hinsichtlich der Frage erklärt, wie die Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden kann, und der Notwendigkeit, nach wie vor festgestellte Benachteiligungen von Frauen abzubauen und weibliche Beschäftigte in Bereichen struktureller Benachteiligung besonders zu fördern. Dementsprechend muss er auch über eine angemessene Zeit verfügen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, insbesondere mit den neuen Regelungen. […]

Anmerkung
In den letzten Jahren wurde der in den 1990er Jahren geprägte Begriff „Frauenbeauftragte“ zunehmend durch die Bezeichnung „Gleichstellungsbeauftragte“ ersetzt, die „Frauenförderung“ wich weitgehend dem „Gender-Mainstreaming“. Auf der gleichen Linie liegt die Grundidee des Gesetzgebers in Mecklenburg-Vorpommern, als er 2016 das Frauenfördergesetz von 1998 in ein Gleichstellungsgesetz umwandelte. Er orientierte sich dabei an der umstrittenen Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes aus dem Jahr 2015 (ausführlich dazu Schmalhofer in STREIT 1/2016, S. 28-33).
Die Gesetzgeber scheuen in letzter Zeit davor zurück, ein Gesetz schlicht mit dem Auftrag aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, der Verpflichtung zum Abbau tatsächlich bestehender Nachteile für Frauen, zu begründen. Stattdessen wird imaginiert, Männer könnten ihrerseits durch Nachteile, die sich aus der Wahrnehmung häuslicher Erziehungs- und Pflegeaufgaben ergeben, oder durch Unterrepräsentanz z.B. in Kitas und Grundschulen wegen ihres Geschlechts diskriminiert sein. Das läuft auf die verquere Logik hinaus, es seien (auch) Maßnahmen der Männerförderung, wenn versucht wird, die Vorstellung zu überwinden, Hausarbeit und Erziehungs- und Pflegeaufgaben seien primär Frauensache, oder wenn Karrierehindernisse für Personen mit Erziehungs- und Pflegeaufgaben abgebaut und die Arbeitsbedingungen und Gehälter der Erziehungs- und Pflegeberufe verbessert werden. Das mag zwar im Sinne der Forderung nach einer Emanzipation der Menschen von gesellschaftlich überkommenen Zwängen und Hierarchien zutreffen, begründet aber nicht das Vorliegen einer strukturellen Benachteiligung von Männern im Sinne des Antidiskriminierungsrechts. Eine hierarchische Unterordnung der Männer unter eine andere gesellschaftliche Gruppe, wie sie nach Ute Sacksofsky für den Diskriminierungsbegriff konstitutiv ist (Das Grundrecht auf Gleichberechtigung, 1996), lässt sich offensichtlich nicht feststellen. Der Abbau der in patriarchalen Traditionen wurzelnden Benachteiligung von Frauen wird durch einen Abbau dieser Benachteiligung per definitionem nicht in eine matriarchale Unterordnung von Männern umgewandelt – auch wenn rechte Kreise das gerne behaupten. Wie das Urteil deutlich macht, können auch der Gesetzgeber und das Verfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern eine strukturelle Benachteiligung von Männern nicht erkennen.

Das vorliegende Urteil macht deutlich, dass es zu Unstimmigkeiten und Gegenläufigkeiten im Gesetz führt, wenn dieses einerseits davon ausgeht, dass von strukturellen Benachteiligungen wegen des Geschlechts nur Frauen betroffen sind, dass aber andererseits auch Benachteiligungen von Männern adressiert werden sollen.
Hätte der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sich schlicht damit begnügt, ein Gesetz zur Umsetzung des Verfassungsauftrags aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG zu schaffen (bzw. zu erhalten), hätte er sich eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzes ersparen können, wie das Urteil explizit deutlich macht. Auch in der praktischen Arbeit der Frauenbüros ließen sich etliche Konflikte und Unklarheiten vermeiden, wenn begrifflich klargestellt würde, dass die Frauenbüros für Belange der Frauen zuständig sind und nicht als Gleichstellungsstellen für alle möglichen Diskriminierungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen oder Einzelpersonen, seien sie struktureller Art oder Benachteiligungen im Einzelfall. Für den Abbau diverser Diskriminierungen im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG sind gesonderte Beauftragte zu berufen bzw. Antidiskriminierungsstellen einzurichten. Eine Sonderstellung nehmen die Bemühungen zur besseren Vereinbarkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit ein, die zweifellos der Frauenförderung dienen und insofern immer auch von Frauenbeauftragten eingefordert werden. Sie liegen aber auch im ökonomischen Interesse der Arbeitgeber und im individuellen Interesse zahlreicher Männer. Von daher ist es konsequent, dass in größeren Verwaltungseinheiten „Familienbüros“ unabhängig von „Frauenbüros“ eingerichtet werden. Einer Öffnung der Frauenfördergesetze für Männer bedarf es dafür nicht, wie das Gericht klarstellt.
Die Bedeutung des vorliegenden Urteils liegt in der Bestätigung, dass es zulässig ist, Frauenförderung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG als Angelegenheit auszugestalten, die ausschließlich von Frauen vertreten wird, und dass Männern bei der Ausgestaltung als Wahlamt kein Wahlrecht eingeräumt werden muss.

Sibylla Flügge